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Gesundheitskarte: Phantomdebatte geht weiter

Bundesärztekammer veröffentlicht E-Health-Report
BITKOM | 26.08.2010
Berlin, 26. August 2010

Ärzte stehen den Möglichkeiten der Gesundheitstelematik und Telemedizin grundsätzlich positiv gegenüber, haben aber auch Datenschutzbedenken zur geplanten elektronischen Gesundheitskarte. Das sind die wesentlichen Ergebnisse des heute in Berlin veröffentlichten eHealth-Reports der Bundesärztekammer. „Wir begrüßen sehr, dass sich die Ärzteschaft inzwischen systematisch mit der Gesundheitstelematik auseinandersetzt. Diese neue Sachlichkeit sollte nun auch in die Diskussion um die Gesundheitskarte einziehen. In der Vergangenheit hatten viele Mediziner Zweifel an der Datensicherheit bei der medizinischen Dokumentation geäußert. Durch das Anfang 2010 beschlossene Moratorium bei elektronischer Patientenakte und Rezept wird es die kritisierte Dokumentation aber bis auf Weiteres nicht geben. „Vor diesem Hintergrund entwickelt sich die ohnehin fragwürdige Auseinandersetzung über einen angeblich mangelhaften Datenschutz bei der Gesundheitskarte immer mehr zu einer Phantomdiskussion“, sagte Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer, Präsident des BITKOM.



Scheer bedauert, dass die Versichertenkarte nun deutlich weniger Funktionen hat als ursprünglich geplant. So würde die Chance verpasst, das Gesundheitssystem durch Vernetzung wirtschaftlicher zu machen. Mit dem elektronischen Rezept hätten sich rund 10 Milliarden Euro Schaden vermeiden lassen, der Krankenhäusern, Versicherungen und Beihilfestellen jedes Jahr durch Abrechnungsbetrug entsteht. „Diese 10 Milliarden Euro Einsparpotential gehen nun verloren, aber auch in ihrer reduzierten Version macht die Karte das deutsche Gesundheitswesen effizienter“, so Scheer. Allein durch das Lichtbild und die damit verbundene Verringerung von Missbrauch könnten jedes Jahr bis zu drei Milliarden Euro eingespart werden. Zum Vergleich: Nach derzeitigen Schätzungen kostet die Errichtung der Telematikinfrastruktur einmalig rund 1,7 Milliarden Euro sowie 120 bis 150 Millionen Euro Betriebskosten jährlich. „In Anbetracht der Kostenexplosion im Gesundheitswesen ist es dringend geboten, die Einsparpotentiale der elektronischen Gesundheitskarte in vollem Umfang auszuschöpfen“, sagte Scheer. „Wir hoffen, dass die Ärzteschaft künftig mit dafür kämpft, dass die Karte schnell und umfassend eingeführt wird. So können die Gelder dort eingesetzt werden, wo sie gebraucht werden: in der Versorgung der Patienten. Für die Ärzte lässt sich die Karte auf eine einfache Formel bringen: weniger Bürokratie, mehr Zeit für die Patienten.“



Im internationalen Vergleich gehört Deutschland in Sachen Gesundheitstelematik zu den rückständigsten Ländern. So nutzen z.B. Österreich, Frankreich, Schweden und Dänemark seit Jahren erfolgreich Gesundheitskarten, die Schweiz hat sie Anfang 2010 eingeführt. US-Präsident Barack Obama hat die Einführung von elektronischen Patientenakten innerhalb seiner ersten Amtszeit angekündigt. Washington rechnet dadurch mit Einsparungen in Höhe von 70 Milliarden US-Dollar jährlich.



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