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Bahn streicht 700 Stellen in den Reisezentren

Die Bahn will zukünftig beinahe ein Drittel ihres Personals in Reisezentren einsparen.
Deutsche Bahn AG | 24.08.2011
Die Deutsche Bahn will fast jeden dritten Berater beim Fahrkartenkauf einsparen. Das Unternehmen plant, bis zum Jahr 2016 rund 700 Arbeitsplätze in seinen Reisezentren zu streichen. „Auf die Kunden wird sich dies nicht auswirken“, betonte Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg.

Nach eigenen Angaben reagiert die Bahn mit dem Jobabbau darauf, dass immer mehr Zugtickets übers Internet verkauft werden. Der Umsatz der Reisezentren sei dagegen seit Jahren rückläufig. 2005 erzielte das Verkehrsunternehmen noch 46 Prozent der Fahrschein-Erlöse am Schalter. Ende 2010 waren es nur noch 22 Prozent. Die Bahn rechnet damit, dass sich dieser Trend verstärkt und der Schalterverkauf bis 2016 nur noch 17 Prozent zum Umsatz beisteuert.

Entlassungen soll es nicht geben

Für etwa 350 Reiseberater sollen bis dahin neue Arbeitsplätze innerhalb des Konzerns gefunden werden. „Etwa die gleiche Zahl wird durch natürliche Fluktuation oder altersbedingt aus dem Unternehmen ausscheiden“, heißt es in einer Mitteilung. Entlassungen soll es einer Sprecherin zufolge aber nicht geben. In den 400 Reisezentren in Deutschland beschäftigt die Bahn derzeit rund 2350 Reiseberater.

Eine gute persönliche Beratung ist unverzichtbar

Arbeitnehmervertreter kritisierten die Pläne der Bahn am Wochenende heftig. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG bezeichnete die Kürzungen als „unverständlich, unüberlegt und unausgegoren“. „Das wäre ein brutaler Kahlschlag, der hier stattfinden soll“, sagte EVG-Vorstand Reiner Bieck. Wenn fast jede dritte Stelle am Schalter wegfalle, seien auch Reisezentren selbst in ihrem Bestand gefährdet. Bieck wies darauf hin, dass der Verkauf von Tickets im Internet und an Automaten zwar zugenommen habe. Die Beratung finde aber nach wie vor am Schalter statt: „Viele Kunden informieren sich in den Reisezentren über die besten Verbindungen, um das Ticket dann, in manchen Fällen kostengünstiger, am Automaten oder über das Internet zu buchen.“ Den virtuellen Kunden gibt es aus Sicht des Gewerkschafters nicht. Im Gegensatz könnten die Reiseberater in vielen Bahnhöfen die Kundenschlangen kaum abarbeiten.

Scharfe Kritik übte auch der Fahrgastverband Pro Bahn. Bahn-Chef Rüdiger Grube müsse die Kürzungspläne sofort stoppen und „endlich den Kunden in den Mittelpunkt stellen“, sagte Verbandssprecher Matthias Oomen. Er kritisierte, schon heute stünden in vielen Bahnhöfen nur noch Automaten, die zahlreiche Menschen nicht bedienen könnten. In Großstädten betrage die Wartezeit an Schaltern schon jetzt bis zu einer Stunde. Auf dem Land sei man häufig ebenso lange unterwegs, bis man überhaupt noch ein Reisezentrum mit Beratung erreiche.
In vielen Fällen, etwa bei komplizierteren Bahnreisen ins Ausland, sei eine gute persönliche Beratung aber unverzichtbar.

Insgesamt soll das Personal aufgestockt werden

Homburg versicherte, die Präsenz der DB an den Standorten der derzeit gut 400 Reisezentren stehe nicht auf dem Prüfstand. „Persönliche Beratung, Service und Verkauf vor Ort bleiben auch in Zeiten von Internet und Mobiltelefon für unsere Kunden wichtig.“ Das Unternehmen wolle den Kundenservice in den Reisezentren sogar weiter ausbauen. Ab Jahresende werde dort beispielsweise auch die Erstattung von Online-Tickets möglich sein.

Darüber hinaus plant der Konzern, in diesem Jahr mehr als sieben Millionen Euro in die weitere Modernisierung der Reisezentren zu investieren. Auch insgesamt will das Unternehmen Personal aufstocken: Wie Personenverkehrsvorstand Homburg am Wochenende betonte, benötigt die Deutsche Bahn in den nächsten Jahren bis zu 7000 neue Mitarbeiter. mit dpa, afp