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Fußballstadion ist “unter freiem Himmel”

Timo Schutt | 07.03.2016
Ein Fußballfan wollte ein Fußballspiel in einem Stadion besuchen, und wurde auf dem Weg zur Haupttribüne mit einem sog. Schlauchschal um den Hals angetroffen. Dieser dient dazu, mögliche polizeiliche Feststellungen der Identität zu verhindern. Der Mann stand dabei in einer Gruppe weiterer Personen, die ebenfalls Schlauchschals, Sturmhauben oder andere Gegenstände bei sich trugen, die ebenso geeignet waren, die Feststellung der Identität zu verhindern.

Der Fußballfan wurde nun vom Oberlandesgericht Bamberg wegen Verstoß gegen das „Vermummungsverbot“ zu einer Geldbuße verurteilt. Nach Art. 16 des Bayerischen Versammlungsgesetzes ist verboten,

• bei Versammlungen oder sonstigen öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel oder auf dem Weg
• Gegenstände mit sich zu führen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern.

Das Amtsgericht hatte den Fan noch freigesprochen, da es sich bei einem Fußballstadion nicht um eine Veranstaltung „unter freiem Himmel“ handeln würde. Das Oberlandesgericht sah das aber anders: Sehr wohl handele es sich bei einem Fußballspiel in einem Stadion um eine öffentliche Veranstaltung unter freiem Himmel.

“Unter freiem Himmel”
Es kommt nicht darauf an, ob die Veranstaltung „unter freiem Himmel“ im Wortsinne stattfindet. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Versammlung zu allen Seiten hin gegenüber ihrer Umwelt abgegrenzt ist, da nur so dem durch die Außenwirkung erhöhten, vielfach besondere Vorkehrungen erfordernden Konfliktpotenzial von derartigen Versammlungen bzw. Veranstaltungen Rechnung getragen werden kann.

Ist dies der Fall, liegt eine Veranstaltung „unter freiem Himmel“ auch dann vor, wenn sich der Ort der Veranstaltung innerhalb eines zu allen Seiten abgegrenzten und überdachten Raumes befindet, so das Gericht. Dann ist auch gleichgültig, ob der für die Allgemeinheit geöffnete Ort als solcher in der freien Natur oder – wie z.B. im Innern einer Flughafen- oder Bahnhofshalle – in geschlossenen Gebäuden liegt.

Maßgeblich sei, dass die Versammlung oder Veranstaltung an einem solchen Ort ihrerseits in einem öffentlichen Raum, das heißt inmitten eines allgemeinen Publikumsverkehrs stattfinde und von diesem nicht räumlich getrennt sei, so das Oberlandesgericht Bamberg weiter, und: Denn auch dann blieben die Teilnehmer nicht mehr unter sich, sondern müssten zumindest damit rechnen, allein aufgrund der Lokalität u. a. auf andere zu treffen, was ein höheres, weniger beherrschbares Gefahrenpotential mit sich brächte.

Daher handelt es sich bei der Austragung eines Fußballspiels innerhalb eines Stadions auch dann um eine Veranstaltung „unter freiem Himmel“, wenn der Zuschauerbereich mit einer gegen Witterungseinflüsse schützenden Überdachung versehen ist. Darauf, dass das Stadion als bauliche Anlage und Ort von Großveranstaltungen zu allen Seiten hin baulich klar umgrenzt ist, kommt es nach Auffassung des Oberlandesgerichts Bamberg nämlich nicht an.

Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Zuschauer bzw. Besucher der sportlichen Veranstaltung an einem für den allgemeinen Publikumsverkehr grundsätzlich für jedermann zugänglichen Ort aufhalten.

“Öffentliche Veranstaltung”
Die Veranstaltung ist auch „öffentlich“: Die Veranstaltung ist auch dann öffentlich, wenn man Eintritt bezahlen muss: Denn grundsätzlich ist – bei Entrichtung des Eintrittsgeldes – jedermann befugt, die Veranstaltung aufzusuchen.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)