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Dynamische Kommunikation – Verbindung statt Trennung schaffen

Kommunikation lebt davon, dass sie berücksichtigt, wer mit wem, in welchem Rahmen, mit welchem Ziel und zu welchem Anlass kommuniziert.
Markus Euler | 16.05.2024
Dynamische Kommunikation – Verbindung statt Trennung schaffen © freepik / stories
 

Erinnern Sie sich an die letzte Talkshow, die sie gesehen haben? An eine politische Debatte? Dann haben Sie live erlebt, wie gute Kommunikation eben nicht funktioniert. Obwohl – das stimmt auch nicht ganz. Denn für diesen Rahmen und die gewünschte Wirkung hat sie wahrscheinlich bestens funktioniert.

Denn welche Zuschauenden möchte gerne Harmonie, Einigkeit und Konsens in einem solchen Format sehen? Das wäre ja so, als wen Don Camillo und Peppone (die älteren unter uns erinnern) oder Tom&Jerry ständig einer Meinung und ein Herz und eine Seele wären. Kommunikation lebt davon, dass sie berücksichtigt, wer mit wem, in welchem Rahmen, mit welchem Ziel und zu welchem Anlass kommuniziert. Dieser Gesamtkontext entscheidet über die gewünschte Wirkung.

Das Beispiel der politischen Debatte habe ich gewählt, um ein Setting zu beschreiben, welches den Modus widerspiegelt, in dem sich die meisten Menschen privat und beruflich (unbewusst) bewegen. Man kann es als unser Grund-Setup, die kommunikative Werkseinstellung (so nennt es Hartwig Eckert) bezeichnen, die wir in uns tragen. Die meisten von uns glauben fest daran, dass sie immer individuell, offen, partnerzentriert und zielgerichtet kommunizieren. Schauen wir aber einmal genauer hin, so treffen wir meist auf dieselben Muster. Und diese sind leider meist nicht dialog- und konsensfördernd. Eines vorweg: Dies ist nicht anklagend oder als Vorwurf gemeint. Wir haben es so gelernt. Wir haben es uns als Kind abgeschaut und diese Muster von anderen übernommen. Oder gemerkt, dass sie uns in bestimmten Situationen nützlich sein können. Und so ist ein Großteil unserer Alltagskommunikation geprägt von folgenden Mustern:

Unsere „kommunikative Werkseinstellung“:

  • Angriff – Verteidigung
  • Argument – Gegenargument
  • Gegenargument – neues Gegenargument
  • Frage – Antwort
  • Einwand – Einwandbehandlung
  • Vorwurf – Zurückweisung

 

Dieses Paket tragen wir mit uns herum und wer genau hinhört, entdeckt diese Muster regelmäßig. Und zwar von Diskussionen im Kindergartensandkasten, bei Mitarbeitergesprächen und Preisverhandlungen zwischen Einkäufer und Verkäufer. Und sie sind Bestandteil von tausenden Trainings, Coachings und Weiterbildungen. Jetzt, wo Sie diese Zeilen lesen, lernen wieder viele Menschen, was sie tun und sagen müssen, wenn ihr Gesprächspartner dies oder das sagt und fragt. Das Problem: Diese Muster sind statisch! Wie der Pawlow´sche Hund reagieren wir auf bestimmte Reize mit entsprechend vorkonfektionierten Bausteinen. Ein Wort gibt das andere und jeder Beobachter weiß, was gleich als Nächstes kommt. Dieser Kommunikationsstil ist so vorhersagbar, wie der nächste Akkord in einem Lied von Status Quo. Und behindert, bzw. verhindert den positiven Beziehungsaufbau zwischen zwei Personen. Der in der Regel ein Ziel von beabsichtigt guter Kommunikation ist. Im Kundenservice oder im Vertrieb wird dies besonders deutlich. Interessenten kaufen nicht woanders, weil die Produkte dort besser sind, sondern weil sie sich nicht ernst genommen und gut behandelt fühlen. Weil sie das Gefühl haben, dass der Mitarbeitende nicht ihre Interessen verfolgt, sondern „antrainiert“ kommuniziert. Und Mitarbeitergespräche – die von „Struktur“ und Vorhersagbarkeit jede Dynamik und Richtungsänderung bereits im Keim ersticken, lösen bei Führungskräften und Mitarbeitenden eher das Gefühl aus, eine Rolle in einem Drehbuch zu spielen.

Nur eine dynamische Kommunikation bringt uns vom Trennenden zum Verbindenden

In einer Welt, die immer dynamischer und komplexer wird, ist statische Kommunikation kontraproduktiv. Wir benötigen eine dynamische, agile Kommunikation, die uns dabei hilft, die besten Ergebnisse zu erzielen, die für uns und unsere Gesprächspartner möglich sind. Dabei spielt das „Zuhören“ wieder einmal eine wichtige Rolle. In der statischen Kommunikation müssen wir nur die Worte verstehen und entsprechend reagieren, in der dynamischen Kommunikation aber den Teil erkennen, der für uns und unser Gegenüber wirklich relevant und wichtig ist. Wir benötigen den Ansatzpunkt, der es beiden Seiten ermöglicht einen echten Dialog zu führen, der nach vorne gerichtet ist und zum Austausch motiviert. Das Ziel liegt darin, das, was beide Seiten einander zugestehen zu erkennen und sich damit auseinanderzusetzen.

Tipp 1: An dem anknüpfen, was verbindet und das Strittige vorerst ausblenden

Oft reagieren wir nur auf das zuletzt Gesagte und nicht auf das, was davor übermittelt wurde. Besonders dann, wenn der letzte Teil durch ein „aber“ eingeleitet wurde. Meist ist dies dann der strittige Part. Sie haben immer die Wahl. Wenn ihr Gesprächspartner sagt: „ich finde die Lösung grundsätzlich hilfreich, aber es dauert mir zu lange und bezahlen möchte ich im Grunde auch nichts für die Reparatur“, dann reagiert meist das Rechtfertigungs- und Erklärungsmuster. Obwohl der Gesprächspartner mit dem ersten Satzteil die Tür zur Bereitschaft geöffnet hat. Hören Sie genau hin und knüpfen an dem Teil an, der die Gemeinsamkeit darstellt. Einwände müssen nicht immer zuerst ausgeräumt werden!

Der dynamische Dialog würde in diesem Beispiel in Gang gesetzt, wenn die Antwort in etwa lautet: „Schön, dass sie die Lösung grundsätzlich hilfreich finden. Das macht mich neugierig, was genau daran sagt Ihnen zu?“

Tipp 2: „Ja“ und „Nein“ sind kein Widerspruch. Auch das schärfste „Nein“ kann ein „Ja“ enthalten.

Szenario Führungsgespräch:

Mitarbeiter: „Diese Weiterbildungsmaßnahmen sind so was von unsinnig, sie kosten Zeit, bringen nichts und demotivieren. Deshalb bin ich zum zweiten Teil nicht erschienen. Und werde auch nicht mehr meine Zeit weiter verschwenden“.

Chef: Das mag ihre persönliche Wahrnehmung sein und es fehlt ihnen vielleicht hier die Objektivität, um die Qualität dieser Maßnahmen wirklich fair bewerten zu können“.

Mitarbeiter: „Das lasse ich mir nicht einfach unterstellen. Ich habe schon vor zehn Jahren selbst Kurse gehalten und mich auch seitdem immer weitergebildet. Sagen sie nicht, ich hätte keine Ahnung. Die in der Personalabteilung, die sitzen nur hinter den Schreibtischen.

Chef: „Da bin ich ja bei Ihnen genau richtig, das hatte ich so nicht auf dem Schirm. Was müsste denn anders sein, damit sie wieder teilnehmen?“

Tipp 3:  Den Grund hinter den Begründungen herausfinden

Die beste Lösung bringt nichts, wenn sie nicht zum Problem passt. Warum Menschen etwas nicht wollen, drücken sie meist durch Begründungen aus. Mal mehr, mal weniger klar. Drei Punkte helfen Ihnen dabei, die Hintergründe herauszufinden.

  1. Trainieren Sie sich darin, verschiedene Variationen der gleichen Gründe zu erkennen. Für den Grund: „Ich sehe keinen Nutzen in der Weiterbildungsmaßnahme“ kann es verschiedene, sprachliche Varianten geben.

 

  • die Themen passen nicht zu unserem Tagesgeschäft
  • der Dozent redet zu viel
  • da ist immer ein ganzer Tag weg
  • eigene Fragen werden kaum berücksichtigt, weil die Gruppe so groß ist

 

  1. Erkennen Sie die Situationen, in denen es sinnvoll ist anzuknüpfen, weil immer noch die Aussage „Ich möchte schon“ erkennbar ist und unterscheiden Sie, ob es einen Grund gibt, der über allem steht und ein Weitermachen aussichtslos ist. Hier in diesem Beispiel könnte es sein, dass ein Mitarbeiter grundsätzlich mit seiner Arbeit unzufrieden ist, bereits innerlich gekündigt hat usw.
  2. Wenn Sie die Hintergründe nicht heraushören können, dann fragen Sie einfach nach oder äußern eine Vermutung mit der Bitte um entsprechendes Feedback.

Wie bereits anfangs erwähnt, ist es völlig normal, dass wir automatisiert Kommunikationsmuster einsetzen, die wir gelernt haben und die durch entsprechende Reize und Impulse von außen angestupst werden. Gleichzeitig ist es mehr als ernüchternd, wenn wir immer wieder spüren, dass wir mit eben diesen Mustern nicht das erreichen, was wir gerne möchten. Und zusätzlich auch die Beziehung zu anderen Menschen darunter leidet. Mein Tipp: Schauen Sie Talkshows zur Weiterbildung. Selbst in guten Talkrunden werden Sie immer erkennen, welche Techniken dazu beitragen, dass der Showeffekt gewahrt bleibt, weil ein Konsens oder zu viel Verständnis zur Langeweile führen würde. Unser Leben ist aber keine Talkshow. Wir brauchen überwiegend belastbare und stabile Beziehungen im privaten und beruflichen Bereich. Dazu müssen Sie keine Spaßbremse sein. Um Lebensqualität zu erhöhen, kreative Ergebnisse zu erzielen, Wünsche zu erkennen und Ziele zu erreichen braucht es die Fähigkeit sich auf das zu fokussieren, was eben diese Dinge ermöglicht.

 

Die Erstveröffentlichung dieses Beitrages erfolgte im eBook "Erfolgreicher Kundendialog". Dieses kann hier kostenfrei heruntergeladen werden.

 

Credit

[1] https://www.klicktipp.com/?a=52779