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Inkrementelle Umsätze: Das Zünglein an der KPI-Waage

Um auf die Performance einer Marketingkampagne zu schließen, greifen Unternehmen auf eine Vielzahl von Key Performance Indikatoren zurück.
Jens Oberbeck | 31.01.2022
Inkrementelle Umsätze: Das Zünglein an der KPI-Waage © freepik / pressefoto
 

Während Krisenzeiten schnallen Unternehmensentscheider:innen die Budgetgürtel enger. Logisch, denn ist das Geld knapp – oder droht knapp zu werden – werden die Ausgaben auf den Prüfstand gestellt. Ein Problem für die Zulieferer; brechen in der Folge ihre Umsätze ein, dann gerät auch ihre Finanzplanung ins Schwanken.

 

Es ist also kein Wunder, dass in Krisenzeiten die Marketingausgaben steigen. Irgendwie will man sein Produkt schließlich relevant halten und neue Kund:innen akquirieren, um die Umsätze stabil zu halten. Eine Studie des Bundesverbands Industrie Kommunikation e.V. (BVIK) unterstreicht die Bedeutung von Marketing, auch und insbesondere in Krisenzeiten. Deutsche B2B-Unternehmen verzeichnen 2021 im Vergleich zum Vorjahr rund 16 Prozent höhere Marketingausgaben. 

 

Doch Marketingausgaben sind nicht nur in Krisenzeiten überlebenswichtig. Der Onlinehandel, neue, digitale Konkurrenz; die Gesellschaft – und somit auch die Kundschaft – wird schnelllebiger. Marketing ist entscheidend, um im Gedächtnis der Interessent:innen zu bleiben. Marketingausgaben steigen also auch krisenunabhängig. Und natürlich will jeder gute Entscheider wissen, ob es die Anzeige nun wirklich wert war. Hatte die Kampagne wirklich einen Einfluss auf meine Werbekampagne? Kurzum, mit den Marketingausgaben wird auch die Messung der Marketing-Performance wichtiger.

 

Die Limitierungen klassischer KPIs

Um auf die Performance einer Marketingkampagne zu schließen, greifen Unternehmen schon heute auf eine Vielzahl von Key Performance Indikatoren (KPIs) zurück. Speziell im Onlinemarketing erfassen digitale Tools Unmengen an Daten, die wertvolle Einblicke ermöglichen. Doch wie wirkt sich eine Kampagne konkret auf die Umsätze aus? Das können Unternehmen mit klassischen KPIs nicht beantworten und müssen sich mit groben Schätzungen begnügen. Nicht jede Werbung animiert den Betrachter zum unmittelbaren Kauf. Teilweise wird die Kaufentscheidung Tage oder Wochen später über eine andere Webseite oder im Ladengeschäft getroffen. Dies lässt sich natürlich schlecht messen. Erst wenn Marketer die volle Breite an KPIs simultan auswerten, ergibt sich ein holistisches Bild. 

 

Mit inkrementellen Umsätzen die Aussagekraft von KPIs erhöhen 

CTR, Kosten pro Lead (CPL) und Conversion-Rate – um die Aussagekraft dieser KPIs zu maximieren, können Marketing Teams die inkrementellen Umsätze berechnen. Inkrementelle Umsätze beschreiben all die Umsätze in einer bestimmten Periode, die über die normalerweise üblichen Verkaufszahlen in diesem Zeitraum hinausgehen. Deshalb sind sie ein Indikator dafür, wie sich Kampagnen auf die zu erwartenden Unternehmensumsätze auswirken. 

 

Damit sind inkrementelle Umsätze ein wichtiges Instrument, um Kosten und Nutzen verschiedener Kampagnen berechnen zu können. Durch ihre Hilfe identifizieren Unternehmen, welche Kampagnen sich durch exzellente Ergebnisse für eine Weiterführung im kommenden Jahr qualifizieren – und welche Aktivitäten aufgrund der mangelnden Effektivität eingestampft oder adaptiert werden müssen. Die Unternehmensentscheider und Marketer lernen, ihre Budgets besser einzuschätzen und einzusetzen. 

 

Ein Beispiel: Ein Dental-Unternehmen berechnet auf Basis verschiedenster Daten, etwa der durchschnittlichen Umsatzwachstumsrate, die zu erwartenden Umsätze für den Januar. Gleichzeitig führt das Marketing-Team im Januar eine vierwöchige Kooperation mit einem Influencer auf TikTok durch, mit dem Ziel, die Umsätze für eine nachhaltige Zahnbürste zu erhöhen. Die Differenz zwischen vorher prognostizierten Zahnbürsten-Umsätzen für den Januar und den tatsächlichen Verkaufszahlen der Zahnbürste entspricht den inkrementellen Umsätzen und lässt sich auf die Kampagne zurückzuführen.

 

Soweit, so theoretisch. Denn natürlich spielen Unternehmen mitunter mehrere Kampagnen gleichzeitig auf unterschiedlichen Kanälen aus, die deshalb einzeln auf ihren Output untersucht werden müssen. Unter dem Strich gilt: Jede Marketingaktivität ist mit gewissen Kosten verbunden ist, die zuerst vom inkrementellen Umsatz abgezogen werden. Bleibt das Ergebnis positiv, ist dies ein Indikator, dass die Kampagne rentabel war.

 

Die Berechnung: Je mehr Faktoren, desto höher die Aussagekraft

Für die Berechnung der zu erwartenden Umsätze müssen Marketer weitere Faktoren, wie die Aktivitäten der Konkurrenz oder Lieferprobleme von Rohstoffen, für eine möglichst genaue Berechnung hinzuziehen. Denn Sales ist von vielerlei dieser Faktoren abhängig, wie beispielsweise: 

 

  1. Externe Gegebenheiten und Umwelteinflüsse: Schlechtes Wetter, Naturkatastrophen oder Materialmangel haben einen natürlichen Effekt auf den Vertrieb. Ein großes Sportereignis steigert beispielsweise den Bierkonsum, ein warmer Sommer wirkt sich auf den Absatz von Grillgut und Bademode aus.

  2. Die Konkurrenz: Je stärker und sichtbarer die Konkurrenz im Zeitraum meiner eigenen Kampagne, desto höher der potenzielle Effekt auf die zu erwartenden Umsätze. Fällt meine Kampagne genau in den lange erwartenden Produktlaunch meines umsatzstärksten Konkurrenten aus Übersee?

 

  1. Interne Kommunikation: Es gilt zu vermeiden, dass Sales- und Vertriebs-Teams unabhängig voneinander bestehende Kund:innen mit Sonderangeboten bespielen. So riskieren Unternehmen Verwirrung, anstatt effektiv den Absatz zu steigern.

 

  1. Fluktuation der Belegschaft: Sowohl Einstellung als auch Ausscheiden von Teammitglieder:innen können sich auf die Qualität und Quantität der Vertriebs- und Marketing Teams und damit auf den Umsatz auswirken. 

 

  1. Veränderte Prozesse, Services oder neue Produkte: Eine neue Version des meistverkauften Produktes oder die Einführung von Automatisierungstools für den Verkaufsprozess können sich positiv oder negativ im Umsatzvolumen widerspiegeln.

 

  1. Messbarkeit der Marketingwirkung: Marketing endet nicht immer umgehend in erhöhtem Umsatz. Wenn Unternehmen beispielsweise eine Guerilla-Kampagne durchführen, kann dies potenzielle Käufer:innen beeinflussen, die erst Wochen oder Monate nach dem Event zu Käufer:innen werden.

 

Die möglichst genaue Berechnung des inkrementellen Umsatzes stützt demnach auf einer Kombination von messbaren Daten und Erfahrungswerten. Je akkurater die Berechnung im ersten Schritt, desto stärker die Aussagekraft für Marketer: eine gewinnbringende Kampagne kann so ausgebaut werden, ineffiziente Aktivitäten lassen sich schneller identifizieren und überdenken.