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Agiles Marketing: Erfolg in der VUKA-Welt

Agiles Marketing: Die Überlebensstrategie für Marketer in einer unsicheren und komplexen Welt. Das Marketing von heute ist „VUKA“.
Fred Geiger | 17.07.2023
Mit agilem Marketing die Herausforderungen der Zukunft meistern © Freepik / peoplecreations
 

Die Marketingarbeit hat sich in den letzten 15 Jahren dramatisch verändert. Unsere Marketingwelt mit langfristigen strategischen Plänen, kühnen Thesen über die Verbraucher- und Branchentrends der nächsten drei Jahre oder Budgets, die über ein Jahr feinsäuberlich in Kampagnen aufgeteilt und monatlich fortgeschrieben wurden, liegt in Scherben. Das Marketing von heute ist „VUKA“:

  • Volatilität - lateinisch „flüchtig, schwankend“, d. h. sich ständig verändernd. Beispiel: Wie entscheiden Gerichte in den nächsten Monaten in Sachen Datenschutz und was sind die praktischen Auswirkungen für unsere Marketingstrategie?

  • Unsicherheit – so kann niemand verlässlich vorhersagen, welche Auswirkungen ChatGPT & Co. in den nächsten drei Jahren für uns Marketeers haben wird.

  • Komplexität – wir können klassische Kampagnen mit sechs bis acht KPI´s steuern, digitale Kampagnen arbeiten hingegen oft mit Dutzenden von Kennziffern.

  • Ambiguität - steht für „Mehrdeutigkeit“, z. B. eine Kampagne schafft gute Verkäufe, aber wenig Leads, bei einer anderen ist es umgekehrt. Welche ist die bessere?

Klar ist allen Verantwortlichen, dass wir für diese neuen Herausforderungen auch neue Lösungsansätze brauchen. Ein Zauberwort in diesem Zusammenhang lautet „Agiles Marketing“, d. h. sich flink, flexibel und spontan auf die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen einstellen sowie auf gesellschaftliche wie technische Trends zeitnah reagieren.

Grundlagen für einen erfolgreichen Wandel

Zum agilen Marketing gehören zunächst einige Grundsätze, denn die Einführung neuer Methoden wie SCRUM oder OKR machen eine Marketingabteilung oder gar ein Unternehmen noch lange nicht agil. So gehört zu einem erfolgreichen agilen Wandel

  • eine absolute Kundenzentrierung

  • der Fokus auf schnelle und brauchbare Ergebnisse bei einem gleichzeitigen Verzicht auf Perfektion

  • die Delegation von Verantwortung und Entscheidungsbefugnis an die Menschen „an der Front“, also an diejenigen, die Ahnung vom Thema haben

  • die Vernetzung von Teams über Abteilungs- und Hierarchiegrenzen hinweg und, für manche Menschen überraschend,

  • die kontinuierliche und eng getakteten Steuerung aller Prozesse über (schnell verfügbare) Zahlen und Fakten. Konkret: Es gibt im agilen Marketing nicht weniger, sondern sogar mehr Kennzahlen.


Das wiederum bedeutet, dass eine Methode wie SCRUM (eine Art Speeddatingversion des Projektmanagements) zwar schnell in einem Unternehmen einzuführen und zu organisieren ist. Erfolgreich werden SCRUM, OKR und die anderen agilen Tools aber erst durch eine so ehrliche wie radikale Veränderung der Unternehmens- und Führungskultur. Warum ist das so?

Die neue Rolle der Führungskräfte

In der Regel sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Fehlervermeidung erzogen worden. Deshalb gilt weithin immer noch der Grundsatz „Perfektion vor Innovation“. Für viele Vorgesetzte ist es zudem nach wie vor ein unerträglicher Gedanke, dass ein Arbeitsprozess wie z. B. ein SCRUM Sprint ohne ihren Einfluss stattfindet und er/sie sogar ausdrücklich von den Sitzungen des Teams ausgeschlossen ist. Auch mit der Tatsache, dass ich als Auftraggeber eines Projekts zu einem Teilergebnis („Increment“) nur noch „ja“ oder „nein“ sagen kann, kommt meiner Erfahrung nach nur der kleinere Teil bundesdeutscher Führungskräfte wirklich zurecht.

Die Methode „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ wird deshalb nicht funktionieren, denn das reine Schaffen eines größeren methodischen Repertoires mittels SCURM, OKR oder Design Thinking reicht nicht aus. Agiles Marketing wird nur funktionieren, wenn es mit einer Veränderung der Führungskultur einhergeht. Eine Kultur, die ausgehend von der Unternehmensleitung, den Kunden oder die Kundin (wieder) in den Mittelpunkt stellt, die auf uneingeschränktes Vertrauen in die agilen Teams und deren Arbeitsergebnisse setzt und die das Scheitern von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (aber bitte am Anfang eines Projekts und nur ein einziges Mal) begrüßt und nicht zum Karrierekiller macht.

Aber auch nicht jede/r Beschäftigte wünscht sich wirklich mehr Selbstverantwortung und kommt damit klar, dass in einem Team alle gleichberechtigt sind und es nicht einmal eine fachliche Führungskraft gibt. Außerdem ist auch eine kurzfristige Ergebnisorientierung nicht jedermanns Sache. So setzen zum Beispiel Arbeitsmethoden wie ein Daily Scrum die Prokrastinierer unter uns unter einen erheblichen psychischen Druck.

Fazit

Es ist ein wenig wie beim „Greenwashing“: Einem Bewerber ist schnell erzählt, dass wir als Unternehmen agil arbeiten. Immerhin beschäftigen wir ja zwei hauptamtliche SCRUM Master, außerdem duzen sich alle und die Krawatte gilt bei uns als Relikt einer längst vergangenen Epoche. Wie groß ist aber dann die Enttäuschung, wenn das dann in der Praxis durch eine straff-hierarchische Führungskultur konterkariert wird. Wie viele Chancen werden verschenkt, weil man auf agile Methoden setzt, aber de facto von einer agilen Organisation meilenweit entfernt ist, weil es sich auch viele Kolleginnen und Kollegen über Jahrzehnte gemütlich „im alten System“ eingerichtet haben. Im Kantinengespräch wird dann von den ganz Mutigen auch einmal gegen den „agilen Blödsinn“ opponiert. Wie viel Frustrationen werden geschaffen, wenn man an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vermeintlich Entscheidungsbefugnisse delegiert, die dann aber ganz schnell von der Führungsriege und vor allem vom Mittelmanagement des Unternehmens faktisch „einkassiert“ werden.

Sie sehen: „Agiles Marketing“ ist weit mehr als die Einführung neuer Methoden. Meiner Meinung nach führt an agilem Marketing aber auch kein Weg vorbei, um im Marketing zukünftig noch erfolgreich zu sein, d. h. „agil“ ist keine Option, sondern überlebenswichtig.

Aus dem Roman „Der Leopard“ von Giuseppe Tomasi di Lampedusa stammt der berühmte Satz: „Alles muss sich verändern, damit alles bleibt, wie es ist“. Das beschreibt aus meiner Sicht die Kernaufgabe, die es zu lösen gilt, um „agil“ in den Unternehmen wirklich zu einer Erfolgsgeschichte werden zu lassen. „Agiles Marketing“ ist dabei ein wichtiger Baustein für erfolgreiche Unternehmen, um auch noch in naher Zukunft erfolgreich zu bleiben.

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Fred Geiger leitet PREMEON seit 2001 und berät Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen in Sachen Marketing, Führung und Innovation.

Kommentare

Jenny Gruner

Agilität im Marketing ist essentiell in unserer komplexer werdenden Welt. Neben Methoden ist hier das Mindset entscheidend. Ohne eine positive Einstellung zu transparenter Zusammenarbeit der Lust auf Neues zu Lernen und Verantwortung zu übernehmen sowie einer konstruktiven Fehlerkultur wird es nicht gehen. Hier müssen sich Führungskräfte und Mitarbeiter bewegen. Ohne „being agile“, wird „doing agile“ allein nicht zum Erfolg führen.