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Kundennutzen im Service

Der Kundennutzen ist die zentrale Orientierungsgröße für erfolgreiche Serviceangebote.
Dirk Zimmermann | 28.10.2009
Kunden machen Markterfolge

Der Markt für Serviceleistungen unterliegt gegenwärtig einem dramatischen Wandel.

Was gestern begeistert hat, ist heute Normalität. Die Schwelle zur Kunden-zufriedenheit liegt immer höher. Aber nur zufriedene Kunden kommen wieder.

Standardisierte Angebotskonzepte im Service können deshalb kaum noch überzeugen. Kunden erwarten vielmehr maßgeschneiderte Lösungen, die im Sinne der Dauer, Intensität und Reife der Beziehung einen paßgenauen Nutzen bieten.

Diese Schlüsselforderungen prägen mit zunehmender Intensität den Servicemarkt:

- Persönlichkeit
- Individualität
- Beziehung
- Vertrauen
- Mehrwert
- Erlebnis und
- Sinn

Als Verbraucher und Kunden begrüßen wir natürlich die damit verbundenen Qualitätsgewinne. Als Anbieter hingegen sind wir ständig gefordert, mitzuhalten.

Ohne systematische Analyse und stetiges Anpassen läuft man schnell Gefahr, gegenüber dem Wettbewerb in Hintertreffen zu geraten. Individuelle und vielfach innovative Servicekonzepte sind eine dauerhafte Herausforderung.

Die Frage ist: Gibt es eine verläßliche Informationsquelle für die Wettbewerbsstärke des eigenen Angebotes?


Kundennutzen als zentrale Orientierungsgröße

Ja, die gibt es: Das ist der Kundennutzen unserer Serviceleistungen. Damit verbinden sich folgende Überlegungen:

Unter normalen Bedingungen kann ein Kunde nicht gezwungen werden, das Angebot eines Unternehmens in Anspruch zu nehmen. Er kann nur über einen überragenden Nutzen davon überzeugt werden.

„Ein Kunde entscheidet sich unter Wettbewerbsbedingungen stets für den Anbieter, der ihm den höchsten, von ihm tatsächlich wahrgenommenen Nutzen bietet“. Dieses Gesetz beschreibt den Kundennutzen. Es ist universell und gilt uneingeschränkt für jeden Verkaufsprozeß und natürlich auch für Serviceleistungen.

Da Kunden „kompensatorisch“ denken, sind sie gerne bereit, Nachteile, z. B. bei Preisen, einigen technischen Merkmalen oder Ähnlichem, in Kauf zu nehmen, wenn der Einsatz ihres Produktes von einen ausgezeichneten Service unterstützt wird. Das gilt insbesondere in B2B Märkten.

Der Kundennutzen ist somit eindeutig die zentrale Orientierungsgröße für erfolgreiche Serviceangebote. Er erlaubt es, zukünftige Markterfolgspotentiale einzuschätzen. Ohmae sagt hierzu sehr prägnant: „Oberstes Gebot jeden marktorientierten Handelns ist es, Kundennutzen zu schaffen“.

Es gilt, den Kaufentscheidungsprozeß eines Servicekunden so genau wie möglich zu verstehen. Das heißt, alle Einflüsse, hart und weich, zu erheben, die den Kaufentscheid beeinflussen. Je genauer und umfassender man diese kennt, umso mehr Möglichkeiten stehen zur Verfügung, den eigenen Serviceerfolg zu gestalten.

Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen dem relativen Kundennutzen des eigenen Angebotes und den Marktanteilen, die erzielt werden können. Das heißt: überragende Kundennutzenwerte generieren auch überragende Marktanteile – und umgekehrt.

Der Kundennutzen ist somit eine direkte Kennzahl für die Wettbewerbsstärke eines Serviceanbieters. Er ist in der Tat die wichtigste Informationsquelle für eine präzise Kenntnis der tatsächlichen Kundenbedürfnisse.

Lösungen und Ergebnisse im Service haben ausnahmslos den Kunden im Fokus und nicht das eigene Unternehmen. Es geht darum, kompromißlos die Nutzenwahrnehmung des Kunden zu verstehen.


Analyse des Kundennutzens

Mit der Methodik der Kundennutzenanalyse läßt sich der Kundennutzen im Service in einer bisher nicht gekannten Genauigkeit bestimmen. Sie sorgt mit ihren methodischen Vorgaben dafür, daß im weitesten Sinne alle Einflußgrößen auf eine Kaufentscheidung sicher erfaßt werden.

Hierbei gilt: Auch subjektive Ansichten sind Realitäten, da es ja das Ziel ist, alle Einflüsse auf eine Kaufentscheidung zu erfassen. Wenn z. B. ein Servicemitarbeiter einem Kunden unsympathisch ist und der sich deshalb für einen anderen Anbieter entscheidet, muß das von der Analyse erfaßt werden.

Die Kundennutzenanalyse hilft Unternehmen, dafür einen klaren Blick zu bekommen. Je genauer man den Kundennutzen aller Anbieter in einem Markt kennt, umso präziser kann man seine eigenen Markterfolgspotentiale aktivieren. Folgende Bereiche geben Aufschluß darüber, wie hoch der Kundennutzen tatsächlich ist:

Das Leistungsportfolio

Umfaßt alle Einflußgrößen, die direkt auf den Kaufentscheidungsprozeß eines Kunden wirken. Neben den „harten“ technischen, kommerziellen und operationellen Gesichtspunkten kommen mitunter auch „weiche“ Gesichtspunkte, wie „symbolischer Nutzen“ und „gesellschaftlicher Nutzen“ zur Geltung.

Wie stark diese Größen wirken ist, je nach Branche, sehr unterschiedlich. Z. B. steht in einer typischen B2B Branche, wie z. B. dem Anlagenbau, ganz eindeutig der sehr rationale Gebrauchsnutzen im Vordergrund wohingegen in B2C Branchen, wie z. B. bei PKWs, der Mode, im Tourismus, Computerspielen und dgl. mehr, auch der symbolische und sogar der gesellschaftliche Nutzen mitunter eine sehr große Rolle spielen können.

Die Schwere der Einflüsse wird über sog. Gewichtungsfaktoren beschrieben. So hat praktisch jede Branche ihren typischen Set von Gewichtungsfaktoren.

Die Marktposition

Dieser Bereich wird in der Regel stark unterschätzt. Die Marktposition eines Service Anbieters umfaßt unternehmensrelevante Einflußgrößen, wie z. B. Marke, Referenzen, Kundenbeziehungen, Kommunikation und dgl. mehr. Es kommt erstaunlich oft vor, daß sich ein Kunde für ein vergleichsweise schlechtes Leistungspaket entscheidet, wenn es von einer starken Marktposition getragen wird. Insbesondere in B2C Branchen kann die Marktposition eines Anbieters eine Kaufentscheidung sehr oft mit mehr als 50 % beeinflussen.


Entwicklung von Handlungsempfehlungen

Ist eine Kundennutzenanalyse einmal erstellt worden, gibt es in der Regel Handlungsbedarf, weil Defizite in der eigenen Wettbewerbsstärke aufgedeckt werden, weil Bedrohungen sichtbar geworden sind, die die zukünftige Marktposition gefährden und dergleichen mehr.

Es werden dabei Prozeßschritte zur Verfügung gestellt, die es erlauben, aus der Istanalyse ein Paket von Handlungsempfehlungen, einen sog. Marketing Mix, zu entwickeln, die nicht nur sagen, wo etwas getan werden muß, sondern auch wie viel.

Es kann zudem in Hinblick auf Kosten und zeitliche Wirksamkeit optimiert werden. Damit werden auch präzise Informationen über die Verbesserung der eigenen Wettbewerbsstärke geliefert: im gewählten Beispiel Ist das die Verbesserung des Kundennutzens um 16%.

Hierzu sei weiterhin angemerkt, daß es sich hierbei praktisch um einen Katalog von Teilzielen handelt, der kompromißlos aus Sicht des Kunden entstanden ist. Die einzelnen Maßnahmen werden anschließend in Form von Einzelprojekten umgesetzt. Es ist immer erstrebenswert, das gesamte Paket synchron umzusetzen, da damit hochinteressante Synergieeffekte zwischen den einzelnen Maßnahmen erzielt werden können.


Umsetzung in der Praxis

Medizin

Das Klinikum Friedrichshafen (www.klinikum-friedrichshafen.de) hat eine „Komfort-Plus-Station“ in Betrieb genommen, in der Service-Assistenten die Betreuung der Patienten übernehmen. Die ausgebildeten Hotelfachkräfte kümmern sich um Atmosphäre und Ambiente, begleiten die Patienten in die Zimmer, erklären das Haus, das Zentrum, die Technik im Zimmer oder auch die organisatorischen Abläufe im Krankenhaus der Zentralversorgung. Die Aufgaben der Service-Assistenten sind vielfältig: Sie sorgen für die Tasse Kaffee am Nachmittag, versorgen Blumen mit frischem Wasser und kümmern sich „Rund-herum-Behaglichkeit“.

Personal

Das Unternehmen Randstad bietet Kunden auf der Internetseite (www.randstad.de) einen Zugang zu seiner Stellenbörse. Im sogenannten „Kundencockpit“ können Firmen nun selbständig Stellenanzeigen schalten, den Bewerberrücklauf eigenverantwortlich bearbeiten und verwalten sowie eine eigene Unternehmensdarstellung veröffentlichen. Die Nutzung der Stellenbörse sowie der Bewerberrücklauf sind kostenlos. Jobsuchende und Bewerber sehen die Stellenangebote und die Eigendarstellung des schaltenden Unternehmens online und bewerben sich bei Interesse direkt. Die Verwaltung des Bewerberrücklaufs sowie das Personalauswahlverfahren übernimmt das Unternehmen selbst.

Freizeit

Das Mandarin Oriental in München (www.mandarinoriental.com/munich/ ) offeriert speziell an Kunst interessierten Gästen einen neuen Service auf Honorarbasis: Eine Kunstexpertin steht den Gästen auf Wunsch für „personal-art-shopping" bzw. für individuelle Insider-Führungen in Münchens angesagtesten Galerien und Museen sowie für Besuche in Künstlerateliers und Münchner Privatsammlungen zur Verfügung.

Bildung

Der Bildungsmarkt habe sich von einem Monopol zu einem Wettbewerbssystem entwickelt und ein Professor an der Uni Hohenheim (www.uni-hohenheim.de ) will mit gutem Beispiel vorangehen und sich den veränderten Bedingungen am Bildungsmarkt stellen. Garantiert werden persönliche Feedback-Gespräche nach jedem Seminar, Diplomarbeitskorrekturen in vier Wochen und schnelle Antworten auf Studenten Fragen. Sämtliche Veranstaltungsevaluationen sollen am Schwarzen Brett ausgehängt und jede E-Mail von Studenten binnen 24 Studenten beantwortet werden. Ein Beirat aus fünf Studenten kontrolliert, daß keine Beschwerden übersehen werden.

Fazit

Eine einmal so erstellte Kundennutzenanalyse für den Service kann in der Folge Basis für eine Fülle weiterer Erkenntnisse sein, wie z. B.

- Die Markterfolgspotentiale des eigenen Gesamtangebotes können zuverlässig eingeschätzt werden

- Eine kundennutzenorientierte Preisanalyse erlaubt es, eventuelle Preiserhöhungspotentiale auszuloten

- Ein einmal ermittelter Kundennutzen ist Basis für Reihenuntersuchungen in Form von Zeitreihen, Leistungs- und Marktvergleichen, Risikoanalysen, Controlling Aktivitäten und dgl. mehr.

- Ale Erkenntnisse dieser Untersuchungen eignen sich als direkte Eingaben in entsprechende strategische Planungen.


Autorenhinweis:

Dieser Artikel wurde gemeinsam mit Herrn Dr. Jochen Schauenburg verfaßt.

Herr Dr. Schauenburg hat basierend auf seinem breiten Erfahrungsspektrum als Entwicklungsingenieur, Unternehmensführer und getragen von weltweiten Vertriebserfahrungen in den vergangenen 20 Jahren entscheidende Beiträge zur Kundennutzenforschung geleistet. Sein Credo, daß der Kundennutzen im Zentrum aller marktorientierten Aktivitäten eines Unternehmens stehen muß und die damit verbundenen methodischen Erkenntnisse, werden heute weltweit von Unternehmen aller Branchen genutzt. Die von ihm gegründete Schauenburg Consulting (www.Schauenburg-Consulting.de) bietet schwerpunktmäßig Problemlösungen um den Kundennutzen an.