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LG Hamburg: Heise haftet wegen Sabotageaufrufe im Web-Forum

Unter welchen Umständen haftet ein Forum-Betreiber für rechtswidrige Äüßerungen von Dritten?
Martin Bahr | 27.09.2005

Ein Artikel von Rechtsanwalt Dr. Bahr, http://www.Dr-Bahr.com

Das LG Hamburg (Beschl. v. 20.09.2005 - Az.: 324 O 721/05 = http://img.gulli.com/gulli/news/09-05/ev-dolzer-vs-heise.pdf ) hat gegen den bekannten Heise-Verlag eine einstweilige Verfügung erlassen.

Antragstellerin ist die in Internet-Kreisen nicht unbekannte Universal Boards GmbH & Co. KG. Im Zusammenhang mit einer kritischen Heise-Meldung über ein Produkt der Antragstellerin wurde im dazugehörigen Heise-Forum durch einen Dritten ein Aufruf gestartet, die Server von Universal Boards durch übermäßigen Abruf lahmzulegen.

Heise löschte zwar auf Aufforderung die Threads, unternahm aber keine weiteren Schritte, um zukünftige Postings dieser Art zu vermeiden. Der Verlag berief sich vielmehr darauf, dass eine Haftung erst ab Kenntnisnahme eintrete.

Die Antragstellerin erwirkte daraufhin die einstweilige Verfügung vor dem LG Hamburg.

Nach inzwischen überwiegender Rechtsprechung haftet ein Forum-Betreiber grundsätzlich erst ab Kenntnisnahme. Dann ist er jedoch verpflicht, in angemessenem Umfang dafür Sorge zu tragen, dass die vergangenen Rechtsverletzungen nicht erneut auftreten können. In der Grundlagen-Entscheidung "rolex" des BGH (Urt. v. 11.03.2004 - Az.: I ZR 304/01) sprechen die Richter von "zumutbaren Kontrollmöglichkeiten", ohne näher zu erläutern, was dies in der Praxis bedeutet.

Die Instanzgerichte haben inzwischen diesen Begriff ansatzweise mit Leben erfüllt. So entschied das LG Hamburg erst kürzlich in zwei Entscheidungen, dass ein Online-Auktionshaus mindestens einen Blacklist-Filter vor der Veröffentlichung schalten müsse, um so Markenverletzung auszuschließen, vgl. die Kanzlei-Infos v. 14.05.2005 (= http://www.Dr-Bahr.com/news_det_20050514095425.html ) und v. 14.02.2005 (= http://www.Dr-Bahr.com/news_det_20050214002051.html ).

Heise hätte somit entsprechende Filter-Maßnahmen ergreifen müssen, um seinen Sorgfaltspflichten nachzukommen. Rechtlich weiterhin ungeklärt ist aber, in welchem Umfang dies geschehen muss: Reicht es aus, bloß den Firmennamen, die Webseite und den Produktnamen auf eine Blacklist zu setzen? Oder müssen auch noch weitere Begriffe, evtl. sogar klangähnliche Worte, mit aufgenommen werden?
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