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Neue Vermarktungschancen für Verlage via Weblogs

Immer mehr Verlage nutzen inzwischen Weblogs als neues Online-Publishing-Format. Sie haben dabei die Chance erkannt, ihr Portfolio auszubauen.
Klaus Eck | 14.10.2005
Bis vor wenigen Monaten eher unbekannt, entwickeln Online-Journale heute eine ungeahnte Medienpräsenz. Ob Tsunami, Google, US-Präsidentschaft oder Irak-Krieg – kaum ein Thema lassen die so genannten Weblogs aus. 200.000 Weblogs gibt es allein in Deutschland. Das schlägt sich auch in der Berichterstattung der Tagespresse nieder. Doch wie wichtig sind Weblogs für Zeitschriftenverlage?

Mit dem Begriff „Weblogs“ werden Internet-Seiten bezeichnet, deren Inhalte regelmäßig aktualisiert und in chronologischer Reihenfolge präsentiert werden. Rein technisch gesehen sind Weblogs nur Web-Seiten, die in regelmäßiger Abfolge aktualisiert werden und ihre Inhalte in chronologischer Reihenfolge präsentieren. Ursprünglich entstand die Bezeichnung aus den Worten „Web“ und „Log“ und ist eng mit dem Logbuch verwandt. Kein Wunder, dass die Analogie Online-Tagebuch nahe liegt. Allerdings ist eine solche Definition unzureichend. Online-Tagebücher sind nur ein mögliches und durchaus häufig gewähltes Format. Bei den Meinungsmachern, die jedoch die meisten Zugriffe erhalten und öffentlich stärker wahrgenommen werden, sieht das häufig anders aus.

Das eigentlich faszinierende an Weblogs ist, dass die Akteure („Blogger“) untereinander Netzwerke aufbauen, sich verlinken, Kommentare schreiben und auch sonst Inhalte miteinander austauschen. Dabei nutzen sie die Basistechniken HTTP, URLs, Atom und RSS, um ihre Inhalte zu transportieren, zu adressieren und zu beschreiben. Anders als beim Einsatz eines klassischen Content Management Systems (CMS) sind der technische Aufwand und die Kosten für den Betrieb eines Weblogs denkbar gering.

Ursprünglich waren Weblogs nur sehr linkintensive Webseiten, gespickt mit persönlichen Kommentaren. Damals konnten nur diejenigen ein Weblog erstellen, die mit Hilfe eines Editors eine eigene Website erstellen konnten. Damals bestand die Weblog-Szene in erster Linie aus HTML-Schreibern. Im Jahr 1999 änderte sich das jedoch. Es entstanden die ersten frei verfügbaren Blog-Programme, mit denen man die eigene Website sehr viel leichter aktualisieren kann. Durch die Einfachheit der Programme explodierte die Zahl der Weblogs regelrecht. Gleichzeitig änderten sich die Inhalte. Jetzt schrieben die Blogger nicht nur über andere Webseiten, sondern bloggten auch noch über ihre persönlichen Erfahrungen.

In den USA gehören Blogs heute als Informationsquelle längst zum Mainstream. Das ergab eine aktuelle Weblog-Studie des Pew Internet & American Life Projects. Demnach lesen bereits 32 Millionen US-Amerikaner regelmäßig Weblogs. Waren im Februar 2004 erst 17 Prozent der Befragten Blog-Leser, zählen heute bereits 27 Prozent der Befragten dazu. Außerdem haben schon 8 Millionen US-Bürger Weblogs eingerichtet.

Vergleichbare deutsche Zahlen liegen nicht vor. Jedoch hat das deutsche Marktforschungsunternehmen Berlecon im September 2004 eine Kurzstudie "Weblogs in Marketing und PR - Konzept, Potenziale und Herausforderungen " herausgegeben, in der die Relevanz von Weblogs für deutsche Unternehmen untersucht wurde. Ein Ergebnis der Studie lautet: Weblogs können die Image- und Markenbildung der Unternehmen vorantreiben, Produkt- und Meinungskampagnen unterstützen sowie Themen und Ideen flankieren. Aber bei der Befragung deutscher Onliner stellte sich auch heraus, dass Weblogs hierzulande noch ein Nischenphänomen darstellen. So kennen 63 Prozent der Internetnutzer in Deutschland noch nicht einmal Weblogs.

Doch im Vergleich zu den klassischen Printmedien und den meisten Online-News-Angeboten haben sich die Weblogs als schnelle und flexible Informationskanäle erwiesen. Aufgrund der geringen technischen Hürden werden allein in Deutschland inzwischen rund 100.000 Weblogs betrieben. In wenigen Minuten können die Blogger bei einem der deutschen Weblog-Hoster ein eigenes Online-Journal einrichten. Hohe Kosten sind damit in der Regel nicht verbunden. Die meisten Weblog-Hosting-Angebote kosten zwischen 5 – 15 Euro im Monat, einige sind sogar kostenlos erhältlich.

Kein Wunder, dass jeden Tag allein in Deutschland mehrere Hundert neue Angebote aufgesetzt werden. Zwar beschäftigen sich die meisten Weblogs nicht mit journalistischen Recherchen, sondern eher mit privaten Inhalten, die nur wenige Leser ansprechen (sollen). So nutzen beispielsweise rund 20.000 Deutsche „Livejournal“ für ihre Tagebucheintragungen. Darüber hinaus gibt es einige Meinungsmacher, die mit ihren Weblogs ausführlich und aktuell über bestimmte Themenfelder berichten. Damit stehen sie sogar in gewisser Weise in Konkurrenz zu den anderen Online-Medien, die ebenfalls um die Aufmerksamkeit ihrer Nutzer kämpfen. Je besser die einzelnen Beiträge verlinkt sind, desto leichter sind sie im Web auffindbar. Weblogs machen es den Usern einfach, einen Link auf den direkten Beitrag zu setzen oder ihn zu kommentieren. Aus diesem Grunde dominieren bereits heute viele Blog-Artikel die Sucherergebnisse in Google. Jeder Onliner kann sich selbst davon ein Bild machen, wenn er nach populären Themen im Netz sucht.

Dass sich mit Weblog-Konzepten Geld verdienen lässt, haben einige Blog-Unternehmen in den Vereinigten Staaten vorgemacht. So soll Nick Denton mit seinem Unternehmen Gawker Media laut Business 2.0 bereits rund $250.000 im Jahr erwirtschaften. Allein mit seinen beiden populären Weblogs Gawker und Gizmodo werden im Monat rund $6.000 umgesetzt. Dabei setzt Denton in erster Linie auf Advertising und Sponsoring.

Deutsche Zeitschriftenverlage können Weblogs ebenfalls für ihr Business nutzen, indem sie Weblogs als Vermarktungsinstrument für die eigenen Inhalte einsetzen: So wäre es sinnvoll, wenn Verlage ihre (kostenpflichtigen) Inhalte über Weblog-Angebote bewerben würden, indem sie in einem Weblog auf den eigenen (Paid) Content verweisen. Dabei profitieren sie sehr schnell von der sehr guten Präsenz von Weblogs in den Suchmaschinen.

Aufgrund ihrer großen Suchmaschinenfreundlichkeit ziehen Weblogs die Aufmerksamkeit der Suchmaschinen-Optimierer und - Marketiers auf sich. Im Unterschied zu "normalen" Websites bieten die regelmäßig gepflegten Weblogs aktuelle Inhalte und zahlreiche Keywords auf ihren Web-Seiten. Außerdem liegt der Content meistens in statischen HTML-Seiten vor, die von Suchmaschinen besser registriert werden. Das wirkt sich sofort positiv auf das Suchmaschinenranking der aktualisierten Inhalte und deren Websites aus. Je beliebter die Inhalte eines Weblogs sind, desto mehr Links von anderen Bloggern ziehen sie in der Regel auf sich. Das führt dazu, dass die Inhalte sehr prominent bei Google erscheinen.

Als einer der ersten Zeitschriftenverlage hat die VNU Business Publications GmbH im September 2004 einige Weblogs gestartet, in denen seither regelmäßig Fachbeiträge über IT-Themen erscheinen. Der Verlag versucht die IT Professionals mit praxisnahen und durchaus subjektiven Weblog-Beiträgen direkt anzusprechen. „Ursprünglich wollten wir unseren Lesern eine interaktive Plattform bieten, die die Leserbindung verstärkt und die Tuchfühlung mit unseren Lesern aufnehmen“, erläutert Karen Heidl, Publisher und Chefredakteurin von VNUnet, die Beweggründe für das eigene Weblog-Angebot. „Bei unseren Weblog-Projekten stehen Produktinformationen, Marketing und PR sowie Community-Buildung im Mittelpunkt unseres Interesses. Wir gehen mit unseren Experimenten in ganz unterschiedliche Richtungen, um in den jeweiligen Bereichen Erfahrungen zu sammeln. So wird beispielweise bei unserer Zeitschrift PC Pro das Weblog als Ergänzung für unsere PR-Maßnahmen genutzt.“ Karen Heild ist zufrieden mit der Entwicklung der Weblogs. Sie stellen inzwischen einen integralen Bestandteil des Online-Angebote von VNU dar. In Zukunft will VNU auch Werbekunden mit neuen crossmedialen Lösungen ansprechen, die erst durch Weblogs möglich geworden sind.

Die Wirtschaftswoche ist Mitte 2004 ebenfalls mit einem eigenen Weblog-Angebot gestartet. Nach einigen Experimenten hat das Wirtschaftsmagazin den Bereich sehr gut ausgebaut und bietet heute für jeden Geschmack etwas. Die Wirtschaftswoche setzt dabei auf ihre Redakteure, Korrespondenten und Autoren. Diese sollen in ihren Weblogs regelmäßig über die großen und kleinen Neuigkeiten ihrer täglichen Arbeit berichten und auf aktuelle Ereignisse eingehen. So soll WirtschaftsWoche-Redakteur Jochen Mai den Joballtag analysieren und Karrieregeheimnisse lüften, während Silke Wettach im Weblog Brüsselner Spitzen Politikern und Bürokraten durch die EU-Institutionen folgt. Und in der „Bush-Trommel“ bloggt Washington-Korrespondent Olaf Gersemann aus dem „Land der unbegrenzten Verrückheiten“. Trend-Scout Steffi Augter spürt in ihrem Weblog hingegen Management-Trends auf. Eine Kommentarfunktion unter den einzelnen Beiträgen ermöglicht dabei den direkten Dialog mit den Lesern.

„Weblogs entwickeln sich zu einem interessanten Geschäftsfeld für Zeitschriftenverlage“, meint deshalb Lorenz Lorenz-Meyer, Professor für Online-Journalismus an der FH Darmstadt. „Allerdings sind noch einige Lernprozesse in den Verlagen notwendig. “Vor allem Fachzeitschriften können Weblogs in idealer Weise nutzen, um ihre Kompetenz stärker nach außen zu tragen. „Leider sind viele Redaktionen noch etwas zurückhaltend, weil sie sich ungern in die eigene (redaktionelle) Werkstatt blicken lassen und ihre Gedanken auf offener Bühne ausbreiten. Dabei kann gerade die Balance einer persönlichen Stimme und deren Sachbezogenheit den Charme von Weblogs aus. Gute Themen und Autoren stellen eine wichtige Voraussetzung für das erfolgreiche Bloggen dar. Ansonsten verpufft das Interesse an einzelnen Weblogs sehr schnell. Manchmal erschöpfen sich die Inhalte der Blogs in der Selbstdarstellung ihrer Akteure, die den Ruhm ihrer Online-Präsenz genießen.“

Während viele Verlage mit Online-Konzepten experimentieren, geht die Rheinische Post den umgekehrten Weg. Ihrer Tageszeitung hat ab Mitte Februar ein Magazin namens „Opinio“ beigelegt. In der Beilage werden Weblog-Beiträge veröffentlicht und die Kultur der Weblogs sowie die Schreibweise der Blogger erstmals auf ein Printmedium übertragen. RP versteht Opinio als crossmediales Medium, in dem Leser für Leser schreiben. Ein ähnliches Konzept wurde auch bei der Zeitschrift NEON verfolgt.

Ob sich Online-Inhalte wirklich für die Übertragung auf Printmedien eignen, ist unter Experten sehr umstritten. Schließlich zeichnen sich Weblogs gerade durch ihre Interaktivität aus. Verlage, die auf user-generierte Inhalte setzen, geraten schnell unter Verdacht, in erster Linie redaktionelle Kosten sparen zu wollen. Demgegenüber stehen neue redaktionelle Konzepte für Weblogs, die das Portfolio der Zeitschriftenverlage in idealer Weise ergänzen.


Tipps & Tricks rund um das Bloggen:

1. Struktur: Ein einfacher Aufbau und die Kategorisierung der Inhalte erleichtern die Orientierung auf einem Weblog.

2. Titel: Zeit ist Geld. Deshalb sollten Überschriften sofort Auskunft über den Inhalt eines Weblogs geben.

3. Links: Die interne Vernetzung der eigenen Inhalte ermöglicht den Lesern verborgene Artikel zu lesen.

4. Stil: Ein eigener Stil schafft Authentizität und macht aus dem Weblog eine eigene Marke.

5. Marketing: Schreiben alleine genügt nicht. Wer im Web wahrgenommen werden will, sollte auch Werbemaßnahmen planen. Crossmediale Ansätze eigenen sich sehr gut, um ein Weblog bekannter zu machen.

6. Interaktivität: Kontroverse und spannende Themen laden dazu ein, Kommentare im Weblog zu hinterlassen.

7. Content: Aktuelle, lesenswerte Beiträge machen neugierig auf mehr und binden die Leser an das Weblog.


Die wichtigsten deutschen Weblog-Services:
www.typepad.de
www.blogger.com
www.twoday.net
www.blogg.de
www.20six.de
www.livejournal.com
Metablogs
www.blogstats.de - Statistiken zur deutschen Bloggerwelt
http://blogosfear.org - Metasicht auf die Blogger
www.bloghaus.net/ - deutschsprachige Ressource für Weblogs
www.pr-blogger.de - Online-Kommunikation & Weblogs


Vorteile des Weblogs

1. Mehr Leser: Suchmaschinen listen Weblogs besser als andere Web-Seiten
2. Mehr Kommunikation: Leser können jeden Artikel kommentieren
3. Mehr Ordnung: Die Inhalte werden chronologisch veröffentlicht und jeweils kategorisiert
4. Weniger Technik: Jedermann kann mit dem Weblog sofort publizieren
5. Weniger Kosten: Es entstehen nur geringe Kosten für ein aktuelles Content-Angebot


Klaus Eck
Inhaber der Content Business Agentur econcon
(erschienen in Impresso I/2005)
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Über Klaus Eck

Klaus Eck ist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland.