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Second Life am Ende?

Nun sind sie also da: die Kritiker. Nach dem außergewöhnlichen PR-Hype um Second Life in den vergangenen Wochen befasst sich mit der aktuellen w&v-Ausgabe schon die zweite Kommunikationszeitschrift kritisch mit dem Thema Second Life. Alles
Ralf Ansorge | 24.08.2007
Was für eine News. Und spannend - denn vor nur wenigen Wochen war es noch umgekehrt, waren alle nicht wirklich von dieser Welt, die nicht in diese parallele Zweit-Welt der Avatare einsteigen wollten. Auch in der w&v. Könnte man jetzt sagen: Haben wir uns geirrt, dazulernen schadet selten etwas. Das würde es aber nicht treffen. Hypes haben das Problem, dass der Blick kollektiv getrübt wird. Motto: Wenn alle darüber reden, wird es schon was sein. Allen, die jetzt anfangen, sich kritisch mit dem Thema zu beschäftigen, hätte auch vor Wochen schon auffallen können, dass 5 Millionen angemeldete Avatare in dem "Sim City in live" so mal hochgerechnet auf weltweit nicht echt viele sind. Und jeder, der auch nur mal kurz was mit Online-Spielen oder Chats zu tun hatte, weiß auch, dass es immer viele gibt, die sich aus Neugier mal anmelden und dann nie wieder kommen.

Trotzdem ist es zu kurz gesprungen, jetzt die ganze Second Life-Sache schlecht zu schreiben, Hörer-Reichweiten oder Klickraten der Online-Auftritte von Regionalzeitungen dagegenzurechnen und zum Ergebnis zu kommen: Isses doch nicht.

Das zweite Leben als Avatar - mit schöneren Brüsten, mehr Muskeln, vielleicht als Fuchs oder als Fee - ist für viele, auch für mich, schon eine komische Geschichte. Aber vielleicht bin ich mit 37 Jahre und mit einem Job, bei dem ich fast den ganzen Tag am PC sitze, halt auch schon zu alt - und abends zu müde. Keine Ahnung, ob man ein zweites Leben als Avatar braucht und das in einer Welt, die irgendwie ja schon ist wie die reale (Autos, Zeitung, Kriminalität, Sex, Diskos usw). Ich brauche keine. Aber: Second Life ist sicherlich eine ungemein spannende Möglichkeit, Internet in 3D auszuprobieren. 3D wird im Internet kommen in der nächsten Ausbaustufe - und wer jetzt in Second Life Erfahrung sammelt, wird diese neue virtuelle Internetwelt ganz anders gestalten können. Ich behaupte: Das Internet wird Second Life - nur ohne vorherige Anmeldung bei LindenLab. Wir werden als Avatare durch das Netz laufen, Avatare werden uns auf Internetseiten begrüßen, die aussehen, wie heute die Insel von adidas, Mercedes, BMW und Co. bei Second Life. Was heute in Second Life noch nicht messbar oder nachvollziehbar ist - wer ist der Avatar im wirklichen Leben - wird es dann sein. Das Investment der Firmen heute wird sich dadurch dann auszahlen. Das ist der wahre Wert von Second Life. Es macht also keinen Sinn, denn Abgesang auf Second Life zu beginnen.

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