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Strategiefehler: Wenn Marktführer andere Marktführer angreifen wollen.

Ohne die Gesetzmäßigkeiten im Markt zu kennen, setzt man auf die falschen Marketingstrategien. 4 Beispiele aus dem Süßwarenmarkt.
Heinz Günther | 23.02.2009
Wir haben schon öfters auf die unverändert hohe Flopquote im FMCG hingewiesen. Wir schließen daraus, dass die heutigen Denkmuster und Strategien nicht mehr funktionieren. Warum ist das aber so? Warum lernt man nicht aus Fehlern?

Wir haben mit den unterschiedlichsten Personen gesprochen, die am Marketing-Prozess beteiligt sind. Die Antworten waren für uns sehr interessant und wir konnten folgendes herausarbeiten:

(i) Man ändert nicht gerne Strategien, auch wenn sie nicht erfolgreich sind. Man würde ja ansonsten eingestehen, dass man etwas falsch gemacht hat.

(ii) Oder man spielt eine Klaviatur, die kurzfristig wirken soll und hofft auf Nachhaltigkeit.

(iii) Man schaut auch mal gerne zur Konkurrenz oder auch zu großen Konzernen und kopiert die Strategie dann einfach.

Wie auch immer. Hinter diesen Aussagen steckt eine ganz andere Wahrheit: Wir glauben, das viele Beteiligte im Markt kein Erklärungsmodell kennen, welches die Dynamik der Märkte erklärt. Ohne jedoch das Funktionieren im Markt zu verstehen, können keine profitablen Marketing Strategien gefahren werden. Ist Marketing dann doch nur ein Try und Error Spiel? Man kann den Eindruck haben, das viele Marketer glauben,

(i) dass es keine Gesetzmäßigkeiten im Markt gibt
(ii) das Marketing nicht fassbar ist oder das nur
(iii) psychologisch ausgeklügelte Werbekampagnen und nur
(iv) beste Produktqualität


erfolgreiche Marken machen können.


Auch der Glaube, dass bestehende, starke Marken fast unbegrenzt in andere Kategorien „gedehnt“ werden können stellt sich bei näherer Betrachtung als falsch dar. Auch wenn immer und immer wieder auf Nivea verwiesen wird, sprechen die Flops – auch in der jüngsten Vergangenheit – eine ganz andere Sprache.

Denken Sie an „Fishermans Friend“ (FF), eine der Ikonen unter den Süßwarenmarken. Die Verantwortlichen wollten diese Marke „kapitalisieren“ und entschlossen eine Brand Extension in den Kaugummimarkt.

Intern sprach bestimmt einiges dafür, dass man sich gegen „Airwaves“ gut behaupten könne. Unsere Analyse kam aber zu einem anderen Schluss.

Die Einführung musste scheitern, da „Airwaves“ im Kaugummimarkt die gleiche Rolle spielt wie „FF“ im Bonbonmarkt. Beide sind abs. Marktführer in ihren Kategorien. Beide Marken werden in ihren Segmenten die abs. Qualitätsführerschaft zugesprochen aufgrund des First Mover Advantage. Daher hatte „FF“ keine wirkliche Chance, auch wenn die tatsächliche Produktqualität besser gewesen wäre.

Aber auch „Airwaves“, einer der erfolgreichsten Süßwarenmarken der letzten Jahre, konnte der Versuchung nicht widerstehen, die Kaugummi Marke zu dehnen. Was bietet sich am ehesten an? Natürlich das Bonbonsegment. Die Produkte sind von höchster Qualität, man hat bestimmt den Wettbewerb im Blind Test geschlagen und dennoch konnte man die avisierte Zielgruppe nicht beeindrucken. Im Tankstellenmarkt, ein besonders guter Barometer für Neueinführungen, erreichen Airwaves Drops und Fishermans Kaugummi nicht einmal 5% des Umsatzes der Muttermarke!

Diese Beispiele zeigen, dass es serwohl Gesetzmäßigkeiten im Markt gibt. Wo liegen also die Ursachen für diese Nichtakzeptanz?

Auf Basis der Divergenz, lassen sich folgende Regelverstöße ableiten:

Divergenz Verstoß Nr. 1:

Beide Marken haben nur auf ihre Markenstärke und Produktqualität gesetzt. Beides reicht aber nicht aus, um in anderen, competetiven Märkten erfolgreich zu sein. Der Marktführer in der jeweiligen Kategorie ist dort der Platzhirsch und das Maß aller Dinge. Argumentation mit der Marke und dem besseren Geschmack erzielt keine Wirkung. Man wird nur als Kopie wahrgenommen, auch wenn die neue Marke objektiv (blind test) als besser erlebt wird.


Divergenz Verstoß Nr. 2:

Erfolgreiche Neueinführungen brauchen Kontrast. Die Divergenz sagt, dass man nur erfolgreich ist, wenn man mit der Einführung eine neue Sub Kategorie kreiert. Beide Marken haben sich jedoch nur auf den jeweiligen Wettbewerber konzentriert, mit dem Effekt, dass man ein Me Too „gebaut“ hat und kein Produkt bzw. Marke mit Alleinstel-lungsmerkmalen (Ich gehe davon aus, dass beide Hersteller keine Me Too´s geplant hatten, obwohl lt. Divergenz es sich hier eindeutig um Me Too´s handelt. Hier liegt übrigens ein weit verbreitetes Missverständnis vor). Marktführer können nicht mit besseren Produkten oder besserer Werbung geschlagen werden sondern nur mit einer besseren Idee.
Soweit so gut. Aber die Fehler wiederholen sich. Auch die Wrigley´s Extra Drops spielen im Bonbonmarkt eine untergeordnete Rolle und Mentos Kaugummi erreicht nur 4% Marktanteil im Kaugummimarkt.


Auch wenn die Mentos Kaugummis in bestimmten Channels 6-8% Marktanteil erreichen, fällt die Gesamtanalyse nicht besser aus. Die Position kann nämlich nur erreicht werden, in dem 6-8 Einzelitems distribuiert wurden. Mit anderen Worten: Mentos Kaugummis benötigen ca. 25% der Facings / Stellplätze, um einen Marktanteil von 6 – 8% zu erreichen. Hier wird deutlich, dass die Akzeptanz nicht unbedingt aus der Marke kommt. Unter objektiven CM Gesichtspunkten würde Mentos ganz schnell nach hinten durchgereicht werden.


Die alternative (Divergenz) Strategie:

Aus unserer Sicht hätte die Fa. CFP nur die Kaugummis mit dem flüssigen Kern einführen dürfen und konsequent bewerben müssen, da es sich hier wirklich um eine neue Sub Kategorie gehandelt hat. In diesen Fällen greift dann auch noch eine andere Divergenz Regel. Man hätte dieses Produkt unter einem anderen Namen einführen müssen und nicht als Brand Extension unter Mentos (You can´t create a new category with a line extension name: Laura Ries 7 / 2008).

Die Fa. Cadbury erreichte anfangs mit nur 3 Items und den fast gleichen Produkten ca. 10 % Marktanteil in UK mit einer n e u e n Kaugummi - Marke namens „Trident splash“. Diese Initiative führte auch noch dazu, dass der Gesamtmarkt erstmalig nach Jahren wieder wuchs und das immerhin um fast 10%!

Die richtige B r a n d i n g Strategie ist also entscheidend für den Erfolg der Marke bzw. des Unternehmens. Cadbury wird im Kaugummimarkt sehr profitabel operieren während bei CFP das wohl zu hinterfragen wäre.

Die Divergenz ist die erfolgreichste Branding - Strategie aller Zeiten!



Mögen die besseren Strategen gewinnen.

Mit freundlichen Grüßen


Heinz Günther / Axel Meermann
Divergenz Marketing
Strategieberatung