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Arbeitsbelastung durch Digitalisierung bei 44 Prozent der Beschäftigten gestiegen

Antworten auf die Digitalisierung: Nur jeder zweite Arbeitnehmer vertraut der Strategie der Unternehmensführung.
Ernst & Young GmbH | 04.10.2019
Arbeitsbelastung durch Digitalisierung bei 44 Prozent der Beschäftigten gestiegen © Pixabay / Gerd Altmann
 
Die deutschen Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen: Investitionen in die Digitalisierung, Handelsstreitigkeiten, neue Geschäftsmodelle. Zuletzt muss-ten immer mehr Konzerne Spar- und Effizienzprogramme ankündigen. Viele Mit-arbeiter zweifeln aber an der Strategie ihres Unternehmens: Knapp ein Drittel (32 Prozent) vertraut nicht darauf, dass ihre Geschäftsführung die richtigen Entschei-dungen für die Zukunft trifft. Nur eine knappe Mehrheit von 51 Prozent gibt noch an, dass sie dem eigenen Management vertraut.

Großen Handlungsbedarf sehen die Beschäftigten bei den eigenen Produkten beziehungsweise Dienstleistungen: Immerhin 28 Prozent der Befragten rechnen eher nicht oder definitiv nicht damit, dass diese in zehn Jahren noch in weitgehend unveränderter Form am Markt bestehen könnten. In der Automobilindustrie glauben sogar nur sieben Prozent an einen Erfolg ihrer heutigen Produkte noch in zehn Jahren.

Doch nicht nur die Unternehmen stehen vor großen Veränderungen durch die Digi-talisierung: Sie schlägt sich auch deutlich im Arbeitsalltag der Mitarbeiter nieder – aus ihrer Sicht nicht nur mit positiven Folgen. 44 Prozent der Beschäftigten sagen, dass ihre Arbeitsbelastung durch die Digitalisierung gestiegen sei. Bei der voran-gegangenen Umfrage vor zwei Jahren lag der Anteil nur bei 28 Prozent. Gleichzei-tig meint etwa jeder vierte Mitarbeiter (24 Prozent), dass er sich eher schlecht oder gar schlecht auf die Veränderungen durch die Digitalisierung vorbereitet fühle.

Bei einigen haben die neuen Technologien bereits Teile ihrer Arbeit überflüssig werden lassen. Acht Prozent sagen, dass ihre Aufgaben dadurch schon in erhebli-chem Umfang ersetzt wurden. Bei 28 Prozent wurden sie geringfügig ersetzt. Das geht sogar so weit, dass sich 13 Prozent aufgrund neuer technologischer Entwick-lungen Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen.

Das sind Ergebnisse der EY-Jobstudie, für die mehr als 1.500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland repräsentativ befragt wurden.

Markus Heinen, Leiter des Geschäftsfeldes Personalberatungsdienstleistungen bei EY in Deutschland, Österreich und der Schweiz: „Dass ein Drittel der Beschäf-tigten kein Vertrauen in die Geschäftsführung hat, ist ein Warnsignal. Denn gelingt es dem Management nicht, die Belegschaft bei der Zukunftsausrichtung mitzu-nehmen, kann das schnell zu Unruhe und im schlimmsten Fall auch zur Abwande-rung wichtiger Fachkräfte führen. Die Mitarbeiter wollen vor allem verstehen, wozu sie etwas machen. Und sie wollen das Gefühl vermittelt bekommen, dass die Maßnahmen einem Ziel dienen, von dem am Ende alle profitieren.“

Oliver Simon, Leiter der Personalabteilung von EY in Deutschland, Österreich und der Schweiz: „Unternehmen verlangen derzeit sehr viel von ihren Mitarbeitern: Sie müssen sich mit komplett neuen Technologien vertraut machen, Kosten sparen, und Teile ihrer Arbeit werden durch die Digitalisierung sogar ersetzt. Die Betriebe sollten daher diesen Wandel positiv besetzen und eine Umgebung schaffen, in der Menschen gemeinsam mit Maschinen effizienter arbeiten. Denn die neuen Tech-nologien bedeuten für die Mitarbeiter auch eine Chance: Sie nehmen ihnen eintö-nige Aufgaben ab und ermöglichen ihnen, sich um komplexere Fragestellungen zu kümmern.“

Knapp ein Viertel findet Arbeitsprozesse mittlerweile komplexer


Diese Chance wird aber noch längst nicht in allen Unternehmen wahrgenommen: So sind aus Sicht von 23 Prozent der Befragten die Arbeitsprozesse in den ver-gangenen Jahren durch die Digitalisierung komplexer geworden – nur 14 Prozent erleben sie als einfacher.

„In zahlreichen Unternehmen startet jede Abteilung ihr eigenes Digitalisierungspro-jekt – das kann schnell im Chaos enden und dazu führen, dass eben nicht die Vor- sondern die Nachteile überwiegen“, hat Heinen beobachtet. „Die Einführung neuer Technologien sollte immer in eine firmenweite Strategie eingebettet sein, Insellö-sungen dagegen vermieden werden. Die interne Kommunikation und Abstimmung sind mindestens ebenso wichtig wie die Technologie selbst.“

Autoindustrie: Heutige Produkte in zehn Jahren nicht mehr gefragt


Die Auswirkungen der Digitalisierung bekommen die Branchen sehr unterschied-lich zu spüren: Während im Handel und in der Gesundheitsbranche noch 67 be-ziehungsweise 59 Prozent der Beschäftigten davon ausgehen, dass die Produkte oder Dienstleistungen ihres Unternehmens auch in zehn Jahren noch gefragt sein werden, sehen vor allem die Beschäftigten in der Automobilindustrie und im Fi-nanzsektor wenig Chancen: Nur sieben Prozent der Befragten aus der Automobil-industrie und 26 Prozent der Befragten aus dem Finanzbereich glauben noch an den Erfolg ihrer heutigen Produkte in zehn Jahren.

Immerhin erkennen aber die Mitarbeiter dieser beiden Branchen bei ihren Arbeit-gebern auch das größte Engagement, um in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein: 89 Prozent der Befragten aus der Automobilindustrie sehen ein großes Bestreben ihres Arbeitgebers, mit Innovationen auf neue Entwicklungen am Markt zu reagie-ren. Bei Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistungen liegt der Anteil mit 68 Prozent ebenfalls überdurchschnittlich hoch. Insgesamt beträgt der Anteil der Mitarbeiter, die ein großes Bestreben ihres Arbeitgebers bei der Entwicklung von Innovationen erkennen, lediglich 57 Prozent.

„Innovative Unternehmen haben nicht nur im Markt einen Vorteil, sondern auch beim Werben um Fachkräfte“, sagt Simon abschließend. „Insofern ist es gerade für die zuletzt von negativen Nachrichten gebeutelte Automobilindustrie ein positives Signal, dass die eigenen Mitarbeiter die Innovationsbemühungen erkennen. Von den Mitarbeitern wird zunehmend agiles Arbeiten erwartet. Die Unternehmenslei-tung sollte diese Agilität aber auch vorleben, indem sie mit Innovationen neue Perspektiven eröffnet.“