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Wenn die Führungskraft zur Rekrutierungsbremse wird

Mittelständische Unternehmen sollten Praktikantenprogramme entwickeln, um auf die Einstellung und Betreuung von Praktikanten vorbereitet zu sein.
Wenn die Führungskraft zur Rekrutierungsbremse wird © freepik / ArthurHidden ArthurHidden
 

Unternehmen beklagen sich über Fachkräftemangel, vergraulen aber potenzielle Mitarbeiter oft schon im Praktikum. Eine besondere Rolle spielt dabei der Führungsstil, sagt Laura Schüpphaus. In ihrer Abschlussarbeit an der International School of Management (ISM) hat die Studentin der Wirtschaftspsychologie untersucht, welche Auswirkungen die Führungsqualität auf die Gesamtwahrnehmung, die Weiterempfehlung und den Einstiegswunsch der Praktikanten hat.

Dass der Führungsstil entscheidend für das Binden von Mitarbeitern ist, ist nichts Neues. Dass schlechte Führung Mitarbeiter aber schon vergrault, bevor sie überhaupt ins Unternehmen eingestiegen sind, lässt aufhorchen. ISM-Studentin Laura Schüpphaus hat sich in ihrer Bachelorarbeit dem bislang wenig untersuchten Einfluss von Führungsqualität auf Praktikanten beschäftigt. Dafür hat sie nicht nur das Empfingen von Stolz, Engagement und Zufriedenheit der Praktikanten in Abhängigkeit von der Führungsqualität gemessen, sondern auch die Weiterempfehlung, Bewerbungsabsicht und Wunsch nach einem festen Einstieg ins Unternehmen abgefragt.

„Es zeigt sich klar, dass die Führungsqualität einen erheblichen Einfluss auf die Praktikumserfahrung und den anschließenden Blick auf das Unternehmen als Arbeitgeber hat“, so Schüpphaus. Die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Bewerbung ist bei einer guten Führungserfahrung im Vergleich zu einer schlechten um 70% erhöht. Der Wunsch, später fest ins Unternehmen einzusteigen, ist sogar um 92% höher.

Dabei sind Praktikanten deutlich weniger anspruchsvoll als feste Mitarbeiter. Für einen positiven Effekt reicht schon eine durchschnittliche Führungsqualität. Zumindest die sollte aber gewährleistet sein, wenn das Praktikum als wichtiges Rekrutierungsinstrument funktionieren soll. Was bedeutet das konkret? „Aus meiner eigenen Erfahrung gibt es nichts Schlimmeres, als nach zwei Monaten im Praktikum Hintergründe und Abläufe immer noch nicht richtig zu verstehen und ständig nachfragen zu müssen. Das hemmt die eigene Leistungsfähigkeit enorm“, sagt Schüpphaus. „Deswegen ist ein umfassendes Onboarding besonders wichtig. Außerdem sollte die Führungskraft sich Zeit nehmen, um Erwartungen und Anforderung direkt zu Beginn abzugleichen.“

Gerade mittelständische Unternehmen, die unter Fachkräftemangel leiden, sollten kleinere Praktikantenprogramme entwickeln, um auf die Einstellung und Betreuung von Praktikanten vorbereitet zu sein. Dazu kann beispielsweise eine Einführungswoche mit verschiedenen Stationen im Unternehmen gehören, um den Praktikanten einen Überblick und ein Gefühl von Zugehörigkeit zu vermitteln. „Mittlere Unternehmen haben häufig den Vorteil, Produktionsstätten, Lagerhäuser und Büros am selben Standort zu haben. Das lässt sich für die Einarbeitung gut nutzen.“ Regelmäßige Führungskräfte- und Feedback-Trainings helfen ebenfalls, gute Führungsqualität zu gewährleisten und die Erfahrung von Praktikanten im Unternehmen positiv zu beeinflussen. Ein besonderes Augenmerk sollte auch auf der zwischenmenschlichen Beziehung von Führungskräften und Praktikanten liegen, die das Grundgerüst der guten Zusammenarbeit darstellt.

Für ihre Studie hat Laura Schüpphaus rund 80 Studierende befragt, wie sie die Führungsqualität in ihrem jüngsten Praktikum wahrgenommen haben. Der Fragebogen orientierte sich am KAARMA-Index, der 24 Fragen zu den Aspekten der Führungsqualität umfasst, die nachweislich mit dem Sinnerleben der geführten Personen in Zusammenhang stehen.