print logo

Dauerkrise verändert die Arbeitswelt: Welche Soft Skills jetzt gefragt sind

Der neue Jobmonitor der Bertelsmann Stiftung macht diese Veränderungen am Arbeitsmarkt kurzfristig und sogar regional sichtbar.
Bertelsmann Stiftung | 29.09.2022
Seit Jahren schon ist die Welt im Dauerkrisen-Modus. Das verändert auch die Anforderungen am Arbeitsmarkt. © freepik / jcomp
 

Eine erste Analyse von mehr als 48 Millionen Stellenanzeigen zeigt, wie viel sich bei den Anforderungsprofilen nach „Soft Skills“ und anderen berufsübergreifenden Kompetenzen in den vergangenen vier Jahren verändert hat. In Zeiten der Dauerkrise steigt bei den Arbeitgeber:innen die Nachfrage nach Besonnenheit (+73 Prozent), Einfühlungsvermögen (+39 Prozent) und einer positiven Grundeinstellung (+26 Prozent) besonders deutlich an.  

 

Auch ein sicherer Umgang mit Daten (+62 Prozent) und digitaler Identität (+34 Prozent) wird stärker gefordert. Das könnte eine Folge der Coronakrise mit mehr Homeoffice und Online-Kommunikation sein. Denn auch die Fähigkeit, andere zu motivieren, gewinnt in Zeiten zunehmend virtueller Teams an Bedeutung (+37 Prozent). „Mit diesen wichtigen Daten eröffnet der Jobmonitor der Bertelsmann Stiftung neue Chancen für mehr Transparenz am Arbeitsmarkt. Gerade von der hohen regionalen und zeitlichen Differenzierung profitieren Arbeitssuchende, Arbeitsvermittlungen, regionale Fachkräfteinitiativen und Weiterbildungsplanende“, sagt Matthias Ziegler, Professor an der Humboldt Universität zu Berlin, einer der Autoren der Studie. 

 

Einsatzbereitschaft und Teamfähigkeit bleiben die Spitzenreiter bei den Soft Skills  

Dennoch hat selbst die Dauerkrise die Klassiker unter den Soft Skills nicht von ihren Spitzenplätzen verdrängen können. Die Arbeitgeber:innen forderten im August 2022 in knapp der Hälfte der untersuchten Online-Stellenanzeigen „Einsatzbereitschaft“. In knapp einem Drittel der Job-Angebote ist „Teamfähigkeit“ gefragt. In einem Viertel der Anzeigen fordern sie „Selbstständigkeit“. „Kreatives Denken“ oder „Sorgfalt“ spielen dagegen nur eine nachgeordnete Rolle.  

Eine vermeintliche Selbstverständlichkeit widerlegt der Jobmonitor: Das Thema Digitalisierung ist keineswegs auf breiter Front in der Arbeitswelt angekommen. Digitale Grundkompetenzen sind zwar besonders wichtig bei Finanzen, Recht und Management, in mehr als der Hälfte aller Berufsgruppen spielt der kompetente Umgang mit klassischen Office-Programmen dagegen nicht einmal in jeder zehnten Jobanzeige eine Rolle. 

 

Deutschkenntnisse sind in Zeiten des Fachkräftemangels immer wichtiger 

Auch der Fachkräftemangel verändert die Anforderungen. Deutschkenntnisse werden mittlerweile für jede vierte Stelle explizit eingefordert. Vor vier Jahren war es nur jede Fünfte. Dies entspricht einem Anstieg von 28 Prozent. „In Zeiten des Fachkräftemangels ist das gleichzeitig eine große Chance für Zugewanderte. Besitzen sie die benötigten Fachkompetenzen und sprechen zusätzlich die deutsche Sprache, steht ihnen ein Drittel mehr Arbeitsplätze offen“, sagt Martin Noack, Bildungs- und Arbeitsmarktexperte der Bertelsmann Stiftung. 

 

Verlässlichkeit ist in östlichen Bundesländern stark gefragt 

Der Jobmonitor der Bertelsmann Stiftung zeigt zugleich auch deutliche regionale Unterschiede bei der Nachfrage nach bestimmten Soft Skills auf. Das belegt der Blick auf das Thema „Verlässlichkeit“. Zum einen ist die Nachfrage in den Städten deutlich geringer als in ländlichen Regionen. Zum anderen wird diese klassische Kerntugend – sie wird in 20 Prozent aller Online-Jobanzeigen bundesweit eingefordert – in den neuen Bundesländern deutlich häufiger nachgefragt als in den alten. Dies dürfte unter anderem mit regionalen Werteunterschieden zusammenhängen, die sich auch in den Untersuchungen der Bertelsmann Stiftung zum gesellschaftlichen Zusammenhalt zeigen. 

 

Der Jobmonitor der Bertelsmann Stiftung: regional und aktuell 

Der Jobmonitor erlaubt nicht nur den Blick auf die wichtigsten „Soft Skills“, er zeigt auch bis zur Kreisebene, wie sich die Nachfrage nach Berufen entwickelt. Basis sind Daten aus mehr als 48 Millionen Online-Jobanzeigen. Täglich kommen etwa 200.000 Stellenanzeigen hinzu. Bei normaler Lesegeschwindigkeit bräuchte ein Mensch etwa ein halbes Jahr, um die Stellenanzeigen eines Tages zu lesen. Die Algorithmen des Jobmonitors schaffen das über Nacht. Damit sind jetzt tagesaktuelle Aussagen auf Bundes- und Landesebene sowie auf Ebene der rund 400 Kreise und kreisfreien Städte möglich. Dank des Jobmonitors lässt sich mit wenigen Klicks ablesen, wo welche Berufe gefragt sind, wo die Nachfrage steigt oder sinkt und welche Soft Skills gefordert werden. Damit bietet er eine hervorragende Orientierung für Jobsuchende, aber auch für alle anderen Akteure des Arbeits- und Weiterbildungsmarktes.