print logo

Mehrheit der Deutschen gegen Industriestrompreis

Jeder Fünfte (20%) lehnt eine staatliche Förderung der Stromkosten von Unternehmen grundsätzlich ab.
Ipsos GmbH | 07.09.2023
Mehrheit der Deutschen gegen Industriestrompreis © freepik / lovelyday12
 

Die Politik diskutiert zurzeit die Einführung eines zeitlich befristeten, reduzierten Industriestrompreises unterhalb des normalen Marktpreises. Dabei soll der Staat mit Hilfe von Steuergeldern einen Teil der Stromkosten für energieintensive Unternehmen übernehmen. Eine Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos zeigt nun, dass eine knappe Mehrheit der Deutschen (51%) gegen die Einführung eines solchen Industriestrompreises ist. Der größte Anteil von 31 Prozent ist der Meinung, dass der Staat das Geld stattdessen in erneuerbare Energien investieren sollte, damit die Marktpreise langfristig sinken. Jeder Fünfte (20%) lehnt eine staatliche Förderung der Stromkosten von Unternehmen grundsätzlich ab.

Nur 36 Prozent der Befragten würden die Einführung eines Industriestrompreises begrüßen. Allerdings spricht sich unter den Befürwortern der Großteil (23%) für eine Förderung aller Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe, Branche und regionalen oder internationalen Ausrichtung aus. Lediglich 13 Prozent unterstützen den Vorschlag von Wirtschaftsminister Robert Habeck, wonach sich die Förderung auf energieintensive Unternehmen beschränken würde, die im internationalen Wettbewerb stehen.
 

Größte Ablehnung bei Grünen und Linken

Am kritischsten wird der Industriestrompreis von der Wählerschaft der Grünen gesehen. 61 Prozent der Grünen-Anhänger lehnen diesen ab, ein Großteil davon (48%) bevorzugt eine alternative Investition der staatlichen Gelder in erneuerbare Energien. Weitere 13 Prozent lehnen eine staatliche Förderung der Stromkosten von Unternehmen vollständig ab. Auch die Anhängerschaft der Linkspartei spricht sich mit 58 Prozent mehrheitlich gegen die Einführung eines Industriestrompreises aus. Ein Drittel der Linken-Wähler (35%) ist der Meinung, dass das Geld stattdessen in erneuerbare Energien investiert werden sollte, 23 Prozent sprechen sich komplett gegen eine staatliche Förderung aus.

Anders sieht es bei den Sympathisanten der AfD aus, die sich mit 53 Prozent zwar ebenfalls mehrheitlich gegen die Einführung des Industriestrompreises aussprechen, allerdings im Gegensatz zu Grünen- und Linken-Wählern nur zu 17 Prozent der Meinung sind, dass das Geld alternativ in erneuerbare Energien investiert werden sollte. Mehr als jeder dritte AfD-Anhänger (36%) ist der Ansicht, dass grundsätzlich kein staatliches Geld für die Förderung der Stromkosten von Unternehmen verwendet werden sollte.

Nur eine Minderheit der Grünen- (29%), Linken- (30%) und AfD-Wähler (39%) spricht sich für die Einführung eines Industriestrompreises aus.
 

Mehr Zustimmung bei Anhängern von FDP, SPD und Union

Besser kommt der Industriestrompreis bei der Wählerschaft von FDP, SPD und Union an, die sich zu 49 (FDP), 45 (SPD) und 44 (CDU/CSU) Prozent für diesen Vorschlag aussprechen. Bemerkenswerterweise ist die FDP die einzige Partei, bei welcher der Anteil der Befürworter größer ist als der Anteil derjenigen, die den Industriestrompreis ablehnen (45%). Bei SPD- (47%) und Unions-Wählern (46%) ist die Ablehnung jeweils etwas größer als die Zustimmung.

Unter denjenigen Befragten, die die Einführung eines Industriestrompreises unterstützen, ist sowohl bei der SPD als auch bei der Union ein Großteil dafür, dass alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe, Branche und regionalen oder internationalen Ausrichtung gefördert werden sollten. Nur 16 Prozent der SPD- und Unions-Anhänger sprechen sich für eine Förderung aus, die sich auf große energieintensive Unternehmen beschränkt, die im internationalen Wettbewerb stehen. Bei der Wählerschaft der FDP (27%) kommt die von Habeck vorgeschlagene Option deutlich besser an. Jeder fünfte FDP-Unterstützer (22%) präferiert eine staatliche Förderung aller Unternehmen ohne Einschränkungen.

Dr. Robert Grimm, Leiter der Politik- und Sozialforschung bei Ipsos, stellt fest: „Die Daten spiegeln eine verkehrte Welt wider. Eigentlich sollten es die Unterstützer von SPD und Grünen sein, die sich für eine Subvention des Strompreises aussprechen. Der Ukrainekrieg und die Energiewende haben zu steigenden Energiekosten geführt. Zuschüsse für energieintensive Unternehmen wurden vom grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck vorgeschlagen bis ausreichend Energie aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden kann, um den Bedarf der Industrie zu decken. Die SPD-Fraktion und Gewerkschaften machen sich ebenfalls für den Industriestrompreis stark, um die Konkurrenzfähigkeit von energieintensiven Wirtschaftszweigen, die im internationalen Wettbewerb stehen, zu gewährleisten und den Industriestandort Deutschland zu sichern. Aus dem FDP-geführten Finanzministerium hört man hingegen eine andere Stimme: Für Christian Lindner ist der Industriestrompreis ungerecht, da die Subventionen von Unternehmen nur auf Kosten der Steuerzahler umsetzbar sind. Außerdem bremsen dauerhafte staatliche Energiekostenhilfen aus Sicht der Liberalen Innovation. Fakt ist jedoch, dass gerade FDP-Anhänger eine Energiesubvention für Unternehmen befürworten, während Grünen-Wähler sie zugunsten von Investitionen in Innovation ablehnen und Sozialdemokraten unentschlossen sind. Wie es zu dieser Dissonanz zwischen Unterstützern und Parteispitzen kommen konnte, bleibt unklar. Eventuell liegt es an der mangelnden Kommunikation, womit sich dann auch fallende Umfragewerte begründen ließen.“
 

Methode

Quotierte Online-Befragung von 2.000 Wahlberechtigten zwischen 18 und 75 Jahren in Deutschland, repräsentativ gewichtet nach Alter, Geschlecht, Bildung, Region und Wahlverhalten bei der letzten Bundestagswahl. Die Befragung wurde vom 01. bis 03. September 2023 durchgeführt.