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Banken scheren Kunden zu sehr über einen Kamm

Die deutschen Kreditinstitute kennen ihre Kunden zu wenig.
Auf der einen Seite planen 72 Prozent der deutschen Bankentscheider Investitionen in maßgeschneiderte Produkte. Auf der anderen Seite fehlen der Mehrheit häufig genaue Informationen für eine individuelle Betreuung. Nur knapp die Hälfte der Institute zieht auch Informationen zu den jeweiligen Lebensphasen der Kunden heran. Soziodemografische Daten spielen lediglich bei knapp 16 Prozent der Institute eine Rolle. Die Masse der Banken (81 Prozent) unterteilt Kundengruppen dagegen nur nach rein monetären Größen. Sie berücksichtigen beispielsweise nur das Vermögen oder das Einkommen. Fünf Prozent der Institute verzichten sogar komplett auf eine Kundensegmentierung. Dies sind die Ergebnisse der Potenzialanalyse „Vertrieb auf dem Prüfstand“ von Steria Mummert Consulting in Zusammenarbeit mit dem Bankmagazin.

Den Bankmitarbeitern in der Filiale bleibt vielfach die vollständige Sicht auf den Kunden versperrt. 47 Prozent von ihnen haben im Beratungsgespräch keinen oder nur einen eingeschränkten Gesamtüberblick über sämtliche Kundendaten. Häufig fehlen ihnen deshalb relevante Informationen, beispielsweise über das Risikoverhalten oder über weitere Verträge des Kunden bei anderen Banken. Zudem erfasst nur jede fünfte Bank Informationen über den künftigen Bedarf des Kunden. Der Blick in die Zukunft wird allerdings immer wichtiger. Aus der aktuellen Budget- und Bedarfssituation jedes Kunden sowie mit Informationen zur Lebensplanung können die Berater den Kundenwert für die kommenden Jahre ableiten. 80,6 Prozent der Kreditinstitute gehen davon aus, dass die Bedeutung zukunftsorientierter Kundeninformationen weiter zunehmen wird.

Was fehlt, ist bislang die Umsetzung. Knapp 40 Prozent der Banken planen künftig, Daten aus Kundenbefragungen für die Segmentierung ihrer Privatkunden heranzuziehen. Zukunftsorientierte Daten für die Kundenbewertung setzen erst 21 Prozent der Banken ein, 42 Prozent haben dies in Planung. Für eine persönliche Bedarfs- und Potenzialermittlung des gesamten Kundenstamms fehlt den Kundenberatern allerdings die Zeit. Darüber hinaus ist ein solches Vorgehen wenig wert- und bedarfsorientiert: Im Vorfeld sollte definiert werden, welche Kunden mit welcher Priorität über welche Betreuungseinheit angesprochen werden sollen. Hier mangelt es häufig ausreichender IT-Unterstützung, um die notwendigen Analysen durchführen zu können. Ein weiterer Aspekt sind fehlende ganzheitliche Kundenbewertungskonzepte und darauf aufbauende Betreuungsstrategien. Zudem sind die Abläufe für die Erhebung und Pflege der Kundendaten in einem Großteil der Banken noch nicht effizient umgesetzt.

Mehr Investitionen in die technische Vertriebsunterstützung, beispielsweise in Data Mining- und Data Warehouse-Verfahren, sollen künftig den Zeitengpass der Bankberater lösen. „IT-gestützte Analysen der Kundenbestands- und -transaktionsdaten sind die Basis für eine individuelle Betreuung der Bankkunden“, erklärt Stefan Schön von Steria Mummert Consulting. Damit erhält der Berater Hilfestellung bei der Priorisierung des eigenen Kundenportfolios für die Kundenansprachen. Kombiniert mit einer kompletten Zusammenstellung aller gespeicherten Kundeninformationen kann sich der Bankberater somit bei der Beratung noch intensiver und zielgerichteter dem Kunden widmen. Für die Vertriebssteuerung ergeben sich durch das wertorientierte Vorgehen ganz neue Impulse.

Hintergrundinformationen
Die Potenzialanalyse „Vertrieb auf dem Prüfstand" stellt die Ergebnisse einer Online-Befragung dar, die im Auftrag von Steria Mummert Consulting in Kooperation mit dem Bankmagazin durchgeführt wurde. Als Methode wurde eine Internetbefragung gewählt. Im Zeitraum vom 23. März bis zum 7. Mai 2007 wurden Fach- und Führungskräfte befragt, wie sie die Kundenorientierung im Vertrieb ihres Unternehmens bewerten.


Kontakt:
Jörg Forthmann
Faktenkontor
Tel.: +49 (0) 40 22703-7787
E-Mail: joerg.forthmann@faktenkontor.de