print logo

Call Center verpassen den Anschluss an die Social Media Bewegung und die Generation Z

Erste Trendergebnisse einer laufenden Studie zum Thema Kundenservice im Web 2.0 des Labors Marketing und Multimedia (MuM) in Kooperation mit dem Weiterbildungsstudium Communication Center Management (CCM) an der Hochschule Bremerhaven belegen Defizite in der Callcenter Branche.

Noch vor zehn Jahren wurde in der Branche von Catriona Wallace prognostiziert, dass sich Callcenter zur strategisch wichtigsten Einheit im Unternehmen entwickeln werden. Was ist aus diesem Szenario geworden? Leider hat sich die Realität in eine völlig andere Richtung entwickelt. Callcenter stehen heute angesichts der nicht endenden Skandale um Datenmissbrauch und betrügerische Praktiken schlechter als je zuvor dar. Am desolaten Image von Callcentern im Allgemeinen hat sich kaum etwas verbessert. Zu schwach ist hierfür der Zusammenhalt in der Branche und es wird viel zu wenig für eine wirklich wirksame Restrukturierung in der Außendarstellung getan. Ethisches Handeln, ein verantwortungsbewusstes Callcenter Management und die Implementierung einer Corporate Social Responsibility sind - bis auf wenige Ausnahmen - kaum wahrnehmbare Themen. Die verschärften gesetzlichen Regelungen greifen hingegen jetzt konsequent durch und führen zu immer stärkeren Restriktionen im klassischen Betätigungsfeld der Callcenter Branche. Die Verlagerung vom Outbound in die Mehrwertdienste ist eine der logischen Entwicklungen in der Branche.



Viele Unternehmen der Callcenter Branche sind in den letzten Jahren dem Trend zur Automatisierung und damit der Industrialisierung gefolgt. Arbeitsplätze werden damit nicht nur sukzessive abgebaut, sondern es kommt zu einem massiven Wegbrechen der Beschäftigtenzahlen in der Callcenter Branche. Das klassische personalintensive Callcenter wird es bereits in wenigen Jahren nicht mehr geben. Dies haben amerikanische Studien bereits vor Jahren prognostiziert. Diese Entwicklung haben andere Dienstleistungsbranchen, wie z. B. der Handel und die Banken, schon deutlich eher vollzogen. Online-Handel und Online-Banking ist seit Jahren eine Selbstverständlichkeit. Die damit verbundene Konzentration auf die attraktive Zielgruppe der Generation Y, d.h. der nach 1980 Geborenen sogenannten digital natives, ist ein konsequenter Weg der Weiterentwicklung und Industrialisierung in der Callcenter Branche. Damit einher geht auch der Trend einer wachsenden Internationalisierung.

Verpasst hat fast die ganze Branche hingegen den Trend zur Social Media Bewegung und dem damit verbundenen Social Networking. Erste Trendergebnisse einer laufenden Studie des Labors Marketing und Multimedia (MuM) (www.marketing-multimedia.de) in Kooperation mit dem Weiterbildungsstudium Communication Center Management (CCM) (www.ccm-studium.de) an der Hochschule Bremerhaven belegen, dass ca. 40 Prozent der Führungskräfte in deutschen Callcentern nicht über die Nutzungsmöglichkeiten von Social Media im Callcenter informiert ist. Eine nur sehr geringe Anzahl deutscher Callcenter hat Social Media Applikationen als eigenständigen Kommunikationskanal im Multichannel-Mix integriert. Man konzentriert sich nach wie vor auf die klassischen Kommunikationskanäle wie Telefon, E-Mail, Fax und Brief/Post. Über die Integration der sich in unermesslicher Geschwindigkeit entwickelnden Social Media Netzwerke wird vielfach erst in Ansätzen nachgedacht.

Weitgehend von der Callcenter Branche unbemerkt, entwickelt sich die neue Generation Z in eine völlig andere Richtung als die im Fokus der Branche stehende Generation Y: Sie setzt ganz klar auf Social Networking und auf die Nutzung einer Vielzahl, miteinander vernetzter Social Media Plattformen. Bei der Generation Z handelt es sich um die nach 1990 Geborenen, die mit Bits und Bytes quasi aufgewachsen sind. Der Gedanke liegt nahe, dass die Generation Z nach Y kommt und so mit der neuen Generation der bereits bestehende Trend weiter ausgebaut wird. Diese Vermutung wird jedoch für viele Unternehmen zu schwer wiegenden Irrtümern führen. Die Generation Z lässt sich durch die Callcenter Industrie nicht beliebig steuern. Es sind sich selbstorganisatorisch entwickelnde, sich ständig und sehr dynamisch verändernde, und für Unternehmen weitgehend unkontrollierbare Gebilde. Sie ähneln lebendigen, biologisch anmutenden Netzwerkstrukturen im virtuellen Raum, die sich in die traditionellen Muster im Management von Callcentern nicht einpassen lassen.

Eine Polarisierung in der Branche ist absehbar: Einerseits wird es die menschenleeren, vollautomatisierten und sich selber im virtuellen Raum steuernde Automatisierung mit einem konsequenten Selfservice im Kundendienst geben. Technologien der Sprachdialogautomatisierung und das semantische Web werden die Callcenter Branche bestimmen. Zielgruppe ist die Generation Y, die angesichts des demographischen Wandels eine überaus attraktive Zielgruppe darstellt. Andererseits werden sich mehr und mehr soziale Netzwerke im Kundenservice durch virtuelle Agenten und sogenannte Superuser im Netz herausbilden. Die Grenze zwischen den Mitarbeitern und den Kunden im Netz wird damit zunehmend verschwimmen. Die Generation Z bewegt sich völlig sicher und selbstverständlich in diesen für die Callcenter Branche hingegen noch fremden Strukturen. Nur die Zukunft kann zeigen, wie sich die weitere Entwicklung vollziehen wird, denn die neue Generation Z ist noch hybrider, noch multioptionaler und damit noch unberechenbarer als die Generation Y.

Nur die innovativen Unternehmen in der Callcenter Branche werden den resultierenden Polarisierungs- und damit Bereinigungs- und Konzentrationsprozess überleben. Eine „Sowohl-als-auch-Positionierung“ wird sich im zunehmend härter werdenden Wettbewerb als nicht überlebensfähig erweisen. Vor allem die Callcenter Dienstleistungsunternehmen sind hier gefordert. Sie haben im Gegensatz zu vielen Inhouse Callcentern, die häufig attraktive Nischenpositionen mit interaktiven Kundendialogen besetzen, noch keine klare Positionierung bezogen.

Die skizzierten Entwicklungen vollziehen sind heute in einer extremen Schnelligkeit. Web 4.0 kündigt sich nicht bereits erst an. Es steht mit seinen virtuellen Welten und künstlichen 3D Animationen bereits direkt vor unserer Tür. Es bleibt also spannend für die Callcenter Branche.

Hochschule Bremerhaven
An der Karlstadt 8
27568 Bremerhaven
Pressekontakt: Cornelia Driesen
Tel.: 0471-4823-135
E-Mail: cdriesen (at) hd-bremerhaven.de

Das Labor für Marketing und Multimedia (www.marketing-multimedia.de) dient der praktischen Ausbildung im Fach Marketing-Management und Social Media Management an der Hochschule Bremerhaven. Die Studierenden erhalten bei der Bearbeitung von Fallstudien aus dem Unternehmensgeschehen multimediale Laborunterstützung. Im Mittelpunkt stehen praxisorientierte Projekte für kleine und mittelständische Unternehmen aus der Region. Desweiteren werden aber auch Fallstudien von bundesweit bzw. international agierenden Konzernen einbezogen.
Das Weiterbildungsstudium Communication Center Management an der Hochschule Bremerhaven (www.ccm-studium.de) qualifiziert Führungskräfte der Callcenter Branche für weiterreichende Leitungsaufgaben. Es handelt sich um ein kompaktes Wochenendstudium, das in enger Kooperation mit der IHK Bremerhaven entwickelt worden ist. Träger ist der gemeinnützige Verein zur Förderung der wissenschaftichen Weiterbildung im Dialogmarketing an der Hochschule Bremerhaven.V.
Die genannten Organisationen werden von Prof. Dr. Heike Simmet von der Hochschule Bremerhaven geleitet.