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Studie: Digitale Gesellschaft lässt weiter auf sich warten

Knapp zwei Drittel der Bevölkerung sind noch nicht in der digitalen Alltagswelt angekommen. Größtes Wachstum bei der Gruppe der "Trendnutzer".
Initiative D21 | 02.12.2010
Berlin, 2. Dezember 2010 – Die Initiative D21 veröffentlichte heute die zweite Ausgabe der Studie „Die digitale Gesellschaft – sechs Nutzertypen im Vergleich“ und aktualisierte damit den Statusbericht der deutschen Gesellschaft auf dem Weg in die digitale Welt. Im Großen und Ganzen ist die Entwicklung zwar erfreulich, aber dennoch entwicklungsfähig: Inzwischen sind über ein Drittel (37 Prozent) der deutschen Bevölkerung in der digitalen Alltagswelt angekommen. Besonders das große Wachstum von neun Prozentpunkten bei den „Trendnutzern“ hat diese Entwicklung erst möglich gemacht.

Noch immer ist allerdings die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung nicht Teil der digitalen Gesellschaft. Sowohl zu den „Digitalen Außenseitern“ als auch den „Gelegenheitsnutzern“ zählen 28 Prozent der Bevölkerung. Werden die „Berufsnutzer“ (7 Prozent) noch hinzugenommen, sind insgesamt 63 Prozent unserer Gesellschaft nicht oder wenig souverän im Umgang mit der digitalen Technik und ihren Medien. Dies sind die zentralen Ergebnisse der Initiative D21-Studie, für die TNS Infratest insgesamt 1.001 telefonische Interviews durchgeführt hat.



Hans-Joachim Otto, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: „Die Studie zeigt, dass unsere Aktivitäten zur Erhöhung der Internetkompetenz in der Gesellschaft greifen, aber noch viel Arbeit vor uns liegt. Der Prozess hin zu einer digitalen Gesellschaft ist noch lange nicht abgeschlossen. Wir müssen vor allem den „Digitalen Außenseitern“ und den „Gelegenheitsnutzern“ Ermutigung, Begleitung und Anleitung geben, damit sie das Medium Internet optimal für sich nutzen können. Dies haben wir auch als festen Bestandteil in der IKT-Strategie der Bundesregierung „Deutschland Digital 2015“ verankert.“

Gerade der sinkende Anteil der „digitalen Außenseiter“ von 35 Prozent auf 28 Prozent ist im ersten Moment erfreulich. Doch der Blick auf das Kompetenz- und Nutzungsprofil dieser Gruppe zeigt, dass sie den Anschluss an die digitale Welt immer weiter verlieren.



D21-Gesamtvorstandsmitglied und Geschäftsführer der Wolters Kluwer Deutschland GmbH, Dr. Ulrich Hermann, sieht die Herausforderungen besonders im Bildungssystem: „Eine moderne Volkswirtschaft benötigt eine Bevölkerung auf hohem Bildungsniveau. Dabei ist die digitale Kompetenz von gleicher Bedeutung wie Lesen, Schreiben oder Rechnen. Denn ohne Internet ist heute kaum noch ein Entwicklungs- und Forschungsprojekt umsetzbar. Das Bildungssystem steht hier in der Verantwortung, allen Bevölkerungsschichten maßgeschneiderte Angebote bereitzustellen und die digitalen Medien als selbstverständliches Lernwerkzeug in die Wissensvermittlung zu integrieren.“



Wie sich dies auf die Nutzergruppen auswirkt und wo der digitale Graben inzwischen in Deutschland verläuft, lässt sich anhand der Entwicklung der Nutzergruppen im Vergleich zum Vorjahr deutlich ablesen:



Die digitalen Außenseiter – 28 Prozent Anteil an der Gesamtbevölkerung (2009: 35 Prozent)

Die digitalen Außenseiter sind – gemeinsam mit den Gelegenheitsnutzern – die größte und gleichzeitig mit einem Durchschnittsalter von 64,9 Jahren die älteste Gruppe. Auch wenn ihr Anteil im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozentpunkte sank, haben die verbliebenen digitalen Außenseiter nun ein noch geringeres Potenzial und noch eingeschränktere Nutzungsmuster als im Vorjahr. Auch Kompetenzen und Wissensstand um die digitale Welt sind besorgniserregend. So können nur zwölf Prozent einen Brief am Computer schreiben und selbst unter Begriffen wie E-Mail oder Homepage können sich nur die wenigsten etwas vorstellen.



Die Gelegenheitsnutzer – 28 Prozent (2009: 30 Prozent)

Beinahe unverändert ist der Anteil der Gelegenheitsnutzer. Die digitalen Möglichkeiten werden von dieser Gruppe nur spärlich genutzt. In der Regel verfügen sie aber zumindest über einen Computer und einen Drucker im eigenen Haushalt. Entsprechend hat die Mehrheit dieser Nutzergruppe Basiskompetenzen in Internetrecherche und Textverarbeitung. Bei der Nutzungsvielfalt beschränken sich die Gelegenheitsnutzer allerdings meist nur auf E-Mail, Internetsuche und Textverarbeitung.



Berufsnutzer – Sieben Prozent (2009: Neun Prozent)

Im Vergleich zu den Gelegenheitsnutzern haben die Berufsnutzer eine deutlich bessere digitale Infrastruktur am Arbeitsplatz. In Sachen Kompetenzen übertreffen die Berufsnutzer die vorherigen Gruppen deutlich. Nahezu 80 Prozent der Berufsnutzer verbringen aus beruflichen Gründen zwei oder mehr Stunden vor dem Computer. Die Nutzungsvielfalt beschränkt sich dabei hauptsächlich auf nützliche Anwendungen wie E-Mail, Textverarbeitung und Internetrecherche.



Die Trendnutzer – 20 Prozent (2009: Elf Prozent)

Die Trendnutzer haben mit neun Prozentpunkten das größte Wachstum aller Gruppen im Vergleich zum Vorjahr. Sie sind privat sehr gut mit digitaler Technik ausgestattet und verfügen vollständig über einen Internetzugang. Zudem ist mit 57 Prozent der Trend zur mobilen Internetnutzung gerade bei dieser Gruppe stark ausgeprägt. Mit wenigen Ausnahmen verfügen Trendnutzer über umfassende Kompetenzen über die digitale Welt. Insgesamt gehen die Trendnutzer spielerisch und ohne große Verlustängste an die digitalen Themen heran.



Die digitalen Profis – Zwölf Prozent (2009: Zwölf Prozent)

Sowohl zu Hause als auch im Büro verfügen die digitalen Profis über eine hervorragende digitale Infrastruktur. Darüber hinaus haben sie sich umfangreiche Kompetenzen und professionelle Fähigkeiten angeeignet. Über beinahe alle Fachbegriffen verfügen sie über eine sehr klare Vorstellung. Entsprechend werden sie im Familien- und Bekanntenkreis gerne um Rat in Sachen digitaler Technik gebeten. Die Zeit vor dem Computer verbringen sie eher rational als mit Unterhaltung.



Digitale Avantgarde – Fünf Prozent (2009: Drei Prozent)

Ein kleiner aber wachsender Teil der Bevölkerung zählt zur digitalen Avantgarde. Sie verfügt über die beste digitale Infrastruktur aller Gruppen. Auffallend hoch ist darüber hinaus die mobile und geschäftliche Internetnutzung. Mit ihrer hohen Kompetenz in der digitalen Technik bildet diese Nutzergruppe die Spitze der Gesellschaft. Angeeignet haben sie sich diese auch durch die beinahe zehn Stunden, die sie im Durchschnitt täglich vor dem Computer verbringen.



Mit der zweiten Auflage der Studie hat die Initiative D21 die Basis für die weitere Förderung der digitalen Gesellschaft in Deutschland gelegt. Das zahlreiche Aufgreifen der ersten Ergebnisse durch Medien, Politik und gemeinnützige Institutionen hat gezeigt, dass damit ein Instrument geschaffen wurde, um gezielt einzelne Gruppen an die digitale Gesellschaft heranzuführen.





Unter www.digitale-gesellschaft.info oder www.tns-infratest.com/presse steht die Studie „Digitale Gesellschaft in Deutschland – Sechs Nutzertypen im Vergleich“ zum kostenfreien Herunterladen zur Verfügung.