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Work-Life-Balance der jungen Generation im Missklang

Globale GfK-Studie zeigt, dass bei jüngeren Arbeitnehmern die Bindung an ihr Unternehmen weniger stark ist.
GfK SE | 26.05.2011
Gerade vielen jungen Mitarbeitern rund um den Globus mangelt es an Identifikation mit ihrem Arbeitgeber. Sie nehmen Arbeitsdruck innerhalb ihrer Firma stärker wahr, was langfristig zu Leistungsreduktion und Managementproblemen im jeweiligen Unternehmen führen kann, so die Ergebnisse einer neuen GfK-Studie.

Die internationale Studie, für die das weltweit tätige Marktforschungsunternehmen GfK mehr als 30.000 Angestellte in 29 Ländern befragt hat, findet einen polarisierten Arbeitsmarkt vor.

Obgleich jüngere Mitarbeiter zumeist von den größten Verantwortlichkeiten innerhalb ihrer Firma entbunden sind, fühlt sich gerade unter ihnen ein höherer Anteil "oft" beziehungsweise "fast immer" eingeschränkt hinsichtlich Work-Life-Balance, längerer Arbeitszeit oder auch persönlicher Gesundheit.

Bindungskluft zwischen Senior und Junior

Wirft man einen Blick auf die jüngsten beziehungsweise ältesten Personengruppen innerhalb einer Belegschaft so zeigen sich nur 21 Prozent der 18-29-Jährigen sehr verbunden mit ihrem Arbeitgeber, dagegen aber 31 Prozent der über 60-Jährigen. Diese Kluft von 10 Prozent zwischen den "Junioren" und ihren "Senior"-Kollegen stellt ein zunehmendes Problem für Unternehmen weltweit dar. Denn hier besteht die Gefahr, einer gespaltenen Arbeitnehmerschaft und insbesondere eines generationenübergreifenden Unmuts, wodurch Anwerbung, Halten und Motivation eines qualifizierten, jungen Talentflusses erheblich erschwert werden kann.

Mazedonien, Frankreich, Türkei: junge Belegschaft engagierter

Betrachtet man die einzelnen Nationen genauer, so stellt sich heraus, dass einige Länder - selbst unter Berücksichtigung kultureller Unterschiede - erheblich gravierendere Probleme mit dem Grad des Mitarbeiterengagements ihrer jüngeren Belegschaft haben als andere.

In Mazedonien (36 Prozent), Frankreich (32 Prozent) und der Türkei (32 Prozent) fühlen sich etwa ein Drittel der 18-29-jährigen Arbeitskräfte stark verbunden mit ihrem Arbeitgeber. Dies ist ein wesentlicher Indikator für eine relativ stabile und produktive Ausgangssituation der Unternehmen dieser Länder. Ungarn und Tschechien (beide 6 Prozent) sowie Serbien und Portugal (beide 7 Prozent) stellt sich am Tabellenende dagegen eine ganz andere Realität. Für diese Staaten könnte das Halten junger Talente problematisch werden, da sich die Wirtschaft im Aufschwung befindet und sich somit neue Jobmöglichkeiten für die Arbeitnehmer eröffnen.

Wenngleich 61 Prozent der jungen Arbeitnehmer Karrierechancen sehen, so liegen diese jedoch für viele von ihnen bei einem anderen Arbeitgeber oder gar in einem anderen Land. Sechs von zehn der jüngeren Mitarbeiter (58 Prozent) suchen aktiv nach einem neuen Job oder werden die Suche in den nächsten sechs Monaten angehen. Zwei Fünftel (41 Prozent) der Junioren würden für einen neuen Arbeitsplatz auch auswandern. Deshalb ist es für Unternehmen wie auch Staaten entscheidend, sich den Gründen für unterschiedliches Mitarbeiterengagement innerhalb der jüngeren Belegschaft zu stellen und Lösungen zu finden.

Arbeitsbelastung fordert Tribut

In vielen Ländern fordern die Arbeitsbelastungen unter den jüngeren Arbeitskräften ihren Tribut hinsichtlich Gesundheit und Wohlbefinden. Die weltweite Wirtschaftsflaute machte viele Hoffnungen zunichte und löste Ernüchterung aus. Mehr als ein Drittel der jungen Arbeitnehmer war gezwungen eine Stelle anzunehmen, mit der sie nicht zufrieden waren (36 Prozent) oder mussten gar einen anderen Karriereweg einschlagen (37 Prozent).

Die Firmen schnallen ihre Gürtel enger und die jüngere Belegschaft scheint auch hier die Hauptlast zu tragen: Zwei Fünftel (39 Prozent) haben das Gefühl, dass ihr Arbeitgeber die Rezession als Rechtfertigung benutzte, ihnen mehr Arbeit aufzubürden. Dagegen empfindet nur einer von vier (24 Prozent) der älteren Kollegen ebenso. Verglichen mit 22 Prozent der über 60-jährigen Angestellten, sorgt sich zudem ein Drittel der Junioren (34 Prozent), nicht genug Ressourcen zur Verfügung zu haben, ihre Arbeit effektiv zu erledigen.

Dies wiederum hat Auswirkungen auf das Wohlbefinden junger Mitarbeiter. So sind zwei Fünftel (40 Prozent) häufig sehr gestresst bei der Arbeit - ein höherer Prozentsatz als in allen anderen Altersgruppen. Darüber hinaus fühlt sich beinahe ein Drittel der Junioren (31 Prozent) unter Druck gesetzt, lange Arbeitszeiten auf sich nehmen zu müssen. Zwei Fünftel von ihnen (39 Prozent) - abermals der höchste Anteil aller Altersgruppen - sind infolgedessen unglücklich mit ihrer Work-Life-Balance. Ein Drittel (32 Prozent) der jungen Arbeiterschaft sagt sogar aus, dass sich der hohe Arbeitsdruck und Stress auf ihre Gesundheit niederschlägt. Dies sind 5 Prozent mehr als bei den 50-59-jährigen Angestellten und sogar 10 Prozent mehr als bei den über 60-Jährigen.

Deutschland: 30-39-Jährige empfinden stärksten Druck

In Deutschland fallen die Unterschiede zwischen den Altersgruppen etwas moderater aus. Hier ist es eher die Gruppe der 30 bis 39-Jährigen, die unter Arbeitsbelastung leidet: Insgesamt 46 Prozent geben an, häufig oder fast immer Stress am Arbeitsplatz zu erleben. Diese Gruppe der angehenden Senior Professionals und wichtigen Leistungsträger zeigt sich gleichzeitig als wenig inspiriert durch ihren Arbeitgeber, ihr Bestes zu geben.

Jüngere Mitarbeiter (18-29), die sich noch im Professionalisierungsprozess befinden, empfinden scheinbar stärker als andere Altersgruppen eine mangelnde Balance zwischen Beruf und Freizeit (39 Prozent). Hier schlägt sich möglicherweise auch die zunehmende gesellschaftliche Bedeutung des Freizeitwerts nieder.

Insgesamt müssen Unternehmen überzeugende Strategien und Konzepte entwickeln, um vor allem ihre jungen Mitarbeiter in der Spanne von 18 bis 39 Jahren - in deren Ausbildung und Professionalisierung zum Teil noch investiert wurde - zu motivieren und langfristig zu binden. Unternehmen können es sich langfristig nicht leisten, nur auf die Hälfte ihrer Leistungsträger zählen zu können.

Dr. Ingrid Feinstein, Senior Consultant der GfK Trustmark und zuständig für die Erhebung der deutschen Daten, zieht ein Resümee aus der aktuellen Studie: "In Krisenzeiten sind zufriedene und engagierte Mitarbeiter und eine vereinte Belegschaft kein Luxus, sondern eine unverzichtbare Notwendigkeit. Angestellte, die sich ihrem Arbeitgeber verbunden fühlen, sind bestrebt, diesem Erfolg zu bescheren. Sie wollen ihre Arbeitsstelle nicht aufgeben und erbringen dafür gerne zusätzlichen Einsatz. Wir sollten jedoch auch berücksichtigen, dass sich die Arbeitseinstellungen innerhalb jeder Generation verändern. Heutzutage ist nicht der "Job fürs Leben" das Ziel der Berufseinsteiger. Sie wollen eine gesellschaftlich bedeutsame Karriere und arbeiten in der Regel nur solange bei ein und demselben Arbeitgeber bis sich ihre ehrgeizigen Bestrebungen anderswo besser verwirklichen lassen."

Zur Studie

Der GfK International Employee Engagement ist eine Studie der GfK Custom Research. Hierzu wurden zwischen Februar und April 2011 insgesamt 30.556 Arbeitnehmer in 29 Ländern mittels Online-, Telefon- oder persönlichen Interviews befragt. Um die demographische Beschaffenheit (Wirtschaft, Geschlecht, Alter) der verschiedenen Länder zu repräsentieren, sind die Daten entsprechend gewichtet. Für die globalen Statistiken ist zusätzlich nach Bruttoinlandsprodukt (Kaufkraftparität) gewichtet worden.

Das "GfK Employee Engagement" misst die Identifikation einer Arbeitskraft mit dem Unternehmen, ihr Engagement sowie die Bereitschaft, bei dem jeweiligen Arbeitgeber zu bleiben.

Die GfK Employee Engagement Experten bieten eine breite Palette an Informationen und Beratungsleistungen, die Unternehmen darin unterstützen, die Fähigkeiten ihrer Beschäftigten effektiver zu fördern - wie beispielsweise zu den Themen Mitarbeiterbindung und -engagement, Führung, Unternehmenskultur oder Gesundheit/Gefährdung am Arbeitsplatz.

Der Fragebogen zur Studie wurde von einem internationalen Expertenteam aus dem Bereich Mitarbeiterbindung und -engagement entwickelt. Zusätzlichen Input leisteten weitere Experten aus allen 29 Ländern.

Teilnehmende Länder: Argentinien, Belgien, Brasilien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Israel, Kanada, Kolumbien, Mazedonien, Mexiko, Niederlande, Österreich, Peru, Philippinen, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Schweden, Schweiz, Serbien, Slowakei, Tschechien, Türkei, UK, Ukraine, Ungarn, USA.