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YouTube hat nach Kenntnis Pflicht Rechtsverletzungen zu verhindern

Timo Schutt | 19.08.2015
Zwei Urteile des Oberlandesgerichts Hamburg lassen aufhorchen. Dort ging es um einen Rechtsstreit zwischen der GEMA und YouTube. Alte Bekannte, was den Streit über Urheberrechte und deren Verletzung angeht. So war es auch hier. Es ging um urheberrechtsverletzende Videos mit Musik, an der die GEMA die Rechte hat.

Das Gericht stellt fest, dass YouTube im Verhältnis zur GEMA kein Täter bei der Bereitstellung der fraglichen Musikvideos ist, da es zunächst nicht selbst handelt, sondern die Nutzer die Videos hochladen.

YouTube ist aber so genannter Störer. Wird ein solcher Störer auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen, muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Schutzrechtsverletzungen kommt. Welche Pflichten den Dienstanbieter dabei treffen, insbesondere ob und wieweit er zur Sperrung und dann zur Prüfung und Überwachung der bei ihm hochgeladenen Inhalte verpflichtet ist, bestimmt sich danach, was dem Betreiber nach den Umständen des jeweiligen Falles zuzumuten ist. Eine Verletzung derartiger Pflichten hat das Hamburger Gericht jetzt in beiden Verfahren hinsichtlich einzelner Musiktitel bejaht und YouTube als zur Unterlassung verpflichtet angesehen.

Letztlich obliegt YouTube nach dem Urteil eine „absolute Erfolgsabwendungspflicht". Nachdem YouTube also Kenntnis von einer Rechtsverletzung hat, muss es aktiv dafür sorgen, dass es zu keinen weiteren Rechtsverletzungen kommt.

Und: Da die GEMA nicht Rechte an bestimmten Videos oder Aufnahmen hat, sondern an dem zugrundeliegenden Musikstück selbst, müsse YouTube auch den Upload von Videos sämtlicher zukünftigen Werkfassungen verhindern.

Das Gericht formuliert dabei in seinen Entscheidungsgründen selbst ein schönes Beispiel, dessen Formulierung dem Verfasser sichtlich Spaß gemacht hat. Dort heißt es:

„In gleicher Weise rechtsverletzend - und dem tenorierten Unterlassungsgebot unterliegend - wäre aber z.B. auch ein Video, das ein Nutzer von seinem Urlaub am Mittelmeer bei YouTube hochlädt, auf welchem z.B. bei Laufzeit 32 min. 14 sec. seine Freunde nachts tanzend am Strand zu sehen sind und er diese Szene mit selbst auf der Gitarre (schlecht) gespielten 5 Takten der Melodie von “Ritmo de la noche” unterlegt, wobei die Musik zum Teil von Meeresrauschen überdeckt wird. […] Auch eine derartige Rechtsverletzung hätte die Beklagte als Störer zu verhindern bzw. zu unterbinden.“

(OLG Hamburg, Urteile vom 01.07.2015 , Aktenzeichen 5 U 87/12 und 5 U 175/10)

Unsere Meinung

Was bedeutet das? Nun: YouTube ist verpflichtet alle – auch nur anteilige – Fetzen eines solchen Musikstücks nach einmaliger Aufforderung zur Sperrung wegen einer Rechtsverletzung ab dann aktiv selbst aufzuspüren und zu löschen. Wie das genau funktionieren soll haben die Richter allerdings nicht mitgeteilt.

Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig. In dem Verfahren 5 U 87/12 hat der Senat die Revision zugelassen, für die der Bundesgerichtshof zuständig wäre; Revision wurde auch eingelegt. Es wird sich also wohl der BGH mit dieser Problematik auseinandersetzen. Wie sagt der Kaiser? Schaun mer mal…

Timo Schutt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht