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Bremst die Red Bull Cola das Gesamtergebnis?

Unabhängig davon, dass mehrere Bundesländer den Verkauf der Red Bull Cola untersagt haben (Kokain), deckt die Analyse strategische Fehler auf.
Heinz Günther | 24.05.2009
Bereits vor einem Jahr haben wir auf die Risken hingewiesen, die Red Bull mit der Red Bull „Simply Cola“ eingegangen ist.


1. Fehler: Brand Extension

Brand Extension großer, marktbeherrschender Marken sind immer proble-matisch, da die starken Assoziationen der „Muttermarke“ in die neue Kategorie getragen werden. In der Literatur ist man sich auf diesem Gebiet sogar „fast“ einig und unter Divergenzgesichtspunkten ist dies eine „no go area“.

Konnte man noch vor einem Jahr sagen, dass Red Bull das Non Plus Ultra im Energydrink - Markt war, so würde man heute zu hören bekommen, dass Red Bull ein Firma ist, die Energygetränke herstellt und ein Cola verkauft aber auch ein Handy unter der Marke Red Bull (Österreich) anbietet.

Hören Sie den feinen Unterschied heraus, der langfristig zu einer Imageverän- derung führen wird? Red Bull wird langsam zu einem Generalisten und Gene-ralisten verlieren über die Zeit ihre Einzigartigkeit und eröffnen somit der Konkurrenz eine wesentlich bessere Change, den Markt anzugreifen. Nicht heute, nicht morgen aber vielleicht übermorgen.

Die Marke wird kapitalisiert, da man immer noch der Meinung ist, dass man
als Marktführer auch in anderen Segmenten stark seien kann. Viele andere
großen Marken mussten schon deshalb viel Lehrgeld bezahlen. Bei den wenigen positiven Ausnahmen waren dagegen die Marktbedingungen anders, so z.B. ein schwaches Konkurrenzumfeld bzw. man schaffte durch eine Brand Extension eine neue (Sub) Kategorie, welches aus unserer Sicht aber nur die zweitbeste Lösung wäre. Beides trifft für die Red Bull „Simply Cola“ nicht zu.

Obwohl diese Red Bull „Simply Cola“ keinen nennenswerten Beitrag am
Gesamtumsatz erzielen konnte, glaube ich, das weitere Brand Extension folgen
werden. So haben wir es in der Vergangenheit bei anderen Marken / Hersteller immer wieder gesehen. Es scheint eine Spirale in Bewegung gekommen zu sein, die man so schnell nicht mehr stoppen kann.


2. Fehler: Brand Extension wird als Line Extension wahrgenommen.

Mit der Namensgebung Red Bull für die neue Cola wird aber beim Konsu-menten der Eindruck erweckt, dass es sich eher um eine Line Extension (Energygetränk mit einem neuen Geschmack) handelt. In einer Befragung konnten wir feststellen, dass über 80% glauben, dass die Red Bull Cola von Red Bull Verwendern getrunken wird. Das eigentliche Marketing - Ziel, Coca Cola zu attackieren, kann so nicht funktionieren und es ist daher auf Basis dieser Ergebnisse mit einer hohen Kannibalisierung zu rechnen.

Unterstützt wird dies zusätzlich durch die Distributionspolitik. Anstatt die „Simply Cola“ direkt neben der Coca Cola zu platzieren (insbesondere im wichtigsten Absatzkanal Tankstelle) wird die Red Bull Cola neben den anderen 4 Energymarken im Kühlregal distribuiert und im Red Bull Cooler zusammen mit dem Red Bull Original. Dies verstärkt zusätzlich den Kannibalisierungs-effekt.


3. Konsumenten könnten getäuscht werden.

Anzumerken wäre noch, dass neben der strategischen Zielverfehlung
auch eine Konsumententäuschung vorliegen würde. Dieser spezielle Aspekt
taucht in dieser Deutlichkeit das erste Mal auf und müsste bei zukünftigen Bewertungen von Brand Extension ebenfalls herangezogen werden. Hier wird evt. ein neues Kapitel geschrieben.


4. Der Umsatz in 2008:

Vor kurzem sind die 2008er Zahlen veröffentlicht worden. Red Bull konnte
zwar in 2008 den Umsatz um 8% auf 3,3 Mrd. € steigern, jedoch gemessen
an den Umsatzsteigerungen von 2007 (17%) und 2006 (23%) ist das doch eher bescheiden. Wenn man darüber hinaus noch bedenkt, dass in 2008 die „Simply Cola“ eingeführt und Frankreich neu erschlossen wurde, dann sind die Zahlen aus meiner Sicht nicht besonders gut. Trendanalysen hätten uns auch ohne die „Simply Cola“ ein Umsatzwachstum von ca. 10% vorhergesagt.

Die Anzeichen häufen sich, dass die „Simply Cola“ das Original von Red Bull stark kannibalisiert und somit das eigentliche Ziel verfehlt wird. Eine Kanni-balisierung des Originalgetränks führt auch dazu, dass pro verkaufter Dose wesentlich weniger Umsatz gemacht wird und evt. auch weniger Profit.
Dies zeigt sich bereits in 2008 - das Einführungsjahr der Red Bull Cola -. Der Umsatz pro verkaufter Dose ging erstmals um ca. 7% zurück obwohl der Dosenanteil der Red Bull Cola unter 10% liegen dürfte.

Da Einführungen und Portfolioerweiterungen auch immer zusätzlich Geld
kosten, kann man davon ausgehen, dass sich auch dadurch die Gewinn-situation verschlechtert hat.

Dennoch wird man den einmal eingeschlagenen Weg mit weiteren Brand Extension fortsetzen. Ein wenig erinnert mich dies an den "Merger Hype" vieler Unternehmen. Trotz Warnungen und Analysen, dass 80% der großen Merger nicht funktionieren, konnte der Hype erst Jahre später abebben, nachdem Milliarden von € und USD verbrannt waren. Heute konzentriert man sich wieder auf seine Kernkompetenzen und trennt sich von Unternehmensteilen.

Dieter Mateschitz, der sich jahrelang erfolgreich gegen Brand Extensions
ausgesprochen hat und dabei sehr erfolgreich war, hat seine Meinung um 360 Grad gedreht. Wir sind gespannt, wann der Brand Extension Hype im Marketing vorbei ist und welche Brand Extension auf der Strecke bleiben.

Das von Red Bull in der österreichischen Presse formulierte Ziel (Wirtschafts – Blatt vom 20.3.2008), bis 2010 mit Hilfe von Red Bull Cola ca. 6 Mrd. Dosen zu verkaufen ist auf Basis der 2008er Zahlen (4 Mrd. Dosen) in weite Ferne gerückt. Das verfehlte Ziel kann also nicht auf die Wirtschaftskrise geschoben werden, die bekanntlich erst im letzten Quartal 2008 leicht begann und sich erst in 2009 stärker bemerkbar wird.

In eigener Sache: Wir möchten mit diesem Artikel nicht den Erfolg der Fa. Red Bull in Frage stellen. Für uns ist Red Bull z.B. bei Präsentationen immer ein Vorzeigeobjekt, da Red Bull auch ein klassisches Divergenz Produkt ist. Auch D. Mateschitz ist ein ungewöhnlicher und erfolgreicher Unternehmer, der seines gleichen sucht. Dennoch möchten wir auf bestimmte Gefahren aufmerksam machen – auch mit dem Wissen aus anderen Branchen und ähnlich gelagerten Beispielen -. Unsere Denkschule hilft uns natürlich dabei, unsere Analyse auf ein stabiles Fundament zu stellen.

Ein Ergebnis aus unserer Web - Befragung hat uns sehr gefreut: Die Statements „gibt wertvolle Hinweise für die Praxis“ und „hat in dem einen oder anderen Fall mein Marketing Know How erweitert“ erfuhren gleichermaßen folgende Zustimmung:

57% trifft voll und ganz zu
36% trifft zu
7% trifft eher nicht zu
0% trifft überhaupt nicht zu



Mögen die besseren Strategen gewinnen.


Divergenz Marketing – Strategieberatung


Heinz Günther / Axel Meermann


0172 8333 883
mail@heinz-guenther.com
www.divergenz-marketing.com (unter Projektanfrage)






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