print logo

Amazon Advertising aus W-Fragen-Sicht

Worauf bei der Umsetzung geachtet werden sollte, was die Erfolgsfaktoren sind und welche Fehler am häufigsten in der Praxis fabriziert werden.
Christian Otto Kelm | 07.09.2020
Amazon Advertising aus W-Fragen-Sicht © Christian Otto Kelm
 

Was ist Marketing und was meint man mit Advertising?

Marketing umfasst alle Anstrengungen welche über feste Gebühren und Finanzierungsbeträge vor- oder nachgelagert bezahlt werden. Darunter fallen unter anderem Blitzangebote, Coupons, Werbeaktionen und andere Rabatt-Aktionen.

 

Advertising bezieht sich in diesem Artikel im Schwerpunkt auf auktionsgebundene Werbeformen die auf Suchabfragen oder Kategorien sowie Produkte ausgerichtet sind und im Schwerpunkt mit Kosten pro Klick (CPC cost per click oder auch PPC pay per click genannt) verbunden sind. Der große Vorteil sind die kostenlosen Impressions bzw. Werbe-Ausspielungen. Da jedoch bei der Auktion das höchste Gebot und die höchste zu erwartende Klickrate gewinnt, reicht es nicht, nur hoch zu bieten. Bezahlt wird am Ende 1 Cent mehr als das Gebot des „Zweitplatzierten“ zum aktuellen Zeitpunkt der Auktion.

 

Was sind ON und OFF Amazon-Werbemaßnahmen?

ON Amazon umfasst Werbeformate, welche auf der Marktplatzseite von Amazon gezeigt werden, im speziellen auf Suchergebnisseiten oder auf Produktseiten.

Mit OFF Amazon sind Werbeformen wie Amazon DSP (Demand Side Platform) gemeint, hier wird nach dem Kostenmodell Reichweite abgerechnet und über den Tausender-Kontaktpreis bezahlt. Andere Ansätze bringen die Werbung auf Endgeräte von Amazon wie Kindle, Echo und Alexa oder Fire TV.


Bild 1: Produkt-Übersicht der Werbemaßnahmen auf Amazon (Quelle: www.advertising.amazon.de)

Obwohl DSP auch auf der Marktplatzseite genutzt werden kann, wollen wir zum Start rein ON Amazon betrachten. Wir konzentrieren uns auf die zwei Grundarten SP (Sponsored Ads) und SB (Sponsored Brands), da weitere Werbeformate aktuell nur in einer Beta-Version oder speziell für Vendoren freigegeben sind. (Vendoren liefern sozusagen im B2B-Konzept an Amazon und Amazon verkauft weiter an Endkunden, Seller sind Händler und Verkäufer welche direkt über den Marktplatz an Endkunden verkaufen.)

Bild 3: SP und SB als Grundwerbearten (Zugänglich für Seller und Vendor)

Was sind die vorgelagerten Erfolgsfaktoren im praktischen Einsatz?

Amazon Advertising basiert auf der Relevanz der beworbenen Produkte zu den Keywords, auf die man bietet, denn „Diese Anzeige wird Ihnen aufgrund der Relevanz des Produkts für Ihre Suchanfrage angezeigt.“.

Bild 2: Gesponsert erklärt (Quelle: www.amazon.de)

Amazon selbst formulierte früher in den eigenen FAQ-Seiten dazu folgendes:

„Was ist unter Keywordrelevanz zu verstehen und wie funktioniert sie?

Für eine gute Kundenerfahrung sind wir bemüht, die für die jeweiligen Such- und Browse-Aktivitäten eines Kunden relevantesten Anzeigen einzublenden. Die von Ihnen gewählten Keywords müssen für die in Ihrer Kampagne beworbenen Produkte relevant sein. Nur mit relevanten Anzeigen werden Impressions generiert, wenn Käufer nach diesem Keyword suchen.

Wie kann ich sicherstellen, dass meine Keywords für mein Produkt relevant sind?

Vergewissern Sie sich, dass die verwendeten Keywords in den Detailseiten Ihres beworbenen Produkts enthalten sind.“ (Quelle: alte FAQ-Seiten unter www.advertising.amazon.de/help)

Verkauft ihr ein Socken und nennt es Beinkleid ist das grundsätzlich nicht gut. Suchen nach und Werbung auf das Wort „Socken“ wird dann erschwert und auf das Wort „Boxershort“ sollte man nicht werben nur weil beides Unterwäsche ist.

Worauf muss ich bei der Umsetzung achten?

Die Auswahl der eigenen Werbeartikel sollte auf die beworbenen Worte oder Produkte abgestimmt sein. „socken rot damen“ mit schwarzen Socken zu bewerben wird nicht unbedingt erfolgreich sein. Auch eine zu allgemeine Werbung auf das Wort „led“ mit einer LED E14 warmweiß 60w Glühbirne wird nicht funktionieren. Zu ungenau sind bei „led“ die Suchen ausgerichtet und kaum mit Leuchtmitteln verwandt, eher Richtung LED Streifen gehen da die verwandten Suchen.

Bild 4: Verwandte Suchbegriffe zu „led“ am 22.07.2020 (Quelle: Chrome Extension AMALYZE für Amazon)

Einerseits sollte man eine Grundstrategie verfolgen; Eigenschutz (Werbung auf Suchbegriffe mit der eigenen Marke oder eigene Produkte), Angriff auf Wettbewerber (Suchbegriffe mit anderen Markennamen oder deren Produkte) und/oder generische Suchbegriffe (Allgemeine Suchen ohne Markennennung oder allgemeine Produkte welche keine hohen Markenbekanntheit haben).


Andererseits sollte man im Allgemeinen rechnen können; heißt den maximal investierbaren Betrag eines Produktes und die Kaufwahrscheinlichkeit kennen. Haben wir ein 50€ Artikel und 5€ investierbare Marge und eine Kaufrate von 10% können wir statistisch davon ausgehen das jeder 10te Klick kauft und das wird uns maximal 50 Cent Kosten pro Klick im Durchschnitt leisten können.

Wie kann man das Advertising messen und bewerten?

Im Speziellen sollte man jedoch alle Werbekosten gegen alle Werbe-Verkäufe rechnen oder noch besser alle Werbekosten im Kanal Amazon gegen alle Verkäufe im Kanal Amazon.

Die grundsätzlichen Wechselwirkungen und Zuweisungen der Werbeklicks zu finalen Verkäufen sind oft etwas undurchsichtig oder nicht gegeben.

Im Besonderen dann, wenn jemand eure Werbung sieht, sich eure Marke merkt und neu sucht und euch kauft ohne die Werbung zu klicken oder sogar eine andere Plattform zur Weitersuche nutzt und euch dann wegen eurer sichtbaren kostenlosen Werbung kauft. Weitere Faktoren des wechselhaften Zusammenspieles sind „Kunden kauften auch“ oder „Kunden haben gesehen“ Vorschläge, welche dank Werbunginteraktion unterstützt werden können. Oder der schlicht der Fakt das eigene Produktseiten keinem Wettbewerber einen Werbeplatz freilassen.

Gesamtheitlich betrachtet muss man verstehen das sehr viele Metriken und Kennzahlen zur Verfügung stehen, diese jedoch passend zum eigenen strategischen und mathematischen Grundverständnis passen müssen.

Welche konkreten Punkte sind erfolgskritisch?

Damit ist der wohl erfolgskritische Punkt auch schon genannt – die saubere Grundberechnung und Kenntnis des investierbaren Betrags muss bekannt sein! Alles andere im Advertising bezieht sich auf die Auswahl relevanter Produkte zu passenden Artikeln oder Suchworten.

Dabei vergessen die meisten den großen Vorteil von klickbasierter Kostenabrechnung – jede Impressions ist eine gewonnene Auktion Gewinn. Der finale Klick kostet Geld und ist der halbe Weg zum Kunden. Die Werbung war relevant genug an der Auktion teilzunehmen und das Gebot war hoch genug, um zu dem spezifischen Zeitpunkt ausgespielt zu werden. Der Kunde hat diese Werbung sogar gesehen und geklickt. Heißt die Erwartungshaltung des Kunden stimmt mit eurem Produkt überein – oder zu mindestens ist die Neugier geweckt.

Nun kommt es zum Königsproblem - Die Konvertierung auf der Produktseite. Kunden vom Kauf zu überzeugen kann man nicht über die Höhe des Gebotes. Hier muss man klar die Passgenauigkeit der beworbenen Worte und Produkte zum eigenen Produkt hinterfragen.


Was sind die häufigsten Fehler in der Praxis?

Zu unspezifische Suchbegriffe:

Werbung auf Suchbegriffe, die dem Produkt nah, aber nicht passend sind.
Den Suchbegriff „socken sneaker herren schwarz“ bewerben mit normalen halblangen Socken.

Schlechte SEO-Optimierung:

Da die angesprochene Relevanz unter anderem entsteht indem man die „…Keywords in den Detailseiten Ihres beworbenen Produkts…“ hinterlegen muss scheitert hier oft das Gesamtsystem. Zeit zu sparen bei den Grundlagen im SEO kann mit Werbung nur teuer oder gar nicht kompensiert werden

Werbung auf Keywords ohne Suchvolumen:

Nicht immer ist das niedrige Gebot die Ursache für mangelnde Ausspielungen. Neben der reinen Relevanz kann es schlicht sein keiner sucht nach den Worten.

Zu niedrige Gebote:

Niedrige Gebote sind oft ein rein psychologischer Angstfaktor. Am Ende sollte man den durchschnittlichen Klickpreis (aCPC) betrachten und wissen, dass Amazon nicht immer in die Nähe der Gebote kommt. So hinterlegt man 1,87€ und erhält im Schnitt möglicherweise nur 1,27€. Weiterhin sind höhere Gebote oftmals in komplett anderen Biet-Bereichen angesiedelt, mit anderen Zeiten und Wettbewerbern. So kann es sein das man plötzlich im Abendgeschäft relevant wird – der Bid ist zwar ggf. höher dabei trifft man oftmals auf mehr oder relevantere Käufergruppen.
Niedrige Gebote reduzieren ggf. nur die Menge an Kunden, welche einen besuchen, auf den Teil, der wahrscheinlich eh gekauft hätte.

Zu niedrige Budgets:

Niedrige Budget und niedrige Gebote kann man in einem Bild zusammenfassen.


Bild 5: Gebote und Budgets beispielhaft verändert (Quelle: AMALYZE AG)


Falsche Rechnungsansätze für Kaufwahrscheinlichkeiten:

Die grundsätzliche organische Kaufwahrscheinlichkeit als Vorgabe zu nutzen ist am Anfang ohne Referenzdaten nur ein Ansatz. Das muss man jedoch zügig auf seine Werbedaten umrechnen. Die Werbung erzeugt Klicks und diese Bestellungen – das Verhältnis ist die Werbekonvertierungsrate. Weicht diese extrem nach unten ab muss man deutlich weniger bieten – Abweichungen nach oben kann man mit mehr Budget oder höheren geboten entgegnen – unter der Grundannahme nur profitable Werbung schalten zu wollen. Dabei ist wichtig zu verstehen das möglicherweise normal sichtbare Produkte hohe Konvertierungen erzielen – mit der Werbung präsentiert man sich aber auch unter Suchbegriffen wo man nicht sehr gut platziert war oder viele Suchen stattfinden. Geht man hier nun sehr teuer auf Kundenfang bezahlt man auch dafür – rein statistisch sind unter mehr Abfragen nun mal auch mehr Impressions möglich und damit auch Klicks.

Anpassungen des Gebotes anstatt der Produktseite:

Insgesamt neigen viele Werbetreibende dazu mit Budgets und höheren Geboten die eigentlichen Probleme der Werbung kompensieren oder ignorieren zu wollen. Werbung die Geld kostet war grundsätzlich erfolgreich und versagt nur im Kaufprozess. Daher schlage ich immer vor zuerst die Produktseite zu verbessern um Kunden die Werbung klicken zu Käufen zu bewegen. Schlechte Produkte werden mit der besten Werbung beworbene schlechte Produkte!

Ausrichtung am ACOS (Adverstising Cost of Sales) auf möglichst niedrige Werte:

Hier liegt ein langer Irrglauben in der gesamten Amazon-Szene fest verankert. Dazu möchte ich hier schlicht auf den Blog von Sellics verweisen die in Ihrem Blog sehr deutlich machen, wo der Denkfehler der maximalen Reduzierung dieses Wertes liegt.

Bild 6: Nicht der niedrigste ACoS hat den meisten Gewinn (Quelle: www.sellics.com/blog-amazon-ppc-strategy-profit-acos-optimization/)

Zumal nicht immer die Steuer korrekt verbucht ist in den Kennzahlen oder schlicht bei Vendoren Endkundenpreise ohne Steuer als Sales ausgewiesen werden – der Vendor jedoch nur den B2B-Preis als Einnahme minus weitere Kosten erhält.

Nicht alle Artikel bewerben:

Oftmals werden nur wenigen Produkten als Werbemittel eingesetzt. Da jedoch alle Werbearten die Möglichkeit haben jedes Produkt in außergewöhnliche sichtbare Positionen, in der Suche oder auf Produktseiten, zu bringen sollte man grundsätzlich alle Artikel bewerben. Nicht nur die Top-Seller dürfen im Fokus von Werbeaktivitäten stehen.

Zu frühe Änderungen der Vorgaben:

Mangelnde Geduld bringt die meisten Werbenutzer ins Schwitzen, wenn die Werbekosten steigen aber keine Verkäufe zu sehen sind. Wie bei SEO gilt auch bei SEA – es braucht Zeit. Sowohl um historisch relevante Daten wie Klickraten zu erzeugen, als auch Verkäufe den Klicks zuzuweisen, hier lässt sich Amazon gerne bis zu 14 Tage und mehr Zeit. Auch Änderungen an Geboten oder Suchbegriffen und Produkten wirken nicht sofort, sondern zeitlich versetzt. Abschließend heißt das aber auch, man sollte sich immer nur bestimmte Zeiträume ansehen und nie alle Daten – so umgeht man schlicht statistische Verzerrungen aus positiven Weihnachtsgeschäften oder saisonalen Erfolgen welche die eigentlich aktuellen Zahlen nur schönen oder verwässern.

Wenn du auf Amazon Werbung schalten musst, um überhaupt zu verkaufen ist grundsätzlich etwas schiefgelaufen!