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Künstliche Intelligenz: Wer arbeitet wirklich damit?

Wo Unternehmen KI im Marketing bereits erfolgreich einsetzen.
MEDIENTAGE MÜNCHEN 2019 vom 23. bis 25. Oktober © Medientage München GmbH
 

MEDIENTAGE MÜNCHEN 2019 vom 23. bis 25. Oktober

Künstliche Intelligenz (KI) ist eines der großen Themen der digitalen Welt. Chatbots, Voice-Search, personalisierte Produktempfehlungen oder automatisierte Werbeausspielung: Selbst-lernende Algorithmen beeinflussen auch zunehmend Medien und Marketing. Doch ist das wirklich schon Künstliche Intelligenz? Und welche Anwendungsbeispiele gibt es? Im Rahmen eines Panels der MEDIENTAGE MÜNCHEN gaben drei Experten Einblicke in die Praxis.

In seiner Keynote wies Dr. Klaus Holthausen, Geschäftsführer des Schweizer Smart-Blockchain-Ecosystem-Anbieters TEAL AI AG, auf die Vorteile, aber auch auf die Gefahren Künstlicher Intelligenz hin. „Die neuen Technologien können mithilfe der regelbasierten Rechenmaschinen psychologische Mechanismen imitieren und so Entscheidungen oder Informationsweisen nachhaltig beeinflussen“, mahnte Holthausen. Dies gelte zum Beispiel für soziale Online-Netzwerke. Als berühmtes Beispiel nannte er die Affäre von Cambridge Analytica rund um die vergangene US-Wahl. Problematisch seien auch die Algorithmen autonom fahrender Autos, wenn diese im Verkehr tödliche Folgen haben könnten. Der reflektierenden Einführung folgten drei KI-basierte Fälle aus der Praxis.

Den Anfang machte Oliver Bruckner, Geschäftsleiter von Plan.Net Innovation, mit der Vorstellung von Butterfly Coach, einer „Fitness-App für Menschen, die nicht an Fitness-Apps glauben“. Im Auftrag eines Kunden sei es darum gegangen, eine Fitness-Apps zu entwickeln, die sich im dicht besetzten Markt hervorhebe. Heraus kam ein digitaler Personal Trainer, der jeden Nutzer individuell kennenlernt und ihm einen Trainingsplan präsentiert, in dem keine Einheit der anderen gleicht. Herzstück hierfür bildet eine KI-Lösung, die Millionen von Übungen aus dem Internet analysiert, Infos aus der Community sammelt und auswertet und dem einzelnen Nutzer passgenaue Übungen an die Hand gibt. „Butterfly Coach bietet eine völlig andere Experience als andere Fitness Apps. Die Trainingspläne variieren und auch die Intensität der Übungen wird durch die KI berechnet.“ Seit April auf dem Markt, entwickle sich die App gut.

Als nächstes Beispiel stellte Dunja Riehemann, Director Marketing bei BrandMaker, eine Marketing-Ressource-Management-Lösung vor, in der ebenfalls KI zum Einsatz kommt. Die B2B-Software hilft Marketingabteilungen, alle Ressourcen besser zu managen, das Projektmanagement zu optimieren oder auch Budgets zu planen. Sie ersetzt laut Riehemann aufwendige Excel-Listen und steigert die Effizienz. So könnten Algorithmen den Menschen wichtige Aufgaben abnehmen.

Das Marketing habe sich in den vergangenen 15 Jahren massiv verändert: „Die Anzahl der zu be-treuenden Agenturen und Dienstleister ist gestiegen, ebenso die Anzahl der Projekte und gleichzei-tig steht immer weniger Zeit für ein Projekt zur Verfügung“, erklärte Riehemann. Mit Hilfe von KI werde eine Vielzahl von Daten gesammelt, bevor daraus Empfehlungen für zukünftige Entscheidungen abgeleitet würden, zum Beispiel bezüglich des Marketingbudgets. Auch Prozesse wie die automatisierte Bildersuche seien hilfreich.

Beim dritten präsentierten Fall gab Richard Seitz, Vice President Data Products von ProSiebenSat.1 Media, Einblicke in die automatisierte Werbeausspielung der Zukunft. „Wie können wir bei Werbung im linearen TV effizienter und für Werbekunden lukrativer werden?“, habe die Aufgabenstellung des noch in der Testphase befindlichen Projektes gelautet. Dazu würden datenschutzkonform Daten aus der linearen Vermarktung, aus Web- und HbbTV-Tracking sowie auch aus den E-Commerce-Aktivitäten des Konzerns gesammelt und ausgewertet. Dadurch wisse man über jeden einzelnen gelaufenen Werbespot, wer ihn gesehen, das Produkt gekauft, während der Werbung weggezappt habe etc. und erfahre viele weitere Insights über die Zuschauer. Natürlich handle es sich dabei stets um anonymisierte Daten. Auf Basis der Erkenntnisse entwickle der Algorithmus Erkenntnisse, wie Spots in Zukunft erfolgreich und effizient platziert werden könnten – in Bezug auf Umfeld, Sender, Zeitslot etc. Für die Testphase konnte Seitz über Effizienzsteigerungen zwischen zwanzig und hundert Prozent berichten.

Zum Abschluss diskutierte die Runde noch über die Gefahren und den durch KI-verursachten Vertrauensverlust im World Wide Web. Das Schlusswort von Holthausen: „Vertrauen und Evidenz lassen sich im Internet wiederherstellen.“ Ideal seien Schiedsrichter mit absoluter Vertrauenswürdigkeit. „Wir benötigen einen Internet-Notar, ein Internet-Grundbuch, einen Internet-Ausweis oder auch ein Internet-Finanzamt – wie im echten Leben auch.“ Schließlich habe KI auch die Kraft, die gesellschaftliche Ordnung zu gefährden. „Die Prinzipien und Gesetze, wie Zivilisation dauerhaft gelingen kann, haben wir uns hart erarbeitet. Wenn wir diese Gesellschaft beibehalten möchten, dann sollten wir das Internet ändern“, forderte Holthausen.