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Internationaler Internetauftritt - Übersetzen allein reicht nicht

Die Realisierung eines neuen Internetauftritts sollte unter Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit und mit interkulturellem Verständnis erfolgen.
kernpunkt Digital GmbH | 02.02.2009
Internationaler Internetauftritt:
Übersetzen allein reicht nicht

Der weltweite Wettbewerb spielt nicht nur in DAX-Unternehmen eine große Rolle. Auch mittelständische Unternehmen müssen sich immer stärker in einem internationalen Umfeld beweisen. Nach wie vor ist Deutschland Exportweltmeister. Daher ist eine internationale Web-Präsenz für deutsche Unternehmen, die sich international aufstellen, ein unbedingtes Muss. Die Realisierung eines neuen Internetauftritts sollte unter Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit und mit interkulturellem Verständnis erfolgen. Diese Kriterien stellen hohe Anforderungen an die jeweiligen Verantwortlichen im Unternehmen, denn die Umsetzung eines mehrsprachigen Internetauftritts bedeutet mehr, als nur die Übersetzung von ein paar Seiten Text.
Die virtuelle Internationalisierung beginnt bei der Konzeption
Um mehrsprachige und länderübergreifende Internetprojekte erfolgreich zu realisieren, muss das Thema Internationalisierung bereits bei der Konzeption des Auftritts diskutiert werden. Entwickeln Sie einen Plan, in welchen Sprachen das Internetangebot kurz-, mittel- und langfristig realisiert werden soll und welche Niederlassungen über einen eigenen Internetauftritt verfügen werden. Berücksichtigen Sie hierbei, dass Länder und Sprachen nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden können. So gibt es durchaus mehrere Länder in denen Englisch gesprochen wird, allerdings herrschen sprachliche Unterschiede zwischen den amerikanischem Englisch und britischem Englisch vor. Auch ist zu beachten, dass manche Länder mehrere offizielle Landessprachen haben und der fremdsprachige Auftritt der Hauptpräsenz somit in zwei oder mehrere Sprachen verfügbar sein muss. So solle beispielsweise ein belgischer Internetauftritt auf Englisch, Französisch und Deutsch umgesetzt werden, um alle Sprachgemeinschaften zu berücksichtigen.

Bereits bei der Konzeption muss daher definiert werden, welche Inhalte wo bereitgestellt und durch wen übersetzt werden. Da moderne Internetauftritte in der Regel auf Basis eines Content-Management-Systems realisiert werden, sollten hier die technischen Rahmenbedingungen geprüft und eine passende Lösung ausgewählt werden.

Länder, Sprachen und Maßeinheiten
Der Einbezug unterschiedlicher Länder bedeutet zudem, dass Sie Informationen auch in verschiedenen Maßeinheiten bereitstellen müssen. Ob Kilogramm, Pfund, Inch oder Zentimeter: Die Größen- und Gewichtsangaben Ihrer Produkte werden in Frankreich anders bemessen als in England. Gleiches gilt natürlich auch für Preise, Steuerangaben und vieles mehr.

Bei der Ansprache von Kunden in verschiedenen Länder gilt es aber auch bei der Auswahl von Bild- oder Videomaterial einige Aspekte zu berücksichtigen: Die charmante blonde Dame auf der Startseite macht sich im europäischen Raum vielleicht ganz gut; für arabische oder asiatische Nutzergruppen sollte aber ein anderes Bildmotiv gewählt werden. Auch bei der inhaltlichen Ansprache der Kunden gibt es Landesunterschiede: Die Vaillant Gruppe, Hersteller von Klima- und Heiztechnikgeräten, legt beispielsweise auf der deutschen Webseite den Schwerpunkt auf Heizgeräte und Wärmepumpen. Die spanische Version hingegen stellt Solaranlagen und Klimageräte in den Vordergrund.

Content Management im internationalen Kontext
Die Auswahl der richtigen technischen Basis ist für internationale, mehrsprachige Internet-Projekte von großer Bedeutung. Nur ein leistungsfähiges Content-Management-System ist in der Lage, die mehrsprachigen Vorgaben sinnvoll und effektiv zu realisieren. Wichtigste Anforderung ist zunächst die Möglichkeit, mehrere Zeichensätze über das Content-Management-System verwalten zu können. Hierbei setzen moderne Produkte auf den Standard UTF-8 (8-bit Unicode Transformation Format). Über dieses Format lassen sich alle Unicode-Zeichensätze abbilden und somit auch nicht-lateinische Sprachen wie zum Beispiel Kyrillisch, Arabisch oder Chinesisch, darstellen.

Unterstützt das Content-Management-System UTF-8, so gilt es eine Entscheidung über das Konzept der Mehrsprachigkeit zu treffen. Hier gibt es verschiedene Lösungsansätze: Viele Content-Management-Systeme ermöglichen das Spiegeln von Inhalten und so die einfache Übersetzung in verschiedene Sprachen. So kann eine Seite, die zunächst in deutscher Sprache angelegt wurde, übersetzt werden und steht als zusätzliche Sprachvariante zur Verfügung. Die jeweilige Seite wird automatisch dem Navigationspunkt zugewiesen und kann über einen Parameter in der URL (z.B. www.domain.de/neue-seite.html?lang=2) oder über eine eigene URL (z.B. www.domain.de/en/new-website.html) abgerufen werden. Diese Art der Sprachverwaltung eignet sich insbesondere dann, wenn eine vollständige Übersetzung aller Inhalte geplant wird. Es entsteht eine eins-zu-eins-Kopie der Webseite in einer zusätzlichen Sprache.

Unterscheiden sich die Inhalte der Sprachversionen und verfügen diese jeweils über eine eigene Seitenstruktur oder werden gar auf einer eigenen Domain betrieben, so ist ein anderes Konzept für die Sprachverwaltung sinnvoll. Hierbei wird im CMS für jede Sprache eine eigene Seitenstruktur angelegt. Diese kann dann mit Seiten und Inhalten in der jeweiligen Sprache befüllt werden. Besonders bei Sprachversionen, die nur eine Teilmenge der Inhalte darstellen, ist dieser Ansatz sinnvoll. Meist ist er aber mit erhöhtem Pflegeaufwand verbunden, da beispielsweise die Seitenstruktur mehrfach angelegt werden muss.

Bei der Verwaltung strukturierter Daten, zum Beispiel von Produktinformationen oder Terminen in einem Veranstaltungskalender, ist ein variantenbasiertes Sprachmanagement sinnvoll. Die jeweiligen Daten werden hierbei in einer Datenbank abgelegt, die entsprechend für eine mehrsprachige Pflege konzipiert sein muss. So kann auch eine Kombination der beiden Konzepte sinnvoll sein, beispielsweise wenn eine Produktdatenbank vollständig übersetzt wird, die restlichen Inhalte der Webseite sich aber pro Sprach- oder Landesversion unterschieden.

Die komplexeste Variante ist das Mandanten-Konzept: Soll jede Niederlassung über einen eigenen Internetauftritt verfügen, so muss das CMS in der Lage sein, verschiedene Mandanten zu verwalten. Diese können jeweils mit einer eigenen Benutzerverwaltung ausgestattet sein, so dass jedes Land oder jede Niederlassung das eigene Internet-Angebot koordinieren kann. Kommen zusätzlich zentral verwaltete Informationen, wie zum Beispiel Pressemitteilungen oder Produktdaten hinzu, so muss das Content-Management-System in der Lage sein, Inhalte mandantenübergreifend bereitzustellen.

Internationale Suchmaschinenoptimierung
Bei der Optimierung internationaler Seiten für Suchmaschinen ist es enorm wichtig, bereits bei der Entwicklung der ersten Sprachversion dieses Thema zu berücksichtigen. Ist die Grundlage für die internationalen Webseiten nicht vollständig auf eine erfolgreiche Erfassung der Basis-Seite durch Suchmaschinen ausgerichtet, so multipliziert sich der Aufwand zu einem späteren Zeitpunkt mit der Anzahl der Sprachversionen. Vor allem die Templates sollten frühzeitig auf die Anforderungen der Suchmaschinenoptimierung abgestimmt werden.

Auch die Gestaltung der URL ist beim Thema Suchmaschinenoptimierung essenziell: So sollte das CMS in der Lage sein, für jede Sprachversion eigene Adressen zu definieren. Das Anhängen von Parametern oder einsprachige URL sind für die Optimierung von Länder-Webseiten nicht förderlich. So spielt beim Ranking der Suchmaschinen eine Rolle, ob der entsprechende Suchbegriff in der Adresse vorkommt. Ist diese in allen Sprachversionen nur auf Englisch vorhanden (z.B. www.domain.com/de/product-info.html statt www.domain.com/de/produkt-information.html), so wird ein wichtiger Faktor der Suchmaschinenoptimierung außer Acht gelassen.

Sind dann die verschiedenen Länder-Webseiten realisiert, beginnt die eigentliche Arbeit. Es gilt, jede Seite mit eigenen Meta-Daten (Keywords, Beschreibungstexten usw.) auszustatten. Die Übernahme der Meta-Daten aus der Ursprungsversion ist hierbei nicht förderlich. Daher ist es wichtig, die lokalen Redakteure ebenfalls in der Verwaltung von Meta-Daten zu schulen und die Wichtigkeit dieses Aspektes zu verdeutlichen.

Sprach- und Übersetzungsmanagement
Sind die Inhalte für die zentrale Sprachversion erstellt, beginnt die Übersetzung. Hierbei gibt es zwei Ansätze für das Übersetzungsmanagement: Die dezentrale Übersetzung der Inhalte durch Mitarbeiter vor Ort und die zentralisierte Übersetzung durch das Marketing oder Übersetzer in der Hauptniederlassung.

Für die erste Variante ist es entscheidend, dass die Übersetzungs-Workflows klar definiert sind. Wird beispielsweise eine Pressemitteilung auf Deutsch verfasst, so muss diese den Ländern bereitgestellt werden. Diese können die Übersetzung direkt im Content-Management-System vornehmen und stellen die Inhalte auf den Länderseiten ein. Ab diesem Zeitpunkt ist allerdings kaum noch eine Qualitätssicherung möglich: Ist die Meldung erst einmal ins Finnische, Arabische oder Chinesische übersetzt, so kann nur noch schwer nachvollzogen werden, ob die Inhalte stimmig sind. Dieses Problem tritt insbesondere dann auf, wenn nachträgliche Änderungen durchgeführt werden sollen. Hier sind ein klares Reporting sowie eine Aufgabensteuerung über das Content-Management-System hilfreich.

Die zentrale Übersetzung der Inhalte ist meist effektiver, allerdings auch mit höheren Kosten verbunden. Durch die zentrale Steuerung von Übersetzern und die Pflege der Inhalte durch eine interne Redaktion, werden die Arbeitsprozesse meist vereinfacht und Inhalte können schneller aktualisiert werden.

Zur Automatisierung der Übersetzungsprozesse bieten zudem immer mehr Content-Management-Systeme Schnittstellen zu Lösungen, so zum Beispiel Trados oder across. Über ein XML-Format können Inhalte aus dem CMS exportiert, anschließend in den Übersetzungsprogrammen durch einen Übersetzer bearbeitet und wieder in das System eingespielt werden. Ist der Einsatz einer solchen Lösung geplant, ist es wichtig, dies bereits bei der Konzeption des Projektes und der Auswahl des Content-Management-Systems zu berücksichtigen.

Weltweiter Service, weltweiter Support
Ist ein Projekt einmal international angelegt, so muss im laufenden Betrieb auch der weltweite Support und die Schulung der Redakteure gewährleistet werden. Die Arbeit in verschiedenen Zeitzonen erschwert dies. Viele Kunden setzen hier auf Internet-basierte Werkzeuge: Schulungen per Web-Konferenz oder Online-Ticketsysteme für Support-Anfragen sind bei hohen Nutzerzahlen unerlässlich. Auch ist eine erhöhte Kooperationsbereitschaft nötig, um Fehlermeldungen oder Arbeitsanweisungen eindeutig zu kommunizieren.

Internationale Präsenz bedeutet aber auch, dass Service-Angebote wie zum Beispiel ein Kontaktformular oder die Bestellung von Informationen über die Webseite auch mit entsprechenden Prozessen hinterlegt sein müssen. Die einzelnen Anfragen müssen effizient und zeitnah an die zuständigen Personen vor Ort weitergeleitet werden.

Analyse und Auswertung
Um den Erfolg internationaler Web-Projekte messen und analysieren zu können, ist der Einsatz einer umfassenden Analyse-Software entscheidend. Lösungen, als Beispiel dienen hier Google Analytics oder etracker, erfassen Zugriffszahlen, Interessen der Besucher und deren Verweildauer. Diese sollten je Sprach- oder Landes-Webseite getrennt erfasst und ausgewertet werden können. So ist es beispielsweise möglich, die Besucher nach Ländern oder Sprachen zu gruppieren und festzustellen, welche Interessen oder Vorlieben die jeweiligen Nutzer haben.

Die entsprechenden Zahlen können dann nach Ländern oder Sprachen gefiltert den lokalen Redakteuren oder Mitarbeitern bereitgestellt werden. Über automatisierbare Berichte, die beispielsweise Google Analytics bereitstellt, können zudem Mitarbeiter oder die verantwortlichen Personen vor Ort monatlich über die neusten Entwicklungen informiert werden.

Technischer Roll-Out und Betrieb
Auch auf der technischen Seite gibt es einige Aspekte, die mit einbezogen werden müssen: Webseiten, die beispielsweise im asiatischen Raum bereitgestellt, aber auf einem deutschen Server betrieben werden, können in den jeweiligen Ländern durchaus sehr langsam dargestellt werden. So macht es bei komplexen Projekten und einer entsprechend hohen Relevanz der Zielgruppe durchaus Sinn, lokale Versionen der Webseiten auch auf Servern in den jeweiligen Regionen abzulegen. Der Standort des Servers wirkt sich nämlich nicht nur auf die Performance der jeweiligen Seiten aus, sondern ist ebenfalls in Sachen Suchmaschinenoptimierung ein wichtiger Faktor. So haben Tests ergeben, dass Google beispielsweise neben der Domain-Endung auch den Server-Standort in das Ranking einfließen lässt.

Zusammenfassung
Internetprojekte im internationalen Kontext sind eine anspruchsvolle Herausforderung. Neben einer komplexen Planung sind es vor allem konzeptionelle Themen und organisatorische Fragen, die es zu klären gilt. Mittelständische Unternehmen mit weltweiten Niederlassungen und Standorten sollten für den Roll-Out eines internationalen Internetprojektes durchaus einige Monate, wenn nicht sogar mehr als ein Jahr Zeit einplanen. Jede weitere Internetseite, die neben der Hauptseite in Erscheinung tritt, benötigt ein separates Konzept und muss detailliert gepflegt werden. Besondere Vorsicht gilt bei länderspezifischen Vorgaben und doppeldeutigen Übersetzungen oder Bilddarstellungen. Und auch hier gilt wie bei jedem Internetprojekt: Nach dem Launch ist vor dem Launch.


Anzahl der Wörter: 1745
Autor: Matthias Steinforth, kernpunkt GmbH
Über den Autor: Matthias Steinforth ist Geschäftsführer der kernpunkt GmbH und für die Bereiche Marketing und Vertrieb zuständig. Er beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit Themen wie zum Beispiel Content Management, internationalen Web-Projekten und Suchmaschinenoptimierung. Er berät unter anderem die Vaillant Gruppe, die Wirtgen Group oder febi bilstein bezüglich der Umsetzung ihrer mehrsprachigen Internetprojekte.