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Was ist (m)eine Marke wert?

Worauf basieren die unterschiedlichen Berechnungsmodelle und wie können vor allem mittelständische Unternehmen den Wert ihrer Marken bestimmen?
Markus Goss | 09.03.2006
Was ist (m)eine Marke wert?

von Markus Goss.

Jährlich finden zahlreiche Erhebungen zur Markenbewertung und den wertvollsten Marken der Welt statt. Viele Ergebnisse weichen jedoch teils deutlich voneinander ab. Worauf basieren die unterschiedlichen Berechnungsmodelle und wie können vor allem mittelständische Unternehmen den Wert ihrer Marken bestimmen?
Laut einer der führenden Untersuchungen von INTERBRAND erreichen die 10 wertvollsten Marken im Jahr 2005 die stolze Summe von über 300 Mrd. EURO. Allein die Top 3 machen beinahe die Hälfte dieses Betrags aus. Coca-Cola führt die Liste mit 56 Mrd. EUR an, gefolgt von Microsoft mit 49,7 sowie IBM mit 44,3 Mrd. EUR. Es handelt sich hierbei wohl gemerkt um den reinen Markenwert ohne Zurechnung des materiellen Betriebsvermögens.


Markenwert und Bilanzierung

Mit Blick auf die Bilanzsumme führender Unternehmen stellt man schnell fest, dass der Markenwert in vielen Fällen ca. 50% des Unternehmenswertes, bzw. der Marktkapitalisierung ausmacht. Ein beachtlicher Wert. Gemäß internationalen Rechnungslegungsvorschriften wie US-GAAP oder IFRS sind Markenwerte als immaterielle Vermögensgegenstände zu aktivieren und in der Bilanz auszuweisen. In Deutschland ist dies gemäß den HGB Bilanzierungsvorschriften jedoch unzulässig, es sei denn, es handelt sich nicht um originäre (selbst aufgebaute), sondern um zugekaufte (akquirierte) Marken. Da IFRS jedoch zunehmend Verbreitung findet, gestaltet sich die Messung und Bewertung von Markenwerten zu einem immer wichtigeren Thema für die Zukunft, auch für den deutschen Mittelstand. Dies gilt insbesondere unter dem Blickwinkel der immer noch ansteigenden Anzahl an Fusionen und Akquisitionen von Unternehmen (und deren Marken), bei denen der Markenwert den Kaufpreis letztlich mitgestaltet.

Do-it-yourself ?!

Doch wie kann man den Wert von Produkt- oder Unternehmensmarken feststellen, ohne einen hohen Betrag für aufwändige Untersuchungen investieren zu müssen? Ist das überhaupt möglich? Ja und Nein. Denn leider gibt es noch kein einheitliches, standardisiertes Verfahren zur Bestimmung des objektiven Markenwerts. Dies erschwert eine Bewertung ohne professionelle Hilfe durch externe Spezialisten. Doch brauchbare Ansätze zur pragmatischen Bewertung sind vorhanden und geben schnell eine gute, wenn auch grobe Hilfestellung zur Selbsteinschätzung. Zunächst ist festzuhalten, dass die zuvor genannten 50% Wertbeimessung am Unternehmenswert für mittelständische Unternehmen wohl etwas zu hoch gegriffen erscheint. Es sei denn, das Unternehmen nimmt in einer Marktnische eine marktbeherrschende Stellung ein und das Produkt- und/oder Leistungsportfolio ist ohne die eingeführte Marke als schwer oder gar nicht verkäuflich einzustufen.
Im Umfeld von Großunternehmen gab es 1998 einen prominenten Fall, den es in diesem Zusammenhang lohnt, zu erinnern. Die Übernahme von Rolls-Royce beherrschte damals die Schlagzeilen. BMW bekam den Zuschlag, wurde anschließend aber doch noch von VW ausgestochen. Im Rahmen der Verhandlungen von Rolls-Royce mit VW wurde dann schlichtweg vergessen, mit Vertragsabschluss und Kaufpreiszahlung die Markenrechte ebenfalls auf den neuen Eigentümer zu übertragen. Ein folgenschweres Versäumnis. BMW bestand darauf, rechtmäßiger Eigentümer der Markenrechte zu sein, bekam Recht zugesprochen und übernahm Rolls-Royce letztlich für vergleichsweise wenig Geld von VW zurück. Ein Rolls-Royce ist eben kein Rolls-Royce, wenn man ihn nicht so nennen darf! So viel zum Thema Marke und Wert im strategischen Unternehmensalltag.

Die wichtigsten Bewertungsansätze

Zurück zu den pragmatischen Bewertungsansätzen. Da ist zuerst einmal die Bewertung eines mit Hilfe der Marke im Markt höher durchsetzbaren Preises zu nennen, „Price-Premium“ genannt. Die Fragestellung hier lautet: „Welchen Preisaufschlag kann ich durch die Marke im Vergleich zu einem No-Name-Produkt am Markt erzielen.“ So lässt sich an Hand des erhöhten Umsatzes vereinfacht feststellen, welcher Mehrwert sich durch die Marke direkt generieren lässt.
Zusätzlich können durch die Allokation der Kosten, die zum Aufbau der Marke notwendig waren, weitere Wertzuschreibungen auf einfache Weise berechnet werden („Cost-based“). Die Marke wurde schließlich meist aufwändig entwickelt, als Wort- und/oder Bildmarke weltweit oder in einzelnen Ländern angemeldet, geschützt und durchgesetzt, gegen andere Marken verteidigt und abgegrenzt, in Imagekampagnen beworben und bekannt gemacht – alles direkte Kosten, die sich im Nachhinein gut feststellen lassen und die den Wert der Marke entsprechend erhöhen können. Über Jahre hinweg addieren sich diese Beträge ziemlich schnell zu mehreren Tausend EURO pro Marke, Land und Jahr.
Eine ergänzende Möglichkeit stellt der „License-based“-Ansatz dar. Falls Marken an Dritte lizenziert oder zur Nutzung freigegeben werden, kann man den Lizenzumsatz in diesen Fällen ebenfalls gut ermitteln und der Marke direkt zurechnen oder als kalkulatorischen Faktor in Berechnungen mit einfließen lassen. Man denke nur an die zahlreichen Franchise-Unternehmen wie McDonalds, Body Shop und ähnliche, die ohne Marke nicht oder nur schwerlich am jeweiligen lokalen Markt erfolgreich wären.
Ein weiteres, in der Praxis häufig zum Einsatz kommendes Modell basiert auf dem fachkundig geschätzten Gesamtwert der Marke und wird deshalb „Fair Value“ genannt. Hier stellt man sich die Frage: „Was würde es mich kosten, eine vergleichbare Marke im Markt neu aufzubauen und zu etablieren?“ Am zuvor genannten Beispiel Rolls-Royce oder der Neueinführung von Marken wie z. B. O2 kann man dies schnell in Millionenhöhe veranschlagen, im Mittelstand verbleiben dann zumeist mehrere hunderttausend EURO als festzusetzende Kostengröße.

Weitere Faktoren

Neben den rein monetären Ansätzen können aber auch weiche Erfolgsfaktoren, wie z. B. Image und Bekanntheitsgrad, die Markenpräferenz der Zielgruppe sowie die Kundenbindungsquote eine weitere wichtige Rolle bei der Markenbewertung spielen, vor allem, wenn vergleichbare Kennzahlen des Wettbewerbs vorliegen. Sind entsprechende Messverfahren im Unternehmen eingeführt und etabliert, lassen sich hiermit zusätzliche Werttreiber identifizieren, die insbesondere bei möglichen Fusionen und Akquisitionen eine wichtige Rolle spielen. Zur Vervollständigung seien noch das „Momentum Accounting“, das „Conjoint Measurement“, der „Tax Amortation Benefit“ sowie bei börsennotierten Unternehmen der „Stock-Exchange-Price“, sprich Aktienkurs als weitere Verfahren, bzw. Indikatoren genannt. Im Vergleich mit den zuvor erwähnten Modellen ist der Aufwand einer gut strukturierten Berechnung hier jedoch höher, wenn man signifikante Ergebnisse erhalten möchte. Daher werde ich an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen.

Fazit

Zur schnellen Orientierung empfiehlt sich vor allem dem Mittelstand, die Anwendung, bzw. sinnvolle Kombination der Modelle „Price Premium“, „Cost-based“, und „Fair Value“. So bekommt man als Unternehmer, Geschäftsführer oder Führungskraft ein gutes Gefühl über den inneren Wert der eigenen Marken und kann besser einschätzen, welche Investitionen in Marketing und Markenführung für die Zukunft als sinnvoll erscheinen.

Über den Autor:

Markus Goss ist Geschäftsführer der CHECKMARK GmbH, einer Unternehmensberatung für 360Grad-Denken mit Sitz in Baden-Baden. CHECKMARK hilft mittelständischen Technologie- und Dienstleistungsunternehmen mit reduziertem Zeit- und Kostenaufwand die Unternehmensziele besser zu erreichen, die Profitabilität nachhaltig zu erhöhen und neue Spitzenleistungen zu realisieren. Kontakt: m.goss@checkmark.de