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X-Branding

Der beliebteste Marken-Fachbegriff ist vermutlich „Branding“.
Was beliebt ist, wird gern in den Mund genommen.
Klaas Kramer | 05.02.2010
Es folgt eine ganz subjektive Verkostung, ohne Anspruch auf Definitionsallmacht.

What the f... is branding?

Branding wird im Deutschen gerne sehr lautmalerisch verstanden. Zwei Assoziationen sind besonders präsent:
1. Markenzeichen auf ein Produkt einbrennen wie z.B. Rindvieh, Tonkrug, Jutesack als Verpackung für Schüttgut.
2. Die Marke in den Gehirnen der Menschen einbrennen: Es ist von „Brandingkampagne“ die Rede, wenn mit Hilfe von Mediawerbung in recht kurzer Zeit eine hohe Markenbekanntheit erzielt werden soll.

Sinnvollerweise unterscheidet man im englischen Sprachraum „Trademark“ und „Brand“. 
So kommt man nicht so leicht zum Trugschluss, eine eingetragene Wortbildmarke wäre schon eine „Brand“. 
Das eine ist „Marke“ nach der juristischen Definition, das andere nach der Marketing-Definition. 
Mit Marketing haben es die Deutschen ja nicht so – kein Wunder bei der für viele abschreckend unattraktiven Sprache, die von Professoren, Beratern (mich eingeschlossen) und Managern praktiziert wird.

X-Branding steht für die zahlreichen zusammengesetzten Wortschöpfungen. 
Die folgende Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 
Hinweise und Vorschläge sind herzlich willkommen.

Corporate Branding

Beim Corporate Branding soll(t)en Erfolgsmuster vom Produktmarkenaufbau auf ganze Unternehmen übertragen werden. Die hohen Erwartungen, die in der Praxis an dieses Prinzip geknüpft waren, sind größtenteils enttäuscht worden. Die Hoffnung auf eine neue Einfachheit hat ein natürliches Grundprinzip offen gelegt: Beim Versuch, Komplexität zu reduzieren, wird neue Komplexität erzeugt, die mit den etablierten Instrumenten nicht beherrscht werden kann.
Unternehmen sind eben mehr als nur auf Zielgruppen bezogene Nutzenstifter, die den Spielregeln des Marktes folgen.
Inhaltlich werden nur wenige Unternehmen wirklich dem Anspruch einer Marke gerecht, unverwechselbar für einen einzigartigen Nutzen zu stehen. Stattdessen dominieren phrasenhafte Leitsätze und Mission Statements.
In den letzten zehn Jahren ist man schrittweise davon abgekommen, am integrierendem Anspruch des Corporate Branding herum zu doktern. Statt dessen greift man sich Zielgruppen heraus, nicht ohne den Anspruch aufzugeben, dass die Unternehmensmarke über alle Anspruchs-, Bezugs- und Zielgruppen hinweg ein konsistentes und kohärentes Gesicht haben müsse.

Internal Branding

Zielgruppe Mitarbeiter.
Es geht darum, den Mitarbeiter als ersten Markenbotschafter ernst zu nehmen. Früher hieß es, ein Corporate Design wirke „nach Innen“ und forme das Corporate Behavior. Heute ist bekannt, dass eine Konzentration auf das Visuelle zu wenig ist.
Bei Souveräne Markenführung gehen wir von der Prämisse aus, dass die lineare Planung nicht am Minimumfaktor des Internal Branding ansetzt:
1. Marke ist abc.
2. Ziel: Mitarbeiter hat im Kopf „Marke ist abc“.
3. Ziel: Mitarbeiter kommuniziert „Marke ist abc“.
4. Strategie, wie wir die Ziele 2.+3. erreichen.
5. Maßnahmen zur Umsetzung der Strategie unter 4.
6. Messung, ob mit Maßnahmen unter 5. die Ziele 2.+3. erreicht wurden.
7. Wenn ja, schön, wir messen vorsichtshalber nächstes Jahr noch einmal.
8. Wenn nein, wer ist schuld?, besser: „Gehe zurück zu Punkt 4“.
9. Manchmal auch: nein, aber wir können die Messergebnisse so hindrehen, dass es aussieht als hätten wir die Ziele erreicht.

Wer nur nach BWL-Schema beobachtet, wird nicht auf Anhieb sehen, dass die Prozessbeschreibung nicht die Praxis, sondern nur die administrative Planung der Praxis beschreibt.

Systemic Branding

Vereinzelt werden beim Internal Branding systemisch geschulte Prozessberater eingesetzt, deren Wirkung in der Regel höher ist, da sie sich auf die Dynamiken sozialer Systeme verstehen. 
Maßnahmen, bei denen die Mitarbeiter niedrigerer Hierarchiestufen in den Markenentwicklungsprozess einbezogen werden, haben nichts mit systemischer Praxis zu tun.
Die Systemtheorie ist eine hervorragende Brille, um blinde Flecken auszuleuchten; wie etwa den blinden Fleck, den BWL-Marketing und Markentechnik erzeugen, wenn es um nicht direkt beeinflussbare Zustände in und um die Marke geht.
Bislang war die systemische Praxis naturbedingt auf Organisationen (z.B. ein Betrieb) und Interaktionssysteme (anwesende Menschen z.B. in einem Workshop) beschränkt. Was eine Marke im Markt macht, darum haben sich Systemiker bislang wenig gekümmert.

Ist das alles?

Es gibt natürlich noch viel mehr zusammengesetzte Begriffe wie Personal Branding, Employee Branding oder Leadership Branding.
Dazu fällt mir aber nichts ein, was nicht schon andernorts hunderte Male geschrieben oder gesagt wurde. Gebt es doch einfach in einer Suchmaschine Eurer Wahl ein.