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Lebensqualität in Europa im Rückmarsch

Europaweit höchster Anstieg der wahrgenommenen Lebenshaltungskosten in Österreich.
Die Marketagent.com Europa-Trendstudie „Eyes-on-Europe“, die quartalsweise in 15 Ländern der D-A-CH- und CEE-Region mit knapp 7.000 Online-Interviews durchgeführt wird und wichtige Indikatorwerte zu Lebensqualität, sozialer Lage, Haltung gegenüber Wirtschaft und Politik sowie den Zukunftsoptimismus erhebt, zeichnet rückblickend ein trübes Bild des Jahres 2012 und des neuen Jahres 2013 in Europa. Zunehmende Einkommensungleichverteilung, steigende Lebenskosten und angespannte Lage am Arbeitsmarkt – die Zufriedenheit und Lebensqualität in Europa befindet sich auf einem leisen, aber stetigen Rückmarsch. Europaweit wächst der Pessimismus, vor allem unter den älteren Europäern. Die jungen Europäer sind noch zuversichtlich, sowohl was die Wirtschaft als auch ihre finanzielle Situation betrifft. In Österreich scheint die Welt noch in Ordnung zu sein, zumindest wenn es um die soziale Lage geht.

Leiser, stetiger Rückmarsch der Zufriedenheit und Lebensqualität in Europa

Die europäische Lebensqualität befindet sich seit Beginn der Messung Anfang 2012 auf einem leisen, aber stetigen Rückmarsch, so das Studienergebnis von Marketagent.com, einem der führenden Online Markt- und Meinungsforschungsinstitute im deutschsprachigen Raum. Haben Anfang 2012 noch 30,3 Prozent der Europäer die Lebensqualität im eigenen Land mit „sehr gut“ oder „gut“ befunden, so sind es aktuell nur noch 24,9 Prozent. Ebenfalls eine schwache, aber anhaltende Tendenz nach unten zeigt sich bei der allgemeinen Lebenszufriedenheit in Europa. Überdurchschnittlich stark gesunken ist sie in Italien, nämlich um fast 20 Prozent im Laufe eines Jahres. Waren zu Beginn 2012 noch zwei Drittel der Italiener mit ihrem Leben glücklich (Q1 2012: 64,9%), so ist es aktuell nur noch jeder Zweite (Q4 2012: 53,3%).

Im europäischen Vergleich lebt es sich derzeit in der D-A-CH-Region sowie in den Niederlanden am besten. Wie in vielen europäischen Ländern verzeichnet allerdings auch die Lebenszufriedenheit in Österreich seit Anfang 2012 einen schleichenden Rückgang - auf hohem Niveau wohlgemerkt. Österreich weist derzeit zwar nach den Niederlanden die zweithöchste Lebenszufriedenheit auf, hat seit Anfang 2012 jedoch den vorläufigen Tiefstwert erreicht (Q3 2012: 84,9%; Q4 2012: 80,5%). Die Studie macht zudem deutlich, dass Österreich europaweit den höchsten Anstieg der wahrgenommenen Lebenshaltungskosten verzeichnet. Dass man für das Leben in der Alpenrepublik heute deutlich tiefer in die Tasche greifen muss als noch vor einem Jahr, meint jeder dritte befragte Österreicher (31,9%). In Deutschland liegt der Anteil nur bei 18,3 Prozent.

Einkommensschere und Arbeitsmarkt-Situation machen Europäer pessimistisch

„Nicht nur Wirtschaft und Politik stimmen die Europäer zunehmend missmutiger, auch der Arbeitsmarkt und die Einkommensschere werden europaweit kontinuierlich angespannter wahrgenommen“, resümiert Thomas Schwabl, Geschäftsführer von Marketagent.com, die Studienergebnisse. So beschreiben acht von zehn Europäern die derzeitige Jobsituation im eigenen Land als schwierig (80,2%). Neun von Zehn empfinden große Einkommensunterschiede zwischen Arm und Reich (90,1%). „Besonders die älteren Generationen in Europa verlässt der Optimismus. Sie spüren die Einkommensschere besonders stark“, erklärt Thomas Schwabl.

Dementsprechend niedrig fallen europaweit die Vertrauenswerte in Politik, Wirtschaft und Banken aus, vor allem unter den älteren Menschen in Europa. Derzeit schenkt nur jeder achte Europäer den heimischen Banken und Finanzdienstleistern Vertrauen (12,2%), bei den 50-Plus-Jährigen gar nur jeder Elfte (9,1%). Noch trister schaut es bei der Politik aus. Hier signalisieren aktuell nur 5,4 Prozent Vertrauen in die Volksvertreter. Einigermaßen zufrieden zeigt man sich nur in der Schweiz und in den Niederlanden. In der Schweiz ist das Vertrauen in die Finanzdienstleistungs-Institutionen nahezu doppelt (AT: 15,8%; CH: 28,6%), in die Politik sieben Mal so groß wie in Österreich (AT: 3,4%; CH: 24,4%).

In der D-A-CH-Region erlebt man die Wirtschaft vergleichsweise florierend

Auch die Situation der heimischen Wirtschaft wird derzeit in Europa tendenziell negativer beurteilt als noch vor einem Jahr. Aktuell halten 60 Prozent der Europäer die Wirtschaftslage im eigenen Land für schlecht. Im ersten Quartal 2012 waren es 55,6 Prozent. Die Wirtschaft in der D-A-CH-Region wird dagegen vergleichsweise florierend erlebt. So glauben 41,7 Prozent der Österreicher an eine positive Wirtschaftslage. In Serbien, Ungarn, Kroatien und Italien liegt der Wert jeweils unter 5 Prozent. Auch die Einstellung gegenüber dem EURO zeigt im 4. Quartal 2012 europaweit einen Tiefstwert. Nur noch jeder dritte Europäer steht aktuell hinter der Gemeinschaftswährung (32,0%), lediglich in Bulgarien steht der EURO innerhalb der Bevölkerung hoch im Kurs (50,6%). Dementsprechend groß ist auch der Wunsch nach politischen Reformen quer über Europa (63,7%), vor allem bei den älteren Menschen. Besonders stark ausgeprägt ist der Ruf nach einem Umbruch in der Tschechischen Republik. 85,3 Prozent der Tschechen wünschen sich aktuell laut Umfrage-Ergebnis Veränderungen im eigenen Land.

In Österreich scheint die Welt noch in Ordnung zu sein

In Österreich scheint die Welt im europäischen Vergleich noch in Ordnung zu sein, zumindest wenn es um die soziale Lage geht. Die Stimmung hinsichtlich Bildungs- und Jobchancen ist im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern sehr gut. Jeder fünfte Österreicher empfindet es einfach, hierzulande einen Job zu finden (20,6%) und mehr als drei Viertel beschreiben die Ausbildungsmöglichkeiten in Österreich als eher bis sehr gut (76,7%). Auch bei der Einkommensschere, also der Kluft zwischen Arm und Reich, liegt Österreich deutlich unter dem europäischen Schnitt, wobei die Stimmung mit 82,6 Prozent empfundener Ungleichverteilung dennoch Signalwirkung hat.

Zwar ist die Ablehnungshaltung in Europa gegenüber Immigranten seit Anfang 2012 leicht im Sinken begriffen („sehr/eher positive Einstellung gegenüber Zuwanderern“ Q1 2012: 25,1%; Q4 2012: 31,4%), Österreich hinkt hier aber leider immer noch massiv hinterher (Q4 2012: 17,7%). Für die Alpenrepublik bedeutet dies in Summe einen gedrückten Rang beim Fairness-Index, der die wichtigsten Indikatorwerte zur sozialen Lage kumuliert. Österreich schafft es hier mit 45,5 von 100 möglichen Punkten lediglich ins Mittelfeld.

Junge Menschen in Europa schauen zuversichtlich in die Zukunft

Die jungen Menschen zeigen sich mit den derzeitigen Entwicklungen in Europa zwar nicht zufrieden, schauen aber trotz gestiegener Jugendarbeitslosigkeit in den letzten Jahren im Großen und Ganzen zuversichtlich in die Zukunft. Das Vertrauen in die europäische Wirtschaft ist unter den Jungen zwar ebenfalls gedrückt, dennoch eineinhalb Mal so groß wie jenes des Durchschnitts-Europäers (Sample Total: 16,3%; 14-19 Jahre: 25,3%; 20-29 Jahre: 25,3%). Auch sieht mehr als jeder zweite europäische Jugendliche seiner finanziellen Zukunft optimistisch entgegen (Top-2-Box „sehr/eher optimistisch“: Sample Total: 32,0%; 14-19 Jahre: 52,9%; 20-29 Jahre: 47,8%).“

Studiensteckbrief

* Methode: Computer Assisted Web Interviews (CAWI)
* Instrument: Online-Interviews über die Marketagent.com reSEARCH Plattform
* Erhebungszeitraum: 14.12.2012 – 25.12.2012
* Respondenten: web-aktive Personen zwischen 14 und 69 Jahren aus 15 Ländern
* Länder: AT, DE, CH, IT, FR, CZ, HU, HR, RS, SI, SK, BG, PL, BE, NL
* Stichprobengröße: n = 6.895 Netto-Interviews, Random Selection nach Quoten
* Umfang: 32 geschlossene Fragen