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Chancen und Hemmnisse im Online-Lebensmittelhandel

63 Prozent der Discounter-Kunden können sich vorstellen, Lebensmittel im Internet zu bestellen. Bei allen anderen überwiegen die Vorbehalte.
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Im Onlinebereich liegt großes Potenzial, obwohl der Marktanteil derzeit noch sehr klein ist. Die Hemmschwelle, im Internet Lebensmittel zu bestellen ist groß: Lediglich 14 Prozent der Deutschen haben schon einmal einen Online-Supermarkt genutzt. Doch die Internetkunden zeigen sich mit dem genutzten Angebot überraschend zufrieden. Dies zeigen die Ergebnisse der Studie „Aldi meets Amazon“ des internationalen Marktforschungs- und Beratungsinstituts YouGov, die in Deutschland, den USA und Großbritannien durchgeführt wurde.

Den digitalen Wandel beschleunigen wird ausgerechnet eine Gruppe, die bislang für Discounter besonders wichtig war: die „preisorientierten Kunden“. In dieser relativ großen Gruppe (39 Prozent der Käufer ab 18 Jahren) ist die Wahrscheinlichkeit besonders hoch, dass Kunden zukünftig ins Onlinegeschäft abwandern. Etwa zwei Drittel (63 Prozent) von ihnen geben an, dass wenn das Einkaufen irgendwo anders schneller und einfacher ist, sie das Geschäft wechseln. Sie achten auf Schnäppchen – verfügen aber dennoch über eine hohe Kaufkraft. „Noch ist diese Kundengruppe aufgrund ihrer Preissensibilität die ideale Zielgruppe von Discountern. Doch die Erfahrung zeigt, dass ‚Online‘ in vielen Produktkategorien preisführend ist. Das wird bei Lebensmitteln perspektivisch ähnlich sein, zumindest bei haltbaren Produkten. Die Wachstumsraten für den Internetvertriebsweg wird das deutlich anheizen.“, sagt Markus Braun, Head of Business Unit Reports bei YouGov.

Von einem digitalen Erfolg ist der Lebensmitteleinzelhandel allerdings noch weit entfernt: Bei Nicht-Nutzern und auch bei den Nutzern selbst gibt es noch zahlreiche Hürden, die das Wachstum hemmen. Zu der größten Hürde der Nicht-Nutzer von Online-Supermärkten zählt mit 75 Prozent, dass die Ware vor dem Kauf nicht betrachtet oder geprüft werden kann. An zweiter Stelle folgt mit 60 Prozent das fehlende Vertrauen in die Qualität der Waren (z. B. frisches Gemüse, Tiefkühlkost). Weitere Hürden sind zu hohe Versandkosten (52 Prozent) oder eine zu große Umweltbelastung durch zusätzliche Transportwege oder Verpackungsmüll (45 Prozent). Bei den Nutzern liegen die hohen Versandkosten (46 Prozent) hinter der fehlenden Prüfmöglichkeit der Ware (52 Prozent) sogar auf dem zweiten Platz.

Neben der preisorientierten Kundengruppe wird auch noch eine zweite Zielgruppe eine Schlüsselrolle im Wandel der Handelslandschaft spielen: die „anspruchsvollen Käufer“. Sie machen 27 Prozent der Käufer aus und legen besonderen Wert auf Qualität und Markenprodukte – sie sind bereit, für eine gute Leistung mehr auszugeben und somit essenziell für eine gute Marge. Die Anspruchsvollen sind die große Zukunftschance für Supermärkte – ihnen sind gerade Frische und ein ansprechendes Ambiente wichtig, was stationäre Konzepte sehr gut erfüllen können.

Um herauszufinden, wie der digitale Wandel erfolgreich gestaltet werden kann, wurden in der Studie die Ansprüche und Bedürfnisse der Verbraucher in den Mittelpunkt gestellt. Über die beiden untersuchten Kundengruppen hinweg sind den Verbrauchern in Deutschland beim Lebensmitteleinkauf nach eigenen Angaben Qualität bzw. Frische mit 48 Prozent am wichtigsten. Der Preis folgt mit 33 Prozent an zweiter Stelle. Ein tieferer Einblick in die Ergebnisse der Studie zeigt auch, dass nicht nur Preis und Qualität der Produkte eine Rolle spielen, sondern auch die Einkaufsstätte selbst. So ist etwa jedem Zweiten (48 Prozent) die Freundlichkeit des Personals wichtig, 62 Prozent legen Wert auf kurze Warteschlangen an der Kasse. Auf der anderen Seite unterscheiden sich die Kunden hinsichtlich ihrer Lebensweise: So achten beispielsweise 45 Prozent der Deutschen bei Produkten auf den Zuckergehalt, ein Drittel (33 Prozent) legt Wert auf Produkte der Saison. Vor diesem Hintergrund wird zukünftig eine Differenzierung und Fokussierung auf bestimmte Zielgruppen für Lebensmitteleinzelhändler erfolgsentscheidend sein.


Für die Studie wurde auf die 100.000 Datenpunkte umfassende YouGov-Datenbank zugegriffen, für die im Jahresverlauf 70.000 Deutsche kontinuierlich repräsentativ befragt werden. Kombiniert wurde die Analyse mit einer zusätzlichen bevölkerungsrepräsentativen Befragung von 2.097 Personen (+18), die vom 19.09. bis 26.09.2017 durchgeführt wurde.