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Diversity-Marketing als Verkaufsargument in „Barbie“

Mattel nutzt Diversity-Marketing aber nicht erst seit dem Kinofilm.
Diversity-Marketing als Verkaufsargument in „Barbie“ © Pixabay / TerriC
 

Der Kinosommer 2023 war pink und stand ganz im Zeichen von „Barbie“. Die Komödie sollte trotz feministischer Anklänge aber nicht als Gesellschaftssatire, sondern vielmehr als „Markenfilm“ gelesen werden, sagt Marketingprofessor Dr. Oliver Vogler von der International School of Management (ISM). Denn mittels des gezielten Einsatzes von Diversity-Marketing gelingt es dem Streifen, die einst umstrittene Marke „Barbie“ als divers und inklusiv in Szene zu setzen.

 

„Barbie“ hat geschafft, wovon Filmstudios und Spielzeughersteller träumen: Der quietschbunte Spielfilm wurde zum popkulturellen Massenereignis des Kinosommers 2023 und ließ die Verkäufe der kultigen Plastikpuppen von Mattel in die Höhe schnellen. „Als Gesellschaftssatire funktioniert der Film, trotz ein paar gelungener Gags, im Grunde nicht. Als Werbefilm für eine Marke funktioniert „Barbie“ dagegen perfekt,“ sagt Hochschullehrer Dr. Oliver Vogler von der International School of Management (ISM). „Mattel zieht mit dem Film alle strategischen Register, um die Marke bei den Zuschauerinnen als divers und inklusiv zu bewerben.“

 

Die Weichen für die Neuausrichtung der Marke wurden bereits 2015 – nach einer Periode sinkender Verkaufszahlen – gestellt, als Barbie erstmals in drei unterschiedliche Körpertypen und mit einer größeren Vielfalt an Hauttönen lanciert wurde. 2017 wurde das Prinzip mehrerer Körpertypen auch auf Barbies Freund Ken ausgeweitet, inzwischen sind auch Barbies im Rollstuhl oder mit Downsyndrom erhältlich. Die zentrale Rolle von Diversity-Marketing lässt sich auf der Website von Mattel einfach nachvollziehen. Der Spielzeughersteller zeichnet hier die Entwicklung von der stereotypen Superblondine hin zu „35 Hauttypen, 97 Frisuren, 9 Körperformen und mehr“ prominent nach und feiert sich selbst und die neue diverse Barbiewelt mit Slogans wie „We are Barbie“ sowie „Unser Weg zu Vielfalt“.

 

Die neue Diversität des Barbie-Universums steht folglich auch im Kinofilm im Zentrum. „Der Film will trotz feministischer Anklänge nicht polarisieren, sondern in erster Linie die Marke für sämtliche Zielgruppen als divers positionieren. Die ironischen Reflektionen der eigenen Geschichte unterstreichen die Neuausrichtung und spielen gleichzeitig mit dem Nostalgiefaktor der stereotypen Barbie,“ so Oliver Vogler.

 

Wie konsequent der Barbie-Film Diversity-Marketing nutzt, lässt sich anhand eines zweidimensionalen Modells nachweisen, welches von Marketingexperte Oliver Vogler für den Bereich des Diversity-Marketings entwickelt wurde. Dabei werden die Dimension der Adressaten sowie die Dimension der Inhalte berücksichtigt: „Diversity-Marketing beschreibt eine Marketingstrategie, welche zum Ziel hat, eine vielfältigere Zielgruppe oder sogar die ganze Gesellschaft anzusprechen. Auf der Inhaltsebene wird Diversität durch Personen, Symbole oder Botschaften sichtbar gemacht. Darüber hinaus kann Diversität selbst „zum Thema werden“, indem sich Marken mit produktunabhängigen Inklusionsthemen, wie die Gleichberechtigung der Geschlechter, beschäftigen.

 

Das Fazit des Marketingprofessors: Im zweidimensionalen Diversity-Modell schneidet der Film außerordentlich hoch ab: „Der Barbie-Film macht inhaltlich Diversität klar zum Thema, etwa wenn Teenager Sasha in der realen Welt das Körperideal der klassischen, „stereotypen“ Barbie als rassistisch und sexistisch anprangert und als Ursache für weibliche Körperkomplexe nennt. Zudem adressiert der Film mit einer äußerst diversen Besetzung der Barbies und Kens bewusst eine vielfältigere Zielgruppe.“ Der Barbiefilm lässt dazu die Themen Emanzipation, sozialer Status und Ethnizität anklingen. Als Beispiele hierfür sind im kunterbunten Barbieverse etwa die Darstellung der Barbies als die besitzende Klasse in Barbieland zu nennen, sowie der misslungene Versuch der Kens, die vorherrschende Ordnung mit der Einführung des Patriarchats zu stürzen. Alter, sexuelle Orientierung oder Religion spielen dagegen kaum eine Rolle im kunterbunten Barbieverse.

 

Nicht die dünne Handlung, sondern vielmehr die Art und Weise, wie Diversity als Kernbotschaft des Films eingesetzt wird, sei demnach aus Marketingsicht bemerkenswert: „Barbie agiert nicht mit der Moralkeule, sondern spielt ironisch mit Geschlechter-Klischees, ohne jemals ernsthaft in die Materie einzutauchen oder Barbies Produktionsgeschichte aus dem Haus Mattel allzu kritisch zu beleuchten.“ Damit gelingt „Barbie“ sein eigentliches Meisterstück, nämlich trotz massivem Productplacement und zahlreichen Werbekooperationen nicht als Marken- und Produktfilm, sondern als kurzweilige Unterhaltung wahrgenommen zu werden. „Barbie“ ist damit der vorläufige Höhepunkt einer langen Reihe kommerziell erfolgreicher Produktfilme wie „Transformers“ oder „the Lego Movie“, welche das Kino als gigantische Werbefläche nutzen. Dabei beschränkt sich „Barbie“ nicht mehr darauf, Product-Placement als integraler Bestandteil der erzählten Geschichte zu betreiben, sondern darüber hinaus auch die beworbene Marke neu als „inklusiv“ und „divers“ zu positionieren.