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Internationale Studie zur Preiswahrnehmung

Deutsche Händler mit wirkungslosen Preismaßnahmen.
Die vierte OC&C-Preisstudie liefert einen Lagebericht zu Preisposition und -wahrnehmung von 190 führenden Händlern aus fünf Ländern und sieben Branchen. In Summe flossen mehr als 60.000 Verbraucherbeurteilungen in die Auswertung ein. Die Studie zeigt: Viele Anbieter tun sich mit einer klaren Preispositionierung schwer und werden dafür von Kunden abgestraft. Weitere Ergebnisse sind:

• Media Markt, Praktiker und C&A haben Schwierigkeiten, den Kunden die realen Preisvorteile
zu vermitteln – Media Markt erstmals günstiger als der Marktschnitt

• Lidl, Deichmann und Takko dagegen gelingt es, trotz unveränderter Preise vom Kunden deutlich
günstiger wahrgenommen zu werden

• Viele Preismaßnahmen verpuffen, denn Verbraucher bemerken die Preisunterschiede gar
nicht oder nur verzögert

• Schon bei kleinen Preisnachlässen kaufen immer mehr Deutsche im Internet ein.

Die Preiswahrnehmung der Verbraucher weicht von den realen Preisen deutlich ab, wie die aktuelle OC&C-Preisstudie 2010/2011 beweist. Vor allem während der Krise haben Anbieter wie Praktiker und Media Markt versucht, ihre Marktposition durch Preissenkungen zu stärken. Noch 2007 lag die Preispositionierung beider Unternehmen um vier bis fünf Prozent über dem Wettbewerb – mittlerweile
liegen sie darunter, Media Markt sogar um 4,8 Prozent. Trotz dieser aggressiven Preisnachlässe haben beide Unternehmen Kunden verloren, weil diese die Preisreduzierung nicht wahrgenommen haben.

Auf der anderen Seite haben sich etwa Edeka und H&M nachhaltig in höhere Preispositionen vorgearbeitet. Lag Edeka 2007 noch 9,2 Prozent über dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH)-Schnitt, so sind es heute bereits 13,9 Prozent. Ähnliches gilt für die Preisposition von H&M: 2007 befand sich H&M noch deutlich zweistellig unter dem Wettbewerb, 2009 war das Unternehmen dann nur noch knapp unterhalb des Marktschnitts.

„In der Krise mussten selbst führende Anbieter ihre Preise korrigieren. Einseitige Preismaßnahmen sind
allerdings gefährlich. Denn wichtiger als Reduzierungen und Preiskampagnen ist eine kluge Preisstrategie.
Ohne diese verpuffen viele Aktionen der Händler unbemerkt und schädigen im schlimmsten Fall sogar das Geschäftsmodell“, fasst Christian Ziegfeld, der für die Studie verantwortliche Partner bei OC&C, die Ergebnisse zusammen.

Die Studie belegt, dass sich Preisveränderungen vieler Händler – sei es die tatsächliche Preisstellung oder lediglich die Preiskommunikation – meist erst nach zwei bis drei Jahren in der Konsumentenwahrnehmung niederschlagen. Dabei wirken sich Preissteigerungen stets stärker auf die Preiswahrnehmung aus als Preisreduktionen. H&M beispielsweise steuert seit 2010/2011 Preissteigerungen wieder entgegen, weil sich diese mittlerweile negativ auf die Umsätze auswirken. Der Kunde honoriert Klarheit: Lidl, Deichmann und Takko schneiden besonders gut ab
Die Studie zeigt, dass es Media Markt, Praktiker, C&A und Obi trotz deutlich verbesserter Preisposition nicht gelungen ist, die Kundenwahrnehmung entsprechend positiv zu beeinflussen. Die Anbieter werden deutlich
teurer wahrgenommen, als sie sind. Die Preisinvestitionen sind damit in weiten Teilen wirkungslos geblieben.

Ein ähnliches Bild ergibt sich mit Blick auf P&C, Real und Görtz. Lidl, Deichmann und Takko dagegen
wurden im gleichen Zeitraum, trotz eines nahezu unveränderten Preisniveaus, vom Kunden deutlich günstiger wahrgenommen. Bei Takko liegen die Gründe dafür in einer erfolgreichen Revitalisierung des Angebotskonzepts und einer deutlich verbesserte Sortimentsstruktur. Für Deichmann macht sich die konsequent fortgesetzte Preisstrategie mit für den Kunden klar verständlichen Preisstufen (z.B. 12,95€, 14,95€ und 19,95€) bezahlt.
„In vielen Sortimentsbereichen bauen sich die Preise in einer „good, better, best“-Logik auf. Der Kunde erkennt hier klar die Auswahl und den wahrnehmbaren Mehrwert höherer Preisstufen. Vor diesem Hintergrund beurteilt er die allgemeine Preisposition sehr positiv“, so Christian Ziegfeld zum Erfolgsrezept einiger Händler.
Dass klare, nachvollziehbare und langfristig angelegte Preismaßnahmen größeren Erfolg versprechen als kurzfristige Preisaktionen zeigt das Negativbeispiel Praktiker. Viele Jahre hat der Baumarkt Preisaktion an Preisaktion gereiht und steht nun vor massiven Problemen. Die intensiv genutzte „20 Prozent auf alles, außer Tiernahrung“-Aktion hatte zwar einen positiven Einfluss auf die Preiswahrnehmung der Kunden, belastete durch die einseitige Positionierung über das Thema (Aktions-)Preis aber das Geschäftsmodell. Die anfänglich
stark frequentierten 20 Prozent-Aktionen (der Umsatz lag zum Teil bei 300 Prozent eines normalen
Tages) sorgten dafür, dass Kunden die Praktiker-Baumärkte außerhalb der Aktions-Zeiträume mieden. In
der Konsumentenwahrnehmung hat die Marke unter den Preisaktionen gelitten und das Unternehmen in
eine schwierige Position innerhalb der deutschen Baumarkt-Branche gebracht. Ob es Praktiker nun gelingt,sich mit seiner deutlich „beruhigten“ Preisstrategie mittelfristig ein positives Preisimage zu erarbeiten, bleibt indes abzuwarten.

Online-Handel: Deutsche Verbraucher sind mit vergleichsweise geringem Preisvorteil zufrieden
Die Studie räumt mit dem Vorurteil von Deutschland als Entwicklungsland in punkto Online-Handel auf.
Deutsche Konsumenten sind sich branchenübergreifend erstaunlich einig: 12 Prozent Preisvorteil würde sie
zu einem Wechsel vom stationären zum Online-Handel motivieren. Damit liegt Deutschland etwa gleichauf
mit den Niederlanden und Großbritannien. Französische Konsumenten gaben 16 Prozent Preisvorteil als Motivation für den Kanalwechsel an, amerikanische Verbraucher erwarten einen Vorteil von über 19 Prozent.Vor allem im Textil- und Schuhbereich haben deutsche Verbraucher ihren internationalen Kollegen eine Nasenlänge voraus. Deutschland verfügt über eine ähnlich professionelle Struktur der Online-Anbieter wie
Großbritannien und konnte die Stärke des textilen Distanzhandels online übertragen. Doch nicht nur etablierte Versandhändler locken die Konsumenten in den Online-Kanal. Auch führende Markenhersteller wie Espirit haben überzeugende Angebote entwickelt. Zudem wurde viel in innovative, reine Online-Konzepte investiert.
Marketingkampagnen haben die Markenbekanntheit des Schuh- und Modespezialisten Zalando innerhalb
kürzester Zeit in die Höhe schnellen lassen.
Der Online-Wettbewerb hat zunehmenden Einfluss auf die Offline-Preis- und Sortimentsplanung. Dies zeigt
sich deutlich in veränderten Preisstrategien. Der Preis bleibt zwar weiterhin ein Argument für den Onlinekauf,aber mit der Weiterentwicklung des Kanals wird sich das Thema differenzieren.
„Der Preis alleine garantiert nie den Erfolg – weder online noch offline. Vor allem aber wird die Bedeutung des Preises für das Online-Geschäft überschätzt. Um in den kommenden Jahren erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen einen Multikanal-Ansatz entwickeln“, so Ziegfeld.

Digital in die Zukunft

Der deutsche Einzelhandel ist traditionell durch einen sehr starken Preiswettbewerb geprägt. Die Finanzkrise hat 2009 in vielen Bereichen zu steigendem Preisdruck geführt. Zudem beeinflusst in einigen Branchen der zunehmende Online-Wettbewerb die Preise führender Anbieter. Für den zukünftigen Erfolg von Preisstrategien ist es wichtig, die Auswirkungen und besonderen Anforderungen des zukünftigen Multichannel-Umfelds systematisch zu berücksichtigen. Der steigende Onlineanteil, die weitgehende Preistransparenz und die Tatsache, dass immer mehr Verbraucher den Online- und Offline-Kanal im Kaufentscheidungsprozess parallel
nutzen, werden die Preis- und Angebotsstrategie grundlegend verändern.

„Die neuen Rahmenbedingungen erfordern eine weitere Professionalisierung von Preismanagement und
wandeln die Erfolgsfaktoren im Markt. Der aktuelle Aufschwung bietet ideale Voraussetzungen, um existierende Preispotenziale kurzfristig zu heben und sich mit einer optimierten Preisstrategie nachhaltig für eine erfolgreiche Zukunft zu rüsten“, so Christian Ziegfeld mit einem abschließenden Rat an die Unternehmen.