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Studie: Klassische Medienmarken im Internet mit Nachholbedarf

Noch immer haben viele Medienhäuser Probleme, ihre bewährten Offline-Angebote in die digitale Welt zu überführen.
Bei den Print-Titeln Der Spiegel weiter führender „Transformator“ – Bild holt auf Schleppende Online-Transformation bei TV Sendern Bei Zeitungen Online-Reichweite bereits teilweise höher als Printreichweite Ausgeprägte Online-Affinität der Leser/ Nutzer in den Segmenten Computer, Wirtschaft und Nachrichten, schwache Online-Performance der Print-Titel im Segment Women & People Springer und Burda weiterhin führend beim Online-Reichweitenanteil – Bauer Verlag abgeschlagen


Hamburg, 12. November 2009. Die internationale Strategieberatung OC&C Strategy Consultants hat auch 2009 wieder die On- und Offline-Reichweiten etablierter Marken privater Verlage und Fernsehsender analysiert. Je höher dabei die Online-Reichweite einer Print- oder TV-Marke im Vergleich zur Offline-Reichweite ist, desto besser ist die Transformation ins Internet gelungen.* Die Ergebnisse der Studie „Offline versus Online“ zeigen: Die meisten Marken erreichen ihr Publikum nach wie vor überwiegend offline. Allerdings gelingt es vielen Print- und TV-Angeboten 2009 besser als noch vor einem Jahr, die Leser/ Nutzer auch für ihre jeweiligen Online-Angebote zu begeistern. Insbesondere Titel aus den Segmenten Computer, Wirtschaft und Nachrichten erreichen Leser/ Nutzer mittlerweile zu einem großen Teil im Internet.



„Die Digitalisierung schreitet voran – mittlerweile gibt es diverse traditionelle Medienmarken, die bereits eine ähnlich große Nutzerschaft online erreichen wie über ihren ursprünglichen Kanal. Die wirklich erfolgreichen Marken und Medienhäuser schaffen die Online-Ausweitung dabei sogar, ohne Relevanz auf den angestammten Märkten Print und TV einzubüßen“, fasst Michael Rzesnitzek von OC&C Strategy Consultants die Erkenntnisse der Studie zusammen.



Viele Printmarken und Verlagshäuser tun sich mit der Transformation ihrer traditionellen Medienmarken ins Netz aber immer noch schwer. Dabei mangelt es vielfach sowohl an einer konsequenten Strategie als auch an der operativen Exzellenz in der Umsetzung.



Fast alle Print-Champions sind online schwächer als offline

Von den zehn reichweitenstärksten Print-Titeln erzielt einzig das Nachrichtenmagazin Der Spiegel mit einem Online-Anteil von 48 Prozent fast ein Gleichgewicht zwischen Off- und Online-Reichweite. Etwas abgeschlagen folgt Focus mit einem Online-Anteil von 40 Prozent. Das Münchner Nachrichtenmagazin hat – mit Blick auf die „Gesamtreichweite“ (Print und Online addiert) – allerdings knapp drei Millionen Leser/Nutzer weniger als die Hamburger Konkurrenz vom Spiegel. Die Bild-Zeitung erhöht ihre Online-Reichweite auf 32 Prozent. Mit schwacher Online-Präsenz zeigen sich neben den Fernsehzeitschriften TV14 (1%) und TV Spielfilm (8%) die Springer-Titel Bild der Frau (2%) und Sport Bild (7%). Keine Überraschung ergibt sich mit Blick auf die junge, internetaffine Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen: Die zehn reichweitenstärksten Print-Titel erreichen hier ausnahmslos mehr Online-User als in ihren anderen Zielgruppensegmenten. Innerhalb dieser Zielgruppe erreicht der Spiegel heute bereits mehr Leser mit dem Online-Angebot (57%) als mit der Print-Ausgabe.



Thematische Gewinner: Computer, Wirtschaft und Nachrichten

Im Vergleich der thematischen Segmente gibt es drei klare Gewinner: Bei Wirtschaftsmedien und Zeitungen kommen die Online-Reichweiten mit 46 Prozent bzw. 45 Prozent den klassischen Print-Pendants schon sehr nahe. Die Computer-Angebote erreichen bereits heute mehr Menschen online als über Print-Produkte. Der durchschnittliche Anteil der Online-Reichweite an der „Gesamtreichweite“ liegt hier 2009 bei 60 Prozent – kein anderes Segment ist online stärker. Während die Online-Angebote der Zeitungen 2,2 Millionen Leser hinzugewinnen konnten, waren es im Bereich Computer sogar 3,3 Millionen. In allen anderen Segmenten bleiben die Online-Angebote hinsichtlich der Reichweite aber noch deutlich hinter den Print-Versionen zurück.



Thematische Verlierer: Women & People, Programmies und Jugend

Zu den Verlierern der Transformationsanalyse gehören neben Ratgeber-Angeboten mit einem Online-Anteil von 18 Prozent insbesondere die Segmente Women & People, TV-Zeitschriften sowie die klassischen Jugendtitel. Den geringsten Online-Anteil aller untersuchten Segmente weisen auch in diesem Jahr die Titel aus dem Sektor Women & People aus. Freundin, Glamour, Vogue und Co. ziehen durchschnittlich nur 9 Prozent ihrer Leser ins Internet. Und selbst der Online-Anteil von Gala, dem erfolgreichsten Medium im Feld, ist mit 19 Prozent bescheiden.



„Eine erweiterte Analyse des Segments macht deutlich, dass die drei stärksten Player reine Webangebote sind. goFeminin.de, fem.de und glam.de haben jeweils mindestens doppelt so viele Online-User wie die erfolgreichste klassische Print-Marke Brigitte“, erklärt Andreas von Buchwaldt von OC&C die großen Herausforderungen für die klassischen Medienmarken.



Ähnlich ist die Situation bei den Jugendtiteln. Die internetaffinen Jugendlichen zeigen den Online-Versionen traditioneller Marken die kalte Schulter – deren Online-Reichweite liegt bei durchschnittlich 13 Prozent. Auch den klassischen Marken aus dem Bereich Programmies gelingt es mit durchschnittlich 11 Prozent Online-Anteil kaum, die Leser ins Internet zu ziehen. Mit Ausnahme von TV Spielfilm haben alle TV-Titel sogar an Gesamtreichweite verloren.



Verlage: Springer und Burda führende „Transformatoren“, Bauer abgeschlagen

Axel Springer und Burda sind mit Blick auf die Online-Transformation unter den Verlagen die Erfolgreichsten. Der Online-Anteil an der „Gesamtreichweite“ der traditionellen Marken liegt bei beiden Verlagshäusern bei rund einem Drittel. Die positive Entwicklung bei Springer geht insbesondere auf das Konto von Bild.de. Die Seite hat im vergangenen Jahr 1,2 Millionen User hinzugewonnen. Bei Burda tragen die Computerzeitschrift CHIP mit insgesamt 7,3 Mio. Lesern (81% Online-Anteil) sowie Focus mit 8,9 Mio. Lesern (40% Online-Anteil) wesentlich zum guten Ergebnis bei. Einen wichtigen Schritt in Richtung Online-Transformation hat die WAZ-Gruppe mit dem Portal DerWesten.de gemacht. Der Online-Anteil der Medien aus dem Bauer Verlag ist zwar gestiegen, bietet mit 8 Prozent aber noch immer reichlich Potenzial. Unter den klassischen Zeitungsverlagen ist die Süddeutsche Zeitung stark gewachsen. Mit einem Online-Anteil von inzwischen 72 Prozent hat sie die Frankfurter Allgemeinen Zeitung (66%) hinter sich gelassen.



TV-Sender: Nur ProSieben und RTL mit nennenswertem Erfolg

Der Online-Ausbau der TV-Marken läuft insgesamt schleppend. Wie schon im vergangenen Jahr, gelingt ProSieben die Transformation ins Internet mit einem Online-Anteil von gut einem Viertel der insgesamt 22,7 Millionen Zuschauer noch am besten. RTL kann trotz größter „Gesamtreichweite“ nicht mithalten: Zwar wächst der Online-Anteil leicht um 0,1 Prozent im Vergleich zu 2008, doch insgesamt erreicht RTL erneut nur 21 Prozent seiner 30,8 Millionen Nutzer online. SAT1 kommt bei insgesamt 22,4 Millionen Nutzern immerhin noch auf einen Online-Anteil von 9 Prozent während Vox, Kabel 1 und RTL II maximal 5 Prozent der Nutzer online erreichen.



„Die Transformation bestehender Marken und deren Monetarisierung sind wichtige Bausteine für den Erfolg – aber für die Herausforderungen der Zukunft wird ein Medienhaus nur dann gerüstet sein, wenn es auch in neue Marken investiert und innovative Geschäftsmodelle wie ein performance-orientiertes Werbegeschäft, E-Commerce oder Paid Content-und-Service Modelle etabliert“, umreißt Andreas von Buchwaldt abschließend die wesentlichen Herausforderungen der Verlage und TV-Sender.



Die vollständige Studie finden Sie im Internet unter
http://www.occstrategy.de