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Mentoring - Mehrwert für beide Seiten

Nachwuchs langfristig binden. Die Mentees von heute sind die Mentoren von morgen.
Mentoring - Mehrwert für beide Seiten © pixabay / rawpixel
 

Fachbeitrag von Stefanie Zeidler, HR Manager bei Weber Shandwick

 

Unbekannte Gänge zum Verlaufen, fremde Gesichter ohne Namen, Information-Overload… Jeder kennt die Herausforderungen, die der erste Tag in einer neuen Umgebung mit sich bringen kann.

Die Vorteile von Mentorenprogrammen für neue Mitarbeiter in Unternehmen werden vielerorts ausgiebig erörtert und diskutiert. Einen sehr schönen Überblick bietet zum Beispiel die Karrierebibel. Aber nicht nur Einsteiger profitieren von diesen Formaten, auch für Arbeitgeber bietet ein solches Programm einigen Mehrwert - wenn Inhalte und Teilnehmer richtig gebrieft wurden. Hier soll einmal betrachtet werden, welchen Nutzen Arbeitgeber davon haben, erfahrene Mitarbeiter als Begleiter oder Buddys für Neuankömmlinge im Unternehmen einzuspannen.

Fachliche Lücken schließen – in beide Richtungen

Wo ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, bleibt oft eine Lücke, die gefüllt werden will. Im Kollegenkreis werden Personen, die eine solche Lücke dann besetzen, oft als „der Nachfolger von…“ oder direkt mit dem Namen des ehemaligen Mitarbeiters betitelt, etwa „Peter arbeitet hier nicht mehr. Das dort ist der neue Peter.“ Doch mit jeder Nachbesetzung sollte ein Unternehmen überprüfen, ob die Stelle, wie sie bisher definiert war, noch sinnvoll ist. Warum nicht mit einem neuen Mitarbeiter gleich ein neues, erweitertes Skillset ins Unternehmen holen? Beim Onboarding sollten diese Fähigkeiten und Erfahrungen berücksichtigt und von Anfang an sinnvoll genutzt werden. Der oder die Neue ist ein Stand-up-Profi oder kennt ausgefallene Kreativtechniken? Die Creative Hour morgen oder das Lunch & Learn nächste Woche bieten eine prima Plattform, diese Skills dem Team vorzustellen. Ein Mentor fungiert hier als Wissensvermittler und bildet die Schnittstelle zwischen „neuen“ und „alten“ Kompetenzen im Unternehmen, in dem er seinen Mentee mit relevanten Personen im Unternehmen vernetzt und somit die Weiterentwicklung beider Seiten vorantreibt.

Firmenkultur matchen

Wie heißt es so schön? „Neue Besen kehren gut“. Warum? Weil sie noch frisch und unverbraucht sind, ihre Borsten noch starr und ihre Reinigung kraftvoll. Doch sie können mitunter auch unangenehm laut und kratzig sein. Auf Mitarbeiter bezogen heißt das, neue Kollegen bringen frischen Wind ins Unternehmen, müssen sich aber ein stückweit auch in die Gegebenheiten vor Ort einfügen. Denn zu viel Wind, also Unruhe, kann zu Unmut führen und sich negativ auf die Leistungen eines Teams auswirken. Es geht um Werte, Kultur, Teamspirit und ähnliches, das für den Einzelnen manchmal schwer zu greifen oder zu verstehen ist. Ein erfahrener Mentor kennt seine Kollegen, das Unternehmen, Erwartungen, Ansprüche, Prioritäten... Er kann neuen Mitarbeitern helfen, sich in die unbekannte Umgebung einzufinden und dabei entstehende Reibung minimieren.

Nachwuchs langfristig binden

Eine offene Stelle zu besetzen kann, abhängig von der Branche und dem Level, mehr als sechs Monate dauern. Sechs Monate, in denen Kollegen die liegengebliebene Arbeit mitmachen müssen, in denen die Position selbst und angrenzende Bereiche nicht oder kaum weiterentwickelt werden. Doch gerade diese Weiterentwicklung, Proaktivität und das Streben nach Verbesserung bringen Unternehmen voran und hält sie wettbewerbsfähig. Je langfristiger die Strategie ist, die dabei verfolgt wird, desto zielgerichteter und nachhaltiger kann ein Unternehmen in die Zukunft gehen. Daher ist es sinnvoll, sich manche Positionen in den eigenen Reihen „heranzuzüchten“, also talentierte Mitarbeiter für höhere oder mit Führungsverantwortung belegten Positionen gezielt aufzubauen, in deren Bildung und Wertschätzung zu investieren. Wie ärgerlich wäre es, wenn so ein High Potential dann zur Konkurrenz abwandert? Ein Mentor, der sich den Belangen seines Schützlings mit offenen Ohren und Türen widmet, kann zu einer langfristigen, engen Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beitragen, von der alle profitieren.

Die Mentees von heute sind die Mentoren von morgen

„Gib einem Mann einen Fisch und du ernährst ihn für einen Tag. Lehre einen Mann zu fischen und du ernährst ihn für sein Leben.“ Was Konfuzius vor rund 2.500 Jahren schon wusste, gilt auch heute noch: Unternehmen sollten sich nicht darauf verlassen, dass der langjährige Kollege, der mit allen gut auskommt und viel über die Firma weiß, sein Wissen in alle Ewigkeit an die nachfolgenden Generationen weitergibt. Stattdessen gilt es einen Mentorenleitfaden nebst dazugehörigem Programm zu implementieren, der festhält, welche Werte, Informationen und Prozesse neue Mitarbeiter für einen erfolgreichen Start vermittelt bekommen sollten. Außerdem finden sich hierin Wege und Formate, mit denen das Unternehmen sich die Fähigkeiten ihrer neuen Mitarbeiter zu eigen macht und bestmöglich von ihnen profitiert. Schließlich sollte, ganz im Sinne Konfuzius‘, das Programm sich selbst regenerieren, also immer neue Mitarbeiter befähigen und begeistern, selbst die Anleitung eines neuen Kollegen zu übernehmen. Denn die Mentees von heute sind die Mentoren von morgen!