print logo

Die Zukunft des Werbemarktes

Der Werbemarkt befindet sich im Umbruch und zeigt: eine ganzheitliche Sicht auf die Customer Journey wird immer relevanter.
Kai Hudetz | 28.03.2022
Die Zukunft des Werbemarktes © Freepik / rawpixel.com
 

Mit der fortschreitenden Digitalisierung der Lebenswelt befindet sich auch der Werbemarkt im Umbruch. Neue Endgeräte, neue Kanäle und neue Player verändern die Marktdynamiken in der Werbung. Das hat Auswirkungen auf den Handel, denn die Marketing-Entscheidung, für welchen Kanal, welches Format oder welche Zielgruppe die Werbe-Euros ausgegeben werden sollen, wird nicht erst 2022 immer schwieriger. Die Studie „Future of Media“ von IFH MEDIA ANALYTICS fasst wichtige Entwicklungen zusammen, untermauert mit Ergebnissen einer repräsentativen Onlinebefragung von 1000 deutschen Konsument:innen. Im folgenden Beitrag sind zentrale Erkenntnisse der umfassenden Studie kompakt zusammengefasst.

Vom Prospekt bis TikTok – Kundenansprache in einer Mehrkanalwelt

Auch diese Studie untermauert, dass wir (längst) in einer Mehrkanalwelt leben. Immer mehr Medien und Kanäle kommen hinzu, für die Kundenansprache ebenso wie für die eigentliche Transaktion. Spätestens mit dem Smartphone verschwimmen die Grenzen zwischen Kanälen. Durchschnittlich ein Viertel der Zeit außer Haus verbringen die Befragten damit, auf das Smartphone zu schauen. Die zunehmende Komplexität in der Kundenansprache resultiert aber auch draus, dass zwar neue Kanäle relevant werden, die alten jedoch nicht verschwinden.

Dies gilt auch für den schon oft tot gesagten Prospekt. Er überzeugt und wirkt auch in Zeiten zunehmender Digitalisierung über alle Altersgruppen hinweg. 52 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass der Prospekt zum Kauf von Produkten anregt (zum Vergleich: TV 37 %, Zeitschrift 32 %, Social Media 36 %). Zudem erhalten Prospekte und Beilagen hohe Zustimmungswerte in Sachen Glaubwürdigkeit und Informationsgehalt. Sie werden von vielen Konsument:innen als Entscheidungshilfe gewünscht und gerne genutzt, insbesondere in den Bereichen Lebensmittel, Heimtier sowie Heimwerken/Garten. Mithin kommen Händler nach wie vor um diesen Werbekanal nicht herum. Es lohnt sich jedoch eine nähere Betrachtung der Altersgruppen: Wenngleich der Prospekt bei vertrauensbildenden Attributen auch von den 16- bis 19-Jährigen Topwerte erhält, fällt die Bewertung mit Blick auf die Kaufanregung massiv ab – hier gewinnen wiederum die sozialen Medien an Bedeutung.

Bei der Einschätzung, wie glaubwürdig oder kaufanregend Werbung aus Sicht der befragten Konsument:innen ist, offenbart sich deutlich das Wirkungsparadoxon von Social-Media-Werbung. Einerseits wird Werbung in den sozialen Medien nur mäßiges Vertrauen entgegengebracht - nur ein Drittel der 16- bis 29-Jährigen bezeichnen die sozialen Medien als glaubwürdig. Andererseits fungieren sie durchaus als Impulsgeber für Kaufverhalten und sind in der zunehmend digitalen Customer Journey gut platziert – mit 50 Prozent erzielt der Werbekanal der sozialen Netzwerke in dieser Altersgruppe Bestwerte und das trotz geringer Glaubwürdigkeitswerte. Wie passt das zusammen?

Darüber lässt sich zum jetzigen Stand nur spekulieren. Sicher kann daraus abgeleitet werden, dass sich die Altersgruppe der sogenannten Digital Natives durchaus kritisch mit den Werbeinhalten bei Social Media auseinandersetzt. Und dennoch schreckt das fehlende Vertrauen nicht stark genug ab, um sich auf das Kaufverhalten auszuwirken. Anstelle des Vertrauens sind Attribute wie Inspiration (57 % bei den 16- bis 19-Jährigen) und Unterhaltungswert (65 %) scheinbar höher priorisiert, um darauf basierend eigene Erfahrungen machen zu wollen.

TikTok weist in der Social-Media-Welt die höchste Werbewirkung auf, wie Abbildung 1 verdeutlicht: 24 Prozent der TikTok-Nutzer:innen haben mit Anderen über die gezeigte Werbung gesprochen. 21 Prozent gaben sogar an, unmittelbar nach der Ausspielung auf der Kurzvideo-Plattform einen Kauf der Marke bzw. der beworbenen Produkte getätigt zu haben.

 

Abbildung 1: TikTok als Top-Handlungsauslöser

 

Auch wenn oft nicht unmittelbar zum Kauf angeregt wird, so erzeugt die Einbindung von Werbung in sozialen Medien grundsätzlich Aufmerksamkeit und weitergehendes Interesse an den Produkten bzw. Marken. So gaben knapp 40 Prozent der Instagram-Nutzer:innen an, aufgrund der Werbung die entsprechenden Websites aufgesucht zu haben, um weitere Informationen zu erhalten. Social-Media sind für die Kundenansprache der Zukunft daher unabdingbar.

Mit 50 kippt die Werbezielgruppe um

Wenn es grundsätzlich um Werbeaufmerksamkeit geht, ist das Internet das dominante Medium der Wahl – 62 Prozent der Befragten gaben an, im Durchschnitt primär über diesen Kanal Werbung wahrzunehmen. Allerdings streuen die Angaben mit Blick auf die Altersgruppen sehr stark, wie Abbildung 2 verdeutlicht. Während 79 Prozent der 16- bis 19-Jährigen im Internet auf Werbung aufmerksam werden, sind es bei den Konsument:innen ab 50 Jahren durchschnittlich nur noch 49 Prozent. Auch die Nutzung des Internets und infolgedessen die Erreichbarkeit der Nutzerinnen und Nutzer unterscheidet sich altersabhängig gravierend. Während Social-Media-Werbung bei den jüngeren Altersgruppen punktet, sind Google-Anzeigen in den älteren Generationen relevant. Mobilität spielt hingegen ab 50 tendenziell eine abnehmende Rolle. Wenn in den jüngeren Altersgruppen über das Smartphone der Zugang zum Internet präferiert wird, so verändert sich das Verhältnis zugunsten des stationären PC ab 50 Jahren.

 

Abbildung 2: Relevante Werbeorte nach Alter

 

Dafür belegt ab 50 Jahren das TV wieder eine Spitzenposition, wenn es um die Aufmerksamkeit der Konsument:innen geht – 68 Prozent gaben an, dass sie über Fernsehen Werbung wahrgenommen hätten und bescheinigen dem Medium damit eine weiterhin hohe Relevanz.

Fazit: Ganzheitliche Sicht auf die Customer Journey auch für Werbung unabdingbar

Eine ganzheitliche Sicht auf die Kundinnen und Kunden entlang der Customer Journey und eine darauf basierende individuellere Kundenansprache sind künftig unabdingbar. Inhalt, Gestaltung oder Preis der Angebotskommunikation können genauso verantwortlich für das Misslingen einer Kampagne sein, wie eine suboptimale Zusammensetzung des Marketing-Mix oder im weiteren Verlauf des Kundenlebenszyklus ein nicht zufriedenstellender Payment-Prozess bzw. die Kassenabwicklung in der Filiale. Ein klares Verständnis des Kundenverhaltens vom ersten Kontakt im Zuge der Angebotskommunikation über den Kauf bis hin zu Kundenbindungsaktivitäten wird zum zentralen Erfolgsfaktor.

 

Literatur:

IFH MEDIA ANALYTICS: Future of Media, Köln 2022.