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Marketing 2.0: Kunden binden über soziale Netzwerke

Kollektiv gepflegte Webverzeichnisse rücken immer stärker in das Interesse der Internetnutzer
Dr. Hagen J. Sexauer | 12.11.2008
Der Austausch von Meinungen im Internet wird immer wichtiger: Waren noch vor einigen Jahren erste Ansätze vorhanden, Kundenmeinungen zu sammeln, um damit Bewertungen von Produkten und Dienstleistungen anderen Teilnehmer zur Verfügung zu stellen, ist der Aspekt der kommunikativen und sozialen Vernetzung in der Netzwelt heute enorm vorangeschritten. Weblogs, Foren, Video-Blogs oder Social Bookmarking Sites – also kollektiv gepflegte Webverzeichnisse – rücken immer stärker in das Interesse der Internetnutzer. Viel interessanter aber noch für Unternehmen: Die Nutzung und das Heranziehen der Meinung anderen Verbraucher über die Qualität von Produkten und Dienstleistungen als Grundlage für eine Kaufentscheidung gewinnen zunehmend an Bedeutung. So stammen bspw. die meisten Erfahrungsberichten im Internet aus Foren, privaten Homepages, Meinungsportalen oder gar Weblogs. Außerdem bestätigten eine Reihe von Studien, dass heutzutage Kaufentscheidungen zu weniger als 5% durch klassische Werbung in TV oder Print, jedoch zu über einem Drittel durch Mundpropaganda in Form persönlicher Empfehlungen oder Produktempfehlungen aus Testberichten entschieden werden.
Diese Mechanismen der sog. Mundpropaganda oder Word of Mouth (WOM) sind aus Unternehmenssicht deshalb von so besonderer Bedeutung, als sie sich einer unmittelbaren Steuerbarkeit und damit Kontrolle der Unternehmen entziehen. Anders ausgedrückt: Insbesondere negative Meinungsäußerungen, die teilweise jahrelang im Internet dokumentiert und kommentiert bleiben, haben vielfach stärkere Auswirkungen auf Kaufentscheidungen als noch in der Offline-Welt, in der sich aufflackernde Gerüchte bzw. Negativmeldungen zu Produkten und Dienstleistungen im Zeitablauf auch schnell wieder „verliefen“ und damit in Vergessenheit gerieten.
Vor dem skizzierten Hintergrund ist es für Marketing und Vertriebsverantwortliche umso wichtiger ihre bisherige Online-Strategie neu zu hinterfragen. Insbesondere sollten dabei folgende Fragen mit „Ja“ beantwortet werden können:
Kenne ich die Meinungsführer in wichtigen sozialen Netzwerken des Internets, welche einen entscheidenden Einfluss auf Kaufentscheidungen meiner Produkte bzw. Dienstleistungen bei potenziellen Käufern haben (können)?
Welche dieser Meinungsführer beeinflussen potenzielle Kunden bei Ihrer Kaufentscheidung positiv oder gar negativ?
Nutze ich die identifizierten positiven Meinungsäußerungen systematisch und stelle sie potenziellen Kunden als Entscheidungsunterstützung zur Verfügung?
Identifiziere ich negative Meinungsäußerungen im Internet systematisch und leite daraus Handlungsempfehlungen, ggf. auch Lösungsvorschläge ab?
Kontaktiere ich Personen, die sich im Internet negativ über meine Produkte geäußert haben und stelle Ihnen die erarbeiteten Lösungsvorschläge vor?
(...)
Diese Liste lässt sich um eine Reihe essentieller Fragen erweitern. Vielmehr zeigen unsere Erfahrungen, dass die wenigsten Unternehmen diese hier aufgeführten Fragen mit „Ja“ beantworten können. Dies liegt mehrheitlich daran, dass vielen Entscheidern aus Marketing und Vertrieb entweder noch unbekannt ist, dass derartige Analysen im Internet, und zwar auch in Massen-Märkten – effizient durchgeführt werden können. Oder aber – trotz Kenntnis – der Zugang zur Umsetzung mit entsprechenden Marktpartnern fehlt. Des Weiteren ist vielen Managern auch der Aspekt einer Notwendigkeit der Anpassung der bisherigen Offline-Strategie nicht gerade immer willkommen: wurden doch bisher, mehr oder minder erfolgreich, alle above-the-line- bzw. below-the-line-Aktivitäten routiniert und reibungslos umgesetzt.
Vor diesem Hintergrund empfehlen wir für Ihr Unternehmen folgenden Vorgehensweise:

1. Eruieren Sie die Möglichkeiten und Potenziale des Word of mouth-Marketing,
2. Wägen Sie Vor- und Nachteile dieses Ansatzes für Ihr Unternehmen ab,
3. Identifizieren Sie dabei erste Quick-Wins für Ihr Unternehmen,
4. Wählen Sie adäquate Marktpartner mit entsprechendem Erfahrungshintergrund aus,
5. Erarbeiten Sie anschließend eine ganzheitliche Strategie, die sowohl den Offline- als auch den Online-Bereich integriert.

Entsprechend unserer Erfahrung bringt bereits ein erstes „Web-Screening“ eine Reihe von Erkenntnissen zu Tage: Von der Anzahl an Diskussionsbeiträgen über wesentliche Inhalte bzw. Themen bis hin zur Identifikation von Top-Argumenten und -Kritikpunkten der Verbraucher. Aufbauend auf einer derartigen Analyse lassen sich weitergehende Ansätze entwickeln. Bspw. Aktivitäten zur gezielten Identifikation, Ansprache und Einbindung von Meinungsführern, die Nutzung des Internets zur Steuerung und Streuung positiver exponentieller Multiplikationseffekte oder aber auch die Forcierung der aktiven Rolle des Konsumenten. Durch die im Zeitablauf systematische Verfeinerung und Weiterentwicklung dieses Ansatzes lassen sich die klassischen Offline-Aktivitäten immer stärker mit den Online-Aktivitäten verzahnen.