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„Gute Geschichten müssen auch verkauft werden"

Catchy Headline oder Premium Content – Wie funktioniert Journalismus heute?
„Gute Geschichten müssen auch verkauft werden" © Pixabay / expresswriters
 

Main Stage MEDIENTAGE MÜNCHEN 2019 vom 23. bis 25. Oktober

 

 

Eine knackige Headline und guter Content sind auf keinen Fall ein Widerspruch, das „oder“ im Titel einer Panel-Diskussion der MEDIENTAGE MÜNCHEN zum Thema Journalismus im Zeitalter der Aufmerksamkeitsökonomie hätte durchaus durch ein „und“ ersetzt werden können. Darüber waren sich alle Teilnehmer der Diskussionsrunde einig. „Gute Geschichten müssen auch verkauft werden“, betonte Mathias Müller von Blumencron, Chefredakteur von Der Tagesspiegel. Dazu komme, dass man online weniger Platz zur Verfügung habe und der Leser außerdem weniger Zeit mitbringe. „Deshalb sind gute Headlines unabdingbar.“

 

Auch Marcus Engert, Senior Reporter bei BuzzFeed News Germany, sah „keinen Widerspruch zwischen reißerischen Überschriften und seriösem Content. Problematisch werde es vielmehr, wenn beim Teilen im Internet der Inhalt extrem verkürzt oder der Artikel in einen völlig falschen Kontext gestellt werde. „Dann wird plötzlich über etwas diskutiert, um das es eigentlich gar nicht ging.“

 

Sind Klickköder („Clickbaiting“) erlaubt? „Catchy ist zulässig, aber etwas ankündigen, was der Artikel gar nicht hergibt, eben nicht“, brachte es Franzi von Kempis, CvD Video und Grafik bei t-online, auf den Punkt. Was den Content betreffe, habe aber jeder Inhalt – ob Premium oder Entertainment – seine Berechtigung und auch seine Nutzer. „Wir machen auch Cat Content und Rätselvideos. Diese ständige Bewertung, was gut oder schlecht ist, hat auch mit Hochmut zu tun.“ Marcus Engert konnte das nur bestätigen: „Entertainment Content finanziert meinen Job und niemand liest acht Stunden harten Journalismus.“

 

So einig sich die Diskussionsteilnehmer in inhaltlicher Sicht waren, umso größere Unterschiede gab es bei der Frage, wie ihre Unternehmen in Zeiten sinkender Printauflagen und rückläufiger Werbeeinnahmen genug Umsatz generieren können. „Die Debatte, ob Print überlebt, gibt es schon seit Jahren und läuft an den Fakten vorbei“, betonte Dr. Sebastian Doedens, Director Strategy, Focus, Burda News. Dennoch sei der Werbemarkt herausfordernd und auch das Einkaufsverhalten der Leser ändere sich, sodass neue Erlösquellen erschlossen werden müssten. „Wir brauchen Inhalte, die es nirgendwo anders gibt.“ Nur ein Beispiel sei das „Siegel-Geschäft“ bei Focus. Dabei werden Produkte getestet oder Rankings erstellt und deren Ergebnisse in Sonderheften veröffentlicht. 

 

Nach Ansicht von Mathias Müller von Blumencron liegt die Zukunft in bezahltem digitalen Content. „Print ist eine wichtige Währung, aber wir versuchen Leser auf allen Kanälen zu informieren.“ Seine Prognose: „Auf Dauer wird man nicht mehr ohne eine kostenpflichte Premium-Ebene im Online-Auftritt herumkommen.“ Für Felix Dachsel, Chefredakteur von Vice, ist das keine Option: „Vice war schon als Printmagazin gratis, deshalb sehe ich diesen Weg für uns nicht. Wir sind von Plattformen abhängig, was die Verbreitung betrifft, und versuchen, hier möglichst vielfältig zu sein, um keine Abhängigkeiten zu schaffen.“

 

Auch für Buzzfeed sei Paid Content momentan keine Option, erklärte Marcus Engert. Denkbar wäre ein Subscription-Modell, also eine freiwillige Unterstützung, wie es derzeit in den USA getestet werde. Doch egal ob bezahlter oder kostenloser Inhalt: Entscheidend sei die Frage, wie man die hart umkämpfte Aufmerksamkeit der Nutzer für sich gewinne. „Manchmal ist es dann doch die Catchy Headline“, so das Fazit von Franzi von Kempis.