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Eltern und Schüler fordern Informatik als Pflichtfach

Umfrage: Computer und Informatik gehören in den Schulalltag / Fachkräftemang erfordert weitere Reformen des Bildungssystems
BITKOM | 03.12.2007
Berlin, 3. Dezember 2007
Die Mehrheit der Eltern und Schüler in Deutschland spricht sich für die Einführung eines Pflichtfachs Informatik in den Schulen und für einen stärkeren Einsatz des Computers im Unterricht aus. Das hat eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) ergeben. Danach sind 78 Prozent der Eltern für die Einführung eines Pflichtfachs Informatik in den Klassenstufen fünf bis zehn. 13 Prozent lehnen das ab. Unter den Schülern spricht sich mit 52 Prozent ebenfalls eine Mehrheit für Informatik als Pflichtfach aus. 24 Prozent sind unentschlossen und nur 22 Prozent sind dagegen. „In der Informationsgesellschaft verlangt der Arbeitsmarkt zunehmend nach IT-Komptenzen, die weit über reine Anwenderkenntnisse hinausgehen. Auf diese Herausforderung müssen die Schulen reagieren“, sagte BITKOM-Hauptvorstandsmitglied Prof. Hermann Eul bei der Vorstellung der Umfrage. Die Politik müsse trotz besserer PISA-Ergebnisse die Reformen des Bildungssystems konsequent fortführen. „Der Fachkräftemangel in den Hightech-Branchen zeigt, dass es noch immer viele strukturelle Defizite gibt“, sagte Eul.

Eltern und Schüler fordern laut der Umfrage auch, dass der Computer intensiver in den Schulen genutzt wird. 77 Prozent der Eltern sagen, dass der Computer häufiger zu Lernzwecken im Unterricht eingesetzt werden sollte. Nur 19 Prozent lehnen das ab. Unter den Schülerinnen und Schülern sprechen sich sogar 81 Prozent für einen stärkeren Gebrauch des Computers im Unterricht aus. „Der Einsatz von Computer und Internet darf sich nicht auf den Informatikunterricht beschränken“, sagte Eul. „Alle Lehrer sollten die neuen Medien als normale Lernwerkzeuge in ihren Fächern einsetzen.“ Derzeit ist die Situation bei der PC-Nutzung aus Sicht der Schüler unbefriedigend. Nur 12 Prozent der Befragten geben an, dass der Computer täglich im Unterricht eingesetzt wird. 41 Prozent der Schüler sagen, dass sie den Computer mindestens einmal pro Woche im Unterricht gebrauchen. 45 Prozent nutzen den Computer im Unterricht nur selten oder gar nicht. Eul: „Fast die Hälfte der Schülerinnen und Schüler bekommen einen Computer in der Schule fast nie zu Gesicht. Diese Form der digitalen Spaltung dürfen wir nicht länger hinnehmen.“

Aus Sicht der Hightech-Branche gelingt es den Schulen bisher nicht ausreichend, den Nachwuchs für technische Themen zu begeistern. Die Folge sind zu wenige Studierende in den Fächern Informatik, Maschinenbau und Elektrotechnik. „Die Hightech-Branche leidet seit Jahren unter einem Mangel an hoch qualifizierten Fachkräften“, sagte Eul. Die Firmen brauchen dringend mehr Informatiker und Ingenieure. „Die grundsätzliche berufliche Orientierung findet bereits im frühen Jugendalter statt. Deshalb müssen wir in den Schulen ansetzen.“

Der BITKOM macht vier konkrete Vorschläge, wie Politik und Schulträger auf diese Herausforderung reagieren sollten.

n Die Fächer Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften müssen gestärkt werden. Der Anteil dieser Fächer sollte auf ein Drittel des gesamten Unterrichts erhöht werden. Bisher haben Mathematik und Naturwissenschaften nur einen Anteil von 22 Prozent an den Wochenstunden in der Sekundarstufe I.

n Zwischen der fünften und zehnten Klasse sollte die Informatik als Pflichtfach mit einer Wochenstunde eingeführt werden. „Das Schulfach Informatik gibt jungen Menschen das Rüstzeug in einer Welt, die zunehmend von Informations- und Kommunikationssystemen geprägt ist“, sagte Eul. Die Schüler lernen im Informatikunterricht die grundlegende Funktionsweise von Informationssystemen kennen, wie man verantwortungsvoll mit ihnen umgeht und welche Chancen und Risiken es gibt.


n Neue Medien wie Computer und Internet sollten regelmäßig im Unterricht eingesetzt werden. Voraussetzung dafür ist eine bessere Ausstattung der Schulen und eine bessere Aus- und Weiterbildung der Lehrer. Es fehlt insbesondere an Notebooks und schnellen Internetzugängen. Im Durchschnitt teilen sich elf Schülerinnen und Schüler einen Computer. In einem Ranking der EU-Kommission liegt Deutschland damit in Europa abgeschlagen auf Rang 18.

n Frauen sind in technischen Berufen deutlich unterrepräsentiert. Für Mädchen sollte es deshalb an allen Schulen spezielle Zusatzangebote geben. Ein weiterer Ansatz ist der getrennte Unterricht von Jungen und Mädchen. Viele Unterrichtsprojekte und Pilotstudien haben es bewiesen: Spezifische Interessen und andere Lernwege können Mädchen oftmals besser ohne ihre männlichen Mitschüler entwickeln.

„Bildungssystem und Beschäftigungssystem sind eng aufeinander angewiesen“, sagte Eul. Deshalb unterstütze die Wirtschaft Schulreformen, die vom Bund und den zuständigen Ländern auf den Weg gebracht werden. Eul: „Gemeinsam können wir eine Zukunft des Unterrichtens und Lernens gestalten, die der Informations- und Wissensgesellschaft gerecht wird.“

Zur Datenbasis der Umfrage: Forsa hat 1.016 Eltern befragt sowie 501 Schülerinnen und Schüler im Alter von 14 bis 19 Jahren.

Ansprechpartner
Maurice Shahd
Pressesprecher
Wirtschaftspolitik
und Konjunktur
+49. 30. 27576-114
Fax +49. 30. 27576-400
m.shahd@bitkom.org

Dr. Stephan Pfisterer
Bereichsleiter Bildung
und Personal
+49. 30. 27576-135
Fax +49. 30. 27576-400
s.pfisterer@bitkom.org

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