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Trotz Boom in Deutschland: Deutsche Top-Konzerne verlieren an den Weltbörsen an Gewicht

Analyse der Marktkapitalisierung der höchstbewerteten Unternehmen weltweit
Ernst & Young GmbH | 10.01.2011
Düsseldorf, 10.01.2011, Nur vier deutsche Unternehmen unter den 100 wertvollsten Un-ternehmen der Welt / Teuerste deutsche Unternehmen: Siemens und BASF

Trotz der Dax-Rally und trotz des guten Konjunkturverlaufs in Deutschland: Im Verlauf des Jahres 2010 ist Deutschlands Gewicht an den Weltbörsen weiter leicht gesunken. Zum 31. Dezember 2010 waren wie vor einem Jahr nur vier deutsche Unternehmen in der Liste der 100 teuersten Unternehmen der Welt vertreten - zum Jahresende 2008 waren es noch 8 deutsche Unter-nehmen gewesen. Im Top 300 Ranking ging die Zahl der deutschen Unternehmen von 14 auf 13 zurück.

Damit belegt Deutschland derzeit im Länderranking den sechsten Platz, den es sich mit Brasilien und der Schweiz teilt. Davor platzieren sich die Vereinigten Staaten, China, Großbritannien, Frankreich und Japan. Das sind Ergebnisse einer Analyse der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young, die die Marktkapitalisierung der am höchsten bewerteten Unternehmen weltweit im Jahres-vergleich untersucht.

Gestiegen ist hingegen das Gewicht Großbritanniens, das im weltwei-ten Top 100 Ranking nun mit 9 Unternehmen vertreten ist (Vorjahr: 8) und damit den dritten Platz hinter den Vereinigten Staaten und China belegt. Frankreich folgt mit 6 Unternehmen auf dem vierten Platz.

Auch im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern konnte Deutschland nicht von seiner überdurchschnittlich guten Wirtschafts-entwicklung profitieren: Wie im Vorjahr befinden sich derzeit 14 deut-sche Unternehmen in der Liste der 100 teuersten Unternehmen Eu-ropas. In den Top 10 ist Deutschland nicht vertreten.

Exxon ist teuerstes Unternehmen der Welt

Angeführt wurde das Firmenranking zum Jahreswechsel von einem US-Unternehmen. Der Energieriese Exxon löste den chinesischen Konkurrenten Petrochina an der Spitze ab. Exxon kommt auf eine Marktkapitalisierung von knapp 369 Mrd. Dollar, Petrochina erreicht gut 303 Mrd. Dollar. Teuerstes deutsches Unternehmen in der Rang-liste ist Siemens auf Platz 44. Der Börsenwert des Münchner Kon-zerns legte im Jahr 2010 um rund 28 Milliarden Dollar auf gut 112 Mil-liarden Dollar zu. Siemens kletterte damit vom 61. auf den 44. Rang.

BASF, die deutsche Nummer zwei, kommt mit einer Marktkapitalisie-rung von 72 Milliarden Dollar im weltweiten Ranking auf Platz 84.

Daimler erreicht Platz 88, Volkswagen liegt auf Platz 93. Nicht mehr vertreten in der Top-100-Liste sind der Chemie- und Pharmakonzern Bayer (Platz 115), der Versorger Eon (114) und die Deutsche Tele-kom (123).

Nicht alle deutschen Top-Konzerne konnten im vergangenen Jahr ihren Börsenwert steigern: Immerhin 5 der 13 im Top-300-Ranking vertretenen deutschen Unternehmen haben im Verlauf der vergange-nen 12 Monate an Wert verloren. Und im Ranking konnten sich nur 6 Unternehmen verbessern - für 7 deutsche Unternehmen ging es im Ranking abwärts.

Für das relativ schwache Abschneiden Deutschlands sieht Hendrik Hollweg, Mitglied der Geschäftsführung von Ernst & Young Deutsch-land, - neben dem niedrigen Euro-Kurs, der alle Euro-Länder im Ranking tendenziell benachteilige - mehrere Gründe: Zum einen be-treibe Deutschland - anders als etwa Frankreich - keine aktive In-dustriepolitik. "Der Staat formt in Deutschland keine nationalen Champions, die in puncto Börsenwert in der Weltspitze mithalten könnten. Die Unternehmenslandschaft in Deutschland ist fragmentier-ter, was aber nichts über ihre Wettbewerbsfähigkeit aussagt". Zudem hätten einige deutsche Konzerne hinsichtlich ihrer Profitabilität Nach-holbedarf. "Viele deutsche Konzerne glänzen mit starkem Umsatz-wachstum - die Gewinnentwicklung hält da oft nicht mit".

Hollweg sieht aber auch ein Problem in der fehlenden Gründerkultur in Deutschland: "Deutschland bringt zu wenige junge Unternehmen mit einer echten Wachstumsstory hervor, die es bis in die internationale Top-Liga schaffen. Wir haben in Deutschland keine so stark ausgeprägte Gründerkultur wie beispielsweise in den USA, in denen relativ junge Unternehmen wie Google, Apple oder Mircosoft an die Spitze stürmen. Top-Ingenieure gehen in Deutschland eher zu den etablierten Großkonzernen, als selbst ein Unternehmen zu gründen".

Energieunternehmen auf dem Vormarsch

Im vergangenen Jahr hat vor allem die Energiebranche deutlich an Gewicht gewonnen: Die Zahl der Energieunternehmen, die sich unter den Top-100 platzieren konnten, stieg im Jahr 2010 von 18 auf 20. "Das Wiedererstarken der Weltwirtschaft führt zu steigenden Ener-giepreisen. Damit gewinnen gerade Öl- und Gasunternehmen deutlich an Attraktivität", so Hollweg. Versorger hatten hingegen einen relativ schweren Stand: Von ihnen sind nur noch zwei unter den Top-100 vertreten, im Vorjahr waren es drei, Ende 2008 sogar acht.

Die wichtigste Branche ist aber nach wie vor der Finanzsektor. Die Finanzkrise hatte zu einer vorübergehenden erheblichen Schwächung der Branche an den Weltbörsen geführt, von der sie sich inzwischen aber wieder erholt hat. Während sich Ende 2008 - kurz nach Ausbruch der Krise - nur 16 Unternehmen aus der Finanzbranche in der Liste der Top-100-Unternehmen platzieren konnten, war die Zahl zum Jahresende 2009 schon wieder auf 24 gestiegen. Derzeit liegt sie bei 23. Die Zahl der Banken im Top-100-Ranking sank leicht von 21 auf 20.

Bedeutung der BRIC-Länder wächst Vor allem die sogenannten BRIC-Länder (Brasilien, Russland, Indien und China) spielen an den Weltbörsen eine immer wichtigere Rolle: Im Top-100-Ranking konnten sich zum Jahresende 2010 19 Unter-nehmen aus diesen Ländern platzieren - im Vorjahr waren es 18, Ende 2008 sogar nur 11. "Keine Frage: Das nächste Jahrzehnt gehört den Schwellenländern. Während die Industriestaaten noch lange unter den Folgen der Finanzkrise leiden werden, wächst die Bedeutung der Schwellenmärkte rasant", erwartet Hollweg.
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