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Unternehmensberater in der Krise

Rogator / exeo untersuchen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in Schweden die Wahrnehmung von Unternehmensberatern in der Öffentlichkeit.
Rogator AG | 04.09.2020
Unternehmensberater in der Krise © Rogator AG

In Deutschland erreichen Unternehmensberater die schlechtesten Werte beim Berufs-prestige / Auch im direkten Vergleich mit Rechtsanwälten und Steuerberatern schnei-den Unternehmensberater beim Imageprofil schlecht ab / In der Bevölkerung wird die Größenordnung der Zahl der Unternehmensberater überschätzt / Trotz des schlechten Images: 16 % der Befragten in Deutschland können sich eine Tätigkeit als Unterneh-mensberater vorstellen.

 

Von den einen geliebt, von anderen gemieden: Kaum ein Berufsfeld ist gleichzeitig so gefragt und so umstritten wie Consulting. Das Selbstbild der Unternehmensberater ist überwiegend positiv. Schließlich wächst die Branche im letzten Jahrzehnt mit durchschnittlich 6,3 % pro Jahr und erreichte in 2019 ein Volumen von ca. 37 Mrd. EUR Umsatz. Consultants sorgen dafür, dass sich die Wirtschaft bewegt, sind präsent in der Öffentlichkeit, arbeiten in der Re-gel sehr profitabel und besetzen nach dem Ausscheiden aus ihrer Tätigkeit nicht selten Spit-zenpositionen im Management oder in öffentlichen Institutionen. Dies ist aber nur die eine Seite der Medaille: Immer wieder sorgen die Leistungen der Unternehmensberater und die Akquise-Praktiken für Negativ-Schlagzeilen, zuletzt durch die sogenannte Berateraffäre.


„Entgegengesetzt zum Selbstbild der Consultants verhält sich das Fremdbild der Unternehmensberater. Dabei spielt Deutschland wiederum eine Sonderrolle. Hierzulande ist die Wahr-nehmung der Managementberater in der Öffentlichkeit besonders kritisch“, betont Prof. Dr. Andreas Krämer, CEO der exeo Strategic Consulting AG und Professor an der University of Applied Sciences in Iserlohn als Co-Autor der Studie OpinionTRAIN. Er ist zudem Mitautor des soeben erschienenen Buchs „Consulting: Ein Lehr-, Lern- und Lesebuch zur Unterneh-mensberatung“ (Erich Schmidt Verlag).


Die Ergebnisse der Studie im Überblick:
In Deutschland erreichen Unternehmensberater die schlechtesten Werte beim Berufsprestige

Im Ranking von 20 Berufen kommt die Berufsgruppe der Unternehmensberater in Deutsch-land auf den letzten Rang. Bei den Nennungen der meistgeschätzten Berufe werden gerade einmal 1 % erreicht, bei den Berufen mit der geringsten Wertschätzung allerdings 43 % (nur Politiker werden hier mit einem Anteil von 47 % noch kritischer bewertet). Im Vergleich zu an-deren europäischen Ländern sind die Beurteilungen in Deutschland besonders kritisch. Bes-ser stehen die Consultants bei der Negativauswahl in Österreich (35 %), der Schweiz (28 %) und in Schweden (22 %) da. Die schlechte Imagebewertung ist allerdings nicht durch Un-kenntnis und Unwissenheit der Befragten bedingt. So ist der subjektive Kenntnisgrad des Be-rufs Unternehmensberater in Deutschland am höchsten (71 %). Die relativ kritische Sicht auf den Berufstand haben auch Befragte, die selbst in der Beratungsbranche oder im beratungs-nahen Umfeld tätig sind (bspw. Marketing, PR IT, Medien, Kommunikation).


Auch im direkten Vergleich mit Rechtsanwälten und Steuerberatern schneiden Unternehmensberater beim Imageprofil schlecht ab

Unterschiede in der Wahrnehmung bestehen auch innerhalb der erweiterten Beraterbranche, also im Vergleich der Unternehmens-, Rechts- und Steuerberater. Während in Deutschland die drei Berufsgruppen bei den Merkmalen Erfolgsorientierung und Selbstbewusstsein noch eine relativ ähnliche Bewertung durch die Öffentlichkeit erhalten, ergeben sich stärkere Un-terschiede bei den besonders kritischen Charaktereigenschaften wie Vertrauen, fachliche Kompetenz oder Hilfsbereitschaft. So bewerten 13 % der Befragten die Unternehmensberater als vertrauenswürdig, bei den Rechtsanwälten und Steuerberatern sind dies jeweils 42 %. Besonders schlecht ist das Urteil zu den Consultants in puncto soziales Engagement (ledig-lich 9 % Zustimmung).


In der Bevölkerung wird die Größenordnung der Zahl der Unternehmensberater überschätzt

Aktuell sind in den ca. 20.000 Unternehmen, die in Deutschland Consulting anbieten, etwa 130.000 Berater beschäftigt. Eine relativ starke mediale Präsenz von Unternehmensberatern, sei es durch Interviews, Beiträge oder Studienberichte, führt jedoch zu einer verzerrten Wahr-nehmung. Werden die Studienteilnehmer gebeten, die Anzahl von Unternehmensberatern mit anderen Berufsgruppen, z.B. Imker (Deutschland: 150.000), zu vergleichen, schätzen drei Viertel der Befragten die Zahl der Berater höher als die der Imker ein. Die Anzahl der Consul-tants wird demnach von der Öffentlichkeit stark überschätzt. Dieser Effekt zeigt sich auch in den anderen europäischen Ländern.


Trotz des schlechten Images: 16 % der befragten Deutschen können sich eine Tätigkeit als Unternehmensberater vorstellen

Die kritische Wahrnehmung der Unternehmensberater in der Öffentlichkeit führt nicht dazu, dass die Profession als Arbeitgeber uninteressant ist. Obwohl der Anteil an Unternehmensbe-ratern unter den Befragten gering ist (< 1 %), können sich in Deutschland etwa 16 % vorstel-len, beratend tätig zu sein. Besonders hohe Werte werden diesbezüglich in der Schweiz ge-messen (28 %). Bestimmungsfaktor dafür ist einerseits die Kenntnis sowie die Nähe zur Be-ratungsprofession, andererseits das Alter: Jüngere Menschen bewerten Consultants ver-gleichsweise positiver, Personen im Alter von 60 und mehr Jahren dagegen kritischer.

„Die Studienergebnisse verdeutlichen eine starke Ambivalenz in der Wahrnehmung der Un-ternehmensberater als Berufsgruppe, deren Wertschätzung als Element der Gesellschaft sehr begrenzt ist. Trotzdem stellt das Consulting teilweise eine interessante Tätigkeit dar, welche zwar einen hohen persönlichen Beitrag fordert, jedoch auch interessante Entwick-lungsmöglichkeiten mit sich bringt. Das belegen letztendlich auch die vielen hochrangigen Managementpositionen (nicht nur Vorstände), die durch ehemalige Consultants besetzt wer-den“, resümiert Johannes Hercher, Vorstand der Rogator AG und Co-Autor der aktuellen Stu-die OpinionTRAIN.

 

Hintergrund der Studie: „OpinionTRAIN“ ist eine repräsentativ angelegte Studie zur Bewer-tung von Trends und des Wertewandels in der Bevölkerung (Kooperation von der Rogator AG und der exeo Strategic Consulting AG). Grundlage der Untersuchung ist eine Online-Be-fragung von 2.500 Personen (18 - 80 Jahre) in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Schweden.

Rogator AG
Über den Autor: Rogator AG

Die Rogator AG gehört zu den führenden Unternehmen für Onlinebefragungen mit eigenen Softwareprodukten und umfassender Beratungsleistung.