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US-Konzerne hängen Europa bei Umsatz und Gewinn ab

Analyse der 1000 umsatzstärksten Unternehmen der Welt. Deutsche Konzerne im Umsatz- und Gewinnranking Schlusslicht.
Ernst & Young GmbH | 11.06.2019
Top 1.000 Welt © Ernst & Young GmbH
 
US-Konzerne sind in punkto Umsatz- und Gewinnwachstum weltweit führend: Während die größten nordamerikanischen Unternehmen ihren Umsatz im vergangenen Jahr um durchschnittlich 9,0 Prozent steigern konnten, lag das Umsatzwachstum der europäischen Großunternehmen im Schnitt nur bei 4,3 Prozent. Asiens Großunternehmen schafften ein Wachstum von 8,4 Prozent.

Und auch beim Gewinnwachstum verlieren Europas Top-Konzerne den Anschluss: Sie konnten 2018 den operativen Gewinn nur um 3,9 Prozent erhöhen, während die US- und asiatischen Konzerne mit 8,1 bzw. 9,8 Prozent mehr als doppelt so stark zulegten.

Ausgerechnet die deutschen Unternehmen, von denen es 2018 insgesamt 44 ins Ranking der 1.000 umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen der Welt schafften, waren beim Wachstum im vergangenen Jahr weltweit Schlusslicht: Sie konnten ihren Umsatz im Schnitt nur um 1,2 Prozent steigern (Frankreich: 6,8 Prozent; Italien: 5,8 Prozent), der Gewinn sank sogar um 10 Prozent. Keine andere größere Wirtschaftsnation verzeichnete im vergangenen Jahr einen Gewinnrückgang bei ihren Top-Konzernen.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, für die die Bilanzzahlen der jeweils 1.000 umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen der Welt (ohne Banken und Versicherungen) analysiert wurden. Bei den oben genannten Gewinn- und Umsatztrends wurden die Unternehmen aus der Öl- und Gasbranche herausgerechnet, da deren massives Gewinn- und Umsatzwachstum im vergangenen Jahr zu starken Verzerrungen geführt hätte.

Alexander Kron, Mitglied der Geschäftsführung bei EY: „Die Top-US-Konzerne sind derzeit in vielen Branchen das Maß der Dinge. Sie profitieren vom großen und prosperierenden Heimatmarkt und von der hervorragenden Entwicklung der US-Technologie-Konzerne. Dem hat Europa zurzeit wenig entgegenzusetzen: Das Wirtschaftswachstum schwächelt, viele europäische Unternehmen leiden unter dem US-chinesischen Handelsstreit, zahlreiche Konzerne befinden sich in tiefgreifenden Umbruchphasen.“ Das gelte auch und vor allem für viele deutsche Konzerne, so Kron. „Nach einigen sehr guten Jahren mussten deutsche Top-Unternehmen im vergangenen Jahr zahlreiche Rückschläge hinnehmen – auch weil sie so internationalisiert sind und damit überdurchschnittlich stark unter den internationalen Handelsspannungen leiden. Hinzu kamen branchenspezifische Herausforderungen etwa in der Autoindustrie. 2018 war schwierig, und auch 2019 wird wohl ein Jahr der Restrukturierung und Neuausrichtung für die deutschen Konzerne sein.“

Apple erwirtschaftet den höchsten Gewinn


Wie weit die führenden US-amerikanischen Konzerne vor der europäischen und auch der asiatischen Konkurrenz liegen, zeigt ein Blick auf das Ranking der gewinnstärksten Unternehmen der Welt: Sieben der zehn Unternehmen mit dem höchsten operativen Gewinn haben ihren Sitz in den USA. Mit umgerechnet 60 Milliarden Euro war Apple im vergangenen Spitzenreiter im Gewinnranking. Der südkoreanische Elektronikkonzern Samsung platzierte sich mit gut 45 Milliarden Euro auf Rang zwei.

Die gewinnstärksten europäischen Unternehmen waren im vergangenen Jahr drei Ölkonzerne: Royal Durch Shell auf Rang vier, BP auf Rang 15 und Rosneft auf Rang 19. Das gewinnstärkste europäische Unternehmen, das nicht der Ölbranche zuzuordnen ist, war 2018 der belgische Braukonzern Anheuser-Busch InBev auf Platz 23 (15 Milliarden Euro); Volkswagen belegt im Gewinnranking mit knapp 14 Milliarden Euro Platz 25; im Umsatzranking liegt der Autokonzern weltweit auf dem siebten Platz.

„Europas Top-Konzerne erwirtschaften deutlich niedrigere Gewinne als die führenden US-Unternehmen“, beobachtet Kron. „Die Gewinnstärke gerade der US-Technologieunternehmen ist beeindruckend. Im Durchschnitt bleiben bei US-Konzernen 32 Prozent mehr Gewinn hängen als bei ihren europäischen Wettbewerbern.“

Hinzu komme ein ungünstiger Branchenmix, so Kron: „In Europa sind Unternehmen aus klassischen Industriebranchen stark überrepräsentiert: 34 Prozent der europäischen Top-Unternehmen kommen aus der Autoindustrie, dem Maschinen- und Anlagenbau oder der Chemiebranche – in Nordamerika liegt der Industrieanteil nur bei 20 Prozent.“ Gleichzeitig sei der Anteil der IT- und Telekommunikationsunternehmen in den USA mit 18 Prozent fast doppelt so hoch wie in Europa (11 Prozent).

„Europa mit Deutschland im Zentrum ist ein starker Industriestandort – und gerade die klassischen Industriebranchen haben derzeit zu kämpfen“, beobachtet Kron. „Hohe Investitionen in die Digitalisierung der Produkte und der Produktion, eine lahmende Weltkonjunktur und eine – angesichts hoher politischer und konjunktureller Risiken – geringe Investitionsbereitschaft aufseiten der Unternehmen bremsen die Entwicklung.“

Auf der anderen Seite des Atlantiks und zunehmend auch in China entwickele sich die Technologie-Branche zur Leitbranche und lege dabei eine bemerkenswerte Dynamik an den Tag – weitgehend unabhängig von Konjunkturzyklen, so Kron. „Die US-Technologiekonzerne treiben Europas Top-Konzerne derzeit vor sich her. Und auch Asiens Großunternehmen gewinnen an Bedeutung. Die USA und China geben in der digitalen Wirtschaft derzeit den Takt vor und setzten Standards und Regeln, nach denen sich zunehmend auch große Player aus anderen Branchen und Ländern richten müssen. Europa hat darauf noch keine Antwort gefunden.“